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Wenn Mitarbeiter nur einen Teil ihres Jahresurlaubs nehmen und den Rest ins Folgejahr übertragen, sind Arbeitgeber verpflichtet, Urlaubsrückstellungen zu bilden. Der folgende Artikel verrät, was das deutsche Recht zum Thema Urlaubsrückstellungen sagt und wie man die maßgeblichen Werte für Urlaubsrückstellungen berechnet.
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Definition: Was ist eine Urlaubsrückstellung?
Urlaubsrückstellungen dienen Unternehmen als Sicherheit im Falle des Entstehens sogenannter Erfüllungsrückstände. Ein sogenannter Erfüllungsrückstand entsteht dann, wenn Mitarbeiter ihren Urlaubsanspruch ins Folgejahr bzw. nächste Kalenderjahr übertragen, statt den gesamten Urlaub im laufenden Geschäftsjahr zu nehmen. Die nicht in Anspruch genommenen Urlaubstage werden bis zum Bilanzstichtag als „Resturlaub“ in der Jahresbilanz verbucht. Resturlaubstage gelten als „ungewisse Verbindlichkeiten“ – Verbindlichkeiten also, von denen das Unternehmen nicht wissen kann, wann genau der Arbeitgeber sie einsetzen wird.
Wann müssen Urlaubsrückstellungen gebildet werden?
Nach § 249 HGB (Handelsgesetzbuch) sind Unternehmen verpflichtet, für offene Urlaubstage Urlaubsrückstellungen zu bilden. Im Rahmen dieser Passivierungspflicht müssen Arbeitgeber daher sowohl in der Handelsbilanz als auch in der Steuerbilanz Urlaubsrückstellungen für Resturlaubstage bilden.
Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf einen Blick
Die Pflicht zu Urlaubsrückstellungen bietet sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern Vorteile und Sicherheiten.
Einerseits werden mit Urlaubsrückstellungen die rechtmäßigen Ansprüche des Arbeitnehmers sichergestellt, nicht genutzte Urlaubstage im Folgejahr wahrzunehmen. Mitarbeiter haben außerdem die Option, sich den Resturlaub stattdessen auszahlen zu lassen. Besonders vorteilhaft ist dies im Falle einer Kündigung oder einer drohenden Insolvenz des Arbeitgebers.
Für den Arbeitgeber wiederum stellen die Urlaubsrückstellungen in der Bilanz eine gute Möglichkeit dar, den Überblick über alle Urlaubstage zu behalten. Auf diese Weise können Unternehmen Schlussfolgerungen für die mit dem Resturlaub verbundenen zukünftigen Aufwendungen ziehen und die eventuellen finanziellen Belastungen besser kalkulieren. Mit diesem Überblick ergeben sich außerdem Vorteile für die Personalplanung. Denn Resturlaubstage müssen im folgenden Kalenderjahr mit Hilfe eines Urlaubsantrags an die Personalverwaltung kommuniziert werden, damit die verbleibenden Urlaubstage nicht verfallen. Somit erhalten Arbeitgber direkt einen besseren Blick für die Kapazitätsplanung im eigenen Betrieb.
Sind Urlaubsrückstellungen verpflichtend?
Ja, Unternehmen sind in Deutschland verpflichtet, Urlaubsrückstellungen zu bilden, wenn Mitarbeiter ihren Jahresurlaub nicht komplett aufbrauchen. Gesetzlich geregelt ist die Mitnahme von Urlaubstagen ins neue Jahr in § 7 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Demnach ist die Mitnahme von Urlaubstagen nur als Ausnahme von der Regel vorgesehen – eigentlich soll der gesamte Urlaub im laufenden Jahr genommen werden. Die Urlaubsübertragung – und damit das Bilden von Urlaubsrückstellungen – ist nur im Falle persönlicher oder aber dringender betrieblicher Gründe erlaubt. Sind diese gegeben, muss der Mitarbeiter den Resturlaub in den ersten drei Monaten des neuen Jahres nehmen.
Im Gesetz ist also die Rede davon, dass Urlaubstage nur dann nicht zum Jahresende verfallen, wenn bestimmte Gründe vorhanden sind. In der Praxis allerdings ist es allgemein so, dass Urlaub mit ins nächste Jahr genommen werden darf.
Die einzige Einschränkung: Die restlichen freien Tage müssen fristgerecht bis zum 31. März aufgebraucht werden.
- Urlaube und Abwesenheiten verwalten
- Urlaubsanträge genehmigen
- Überschneidungen im Blick behalten
- Urlaubssperren anlegen
Wie berechnet man Urlaubsrückstellungen?
Individuelle Berechnung versus Durchschnittsberechnung
Moderne Softwares vereinfachen den Prozess der Bildung von Urlaubsrückstellungen ungemein. Auch Fehler, die im Rahmen manueller Berechnungen immer wieder vorkommen, sind damit Vergangenheit. Doch ob Software oder nicht: Die handels- und steuerrechtlichen Bestimmungen sehen für die Berechnung der Urlaubsrückstellung folgende Methoden vor.
- Individualberechnung: Diese Berechnungsart für die Urlaubsrückstellung ist relativ zeitaufwändig und eignet sich daher vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen mit überschaubarer Mitarbeiterzahl. Mit der Individualberechnung lässt sich der Rückstellungswert für jeden Mitarbeiter einzeln berechnen.
- Durchschnittsberechnung: Diese Form der Berechnung wird vor allem von Unternehmen mit größeren Belegschaften angewandt. Der Grund: Die individuelle Berechnung, die jeden Mitarbeiter einzeln behandelt, würde in diesem Fall zu viel Aufwand kosten. Bei der Durchschnittsberechnung dagegen berechnet man alle Mitarbeiter zusammen. Einziger Nachteil dieser Methode ist, dass man die Rückstellungswerte nicht exakt ermitteln kann. Außerdem ist die Gefahr von Über- oder Unterbewertungen recht hoch.
Ob man sich nun für die individuelle oder die Durchschnittsberechnung entscheidet – die Formel zur Ermittlung der Urlaubsrückstellungen lautet wie folgt:
Maßgebliches Urlaubsentgelt / Tatsächliche Arbeitstage x Offene Urlaubstage
Während die Anzahl der Arbeits- und Urlaubstage leicht zu ermitteln ist, verhält es sich mit dem maßgeblichen Urlaubsentgelt ein wenig komplexer. Um dieses für die Steuerbilanz zu berechnen, benötigt man die folgenden Lohn- und Gehaltsdaten:
- jährliches Bruttoarbeitsgehalt
- Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld
- Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung)
- andere Lohnnebenkosten
- Beiträge zur Berufsgenossenschaft
Folgende zusätzliche Angaben benötigt man, um die Urlaubsrückstellung für die Handelsbilanz zu berechnen:
- Vermögenswirksame Leistungen
- Zuführungen zu Pensionsrückstellungen
- Jubiläumsrückstellungen
Rechenbeispiel: Individuelle Berechnung der Urlaubsrückstellung
Lisa Müller erhält bei der Musterfirma GmbH laut Arbeitsvertrag ein Jahresgehalt von 42.000 Euro brutto. Hinzu kommt ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.250 Euro. Zur Berechnung des maßgeblichen Urlaubsentgelts benötigt man darüber hinaus den Arbeitgeberanteil (Kurz AG Anteil) für die Sozialversicherung und weitere Lohnnebenkosten. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
Jahresbrutto: 42.000 Euro
Weihnachtsgeld: 2.350 Euro
Arbeitgeberanteil Sozialversicherung: 4.700 Euro
= 49.050 Euro (maßgebliches Urlaubsentgelt)
Lisa Müller arbeitet jede Woche 5 Tage Vollzeit. Zieht man die Feiertage ab, ergibt sich eine Summe von 248 tatsächlichen Arbeitstagen pro Jahr (52 Wochen). Der Resturlaub im Beispiel beträgt sechs Tage.
49.050 Euro / 248 * 6 = 1.187 Euro
Die passivierte Urlaubsrückstellung für Lisa Müller würde damit 1.187 Euro (auch Rückstellungsbetrag genannt) betragen. Die Finanzabteilung ist verpflichtet, diesen Wert in der Steuerbilanz anzugeben.
Rechenbeispiel: Durchschnittsberechnung der Urlaubsrückstellung
Wie bereits erklärt, verfolgt die Durchschnittsberechnung dasselbe Muster wie die Individualberechnung. Einziger Unterschied ist, dass die Durchschnittsberechnung Summendaten statt der Werte pro Mitarbeiter verwendet. Bevor die Berechnung der Urlaubsrückstellungen erfolgen kann, müssen also die Gehaltskosten sowie die tatsächlichen Arbeits- und Urlaubstage der jeweiligen Arbeitnehmer addiert werden.
Auch bei der Durchschnittsberechnung der Urlaubsrückstellungen kommt die folgende Formel zum Einsatz:
Maßgebliches Urlaubsentgelt / Tatsächliche Arbeitstage x Offene Urlaubstage
Nehmen wir an, ein Unternehmen hat vier Mitarbeiter und möchte mit Hilfe der Durchschnittsberechnung die anfallenden Urlaubsrückstellungen berechnen. Um das maßgebliche Urlaubsentgelt zu ermitteln, müsste man also die jährlichen Bruttogehälter, das Weihnachtsgeld sowie die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zusammenrechnen:
Bruttogehälter 268.000
Weihnachtsgeld 22.308
Arbeitgeberanteil Sozialversicherung 24.600
= 314.908 (maßgebliches Arbeitsentgelt)
Das maßgebliche Arbeitsentgelt pro Mitarbeiter würde sich im Beispiel auf 78.727 belaufen. Um die Jahresarbeitstage der Mitarbeiter zu erhalten, muss man die Arbeitstage pro Woche mit 52 multiplizieren. Abzüglich der Feiertage der vier Mitarbeiter pro Jahr erhält man die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage. Im Beispiel würde dieser Wert 996 Tage betragen. Die Durchschnittsberechnung der Urlaubsrückstellung würde dann wie folgt aussehen:
314.908 (maßgebliches Urlaubsentgelt) / 996 (tatsächliche Arbeitstage) x 24 (offene Urlaubstage)
= 7.588 (Urlaubsrückstellung Steuerbilanz)