Inhalt
- Definition: Was versteht man unter Lohnpfändung?
- Pfändungsgrenzen: Wie viel darf der Schuldner behalten?
- Was darf gepfändet werden und was nicht?
- Wie läuft die Lohnpfändung ab?
- Prozess der Lohnpfändung: Welche Schritte müssen beim Arbeitgeber vorgenommen werden?
- Lohnpfändung vs. Kontopfändung: Was bedeutet das für Schuldner?
- Häufige Fragen zur Lohnpfändung
Es gibt viele Gründe, aus welchen sich Menschen verschulden müssen: Arbeitsverlust, ungeplante Ausgaben und Schicksalsschläge können die gesamten Finanzen durcheinander wirbeln und sogar zu Zahlungsverzug führen. Um das Geld zurückzuerhalten, entscheiden sich viele Gläubiger für die Lohnpfändung. Was sich hinter diesem Begriff verbirgt und was dabei auf Arbeitgeberseite besondere Berücksichtigung erfordert, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Definition: Was versteht man unter Lohnpfändung?
Die Lohnpfändung bezeichnet eine Zwangsvollstreckung, die der Arbeitgeber vornimmt, um den Forderungen der Gläubiger des eigenen Mitarbeiters nachzukommen. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber behält einen pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ein und zahlt diesen an einen oder mehrere Gläubiger, um die Schulden des Beschäftigten zu tilgen. Auf diese Weise wird er zum Drittschuldner der Gläubiger.
Die Zivilprozessordnung (ZPO) bildet die rechtliche Grundlage für die Lohn- oder Gehaltspfändung, die heute das am häufigsten eingesetzte Instrument der Zwangsvollstreckung in Deutschland darstellt.
Pfändungsgrenzen: Wie viel darf der Schuldner behalten?
Auch wenn ein Anteil von Gehalt oder Lohn gepfändet wird, muss gewährleistet sein, dass der Arbeitnehmer sein Leben weiterhin finanzieren kann. Deshalb hat der Gesetzgeber die sogenannten Pfändungsgrenzen festgelegt, welche der Arbeitgeber bei der Berechnung und Abführung des pfändbaren Einkommens unbedingt beachten muss.
Vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023 beträgt der einzubehaltende Betrag 1.330,16 Euro pro Monat. Dieser bezieht sich auf Personen ohne Unterhalftspflichten. Die amtliche Pfändungstabelle weist ebenfalls auf den oberen Betrag hin, der derzeit für Personen mit gesetzlichen Unterhaltspflichten bei 4.077,72 Euro liegt.
Dabei gilt Folgendes:
- Der Pfändungsfreibetrag erhöht sich um monatlich 500,62 Euro für die erste unterhaltspflichtige Person.
- Für die zweite bis fünfte unterhaltspflichtige Person steigt der Betrag auf jeweils 278,90 Euro pro Monat.
Was darf gepfändet werden und was nicht?
Alle Arbeitgeber, die den Prozess der Lohnpfändung durchführen, müssen sich im Klaren sein, dass nicht alles, was der Mitarbeiter als Teil des Unternehmens erhält, pfändbar ist.
Voll pfändbar sind:
- monatliches Arbeitsentgelt (Lohn oder Gehalt)
- geldwerte Vorteile (zum Beispiel die Privatnutzung von Dienstwagen)
Bedingt pfändbar sind:
- Bestimmte Lebensversicherungen
- Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen
- Einkünfte aus Stiftungen oder aufgrund der Fürsorge für Dritte
- Berufsunfähigkeitsrenten
Anteilig pfändbar sind:
- Weihnachtsgeld, das über 670 Euro liegt
- Hälfte des Einkommens, das durch Überstunden erzielt wurde
- Teil von einer zu erwartenden Abfindung
Unpfändbar sind:
- Erziehungsgelder und Studienbeihilfen
- Aufwandsentschädigungen (zum Beispiel für Spesen und selbstgestelltes Arbeitsmaterial)
- Blindenzulagen
- Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen
- Urlaubsgeld, solange es in üblicher Höhe gezahlt wird
- Beihilfen zur Geburt, Eheschließung und Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft
- Einmalige Sonderzahlungen anlässlich eines besonderen Betriebsereignisses
- Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen
- Privat eingezahlte Beiträge zur Riester- oder Rürup-Rente
- Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge (bAV)
Wie läuft die Lohnpfändung ab?
Damit sich der Gläubiger mit seiner Forderung an den Arbeitgeber als Drittschuldner überhaupt wenden darf, muss er zunächst über den Vollstreckungstitel verfügen. Außerdem muss er genaue Kontaktdaten zur Firma haben, welche er beim zuständigen Gericht beantragen kann. In diesem Zusammenhang stellt er ebenfalls einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
Hat das Gericht einen entsprechenden Beschluss erlassen, erfolgt dessen Zustellung an den Arbeitgeber durch den beauftragten Gerichtsvollzieher. Innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung eines Beschlusses ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gläubigern die sogenannte Drittschuldnererklärung zuzuschicken. Hier muss er sich nach § 840 ZPO dazu äußern, ob er mit der Lohnpfändung einverstanden ist, ob andere Personen Ansprüche auf das Einkommen des verschuldeten Mitarbeiters erheben und schließlich, ob schon andere Pfändungen vorliegen.
Ist die Bereitschaft zur Lohnpfändung vorhanden, muss der Arbeitgeber den pfändbaren Teil ausrechnen. Bei Fragen hinsichtlich der Berechnung ist es möglich, das einen Beschluss erlassene Vollstreckungsgericht um Rat aufzusuchen. Bei einer falschen Berechnung macht sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer oder dem Gläubiger schadensersatzpflichtig.
Es stellt sich die Frage, was die richtige Vorgehensweise wäre, wenn mehrere Pfändungen vorliegen. Gemäß § 804 Abs. 3 ZPO soll das Unternehmen diese in der Reihenfolge nach dem Zustellungsdatum bedienen.
Achtung: Die Pfändung wird unwirksam, sobald der Schuldner in die Privatinsolvenz geht. In diesem Fall gehört der pfändbare Teil des Arbeitslohns zur Insolvenzmasse.
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Prozess der Lohnpfändung: Welche Schritte müssen beim Arbeitgeber vorgenommen werden?
Wird dem Arbeitgeber ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, sollte er schnell handeln. Die folgenden Schritte helfen dabei, den Prozess der Lohnpfändung so unkompliziert wie möglich zu gestalten:
- Im ersten Schritt gilt es das pfändbare Einkommen sorgfältig zu berechnen. Die Berechnung kann entweder nach der Nettomethode oder der Bruttomethode erfolgen. Zu Hilfe kommt dabei auch ein Online Pfändungsrechner. Um ganz sicher zu gehen, dass die Berechnung fehlerfrei ist, empfiehlt es sich, eine fachliche Beratung von einem Lohnbuchhalter oder Steuerberater einzuholen.
- Anschließend ist es wichtig, den verschuldeten Mitarbeiter in den Prozess der Lohnpfändung zu involvieren. Während eines vertraulichen Gesprächs lassen sich alle Einzelheiten und Fakten zur bestehenden Verschuldung sowie die persönliche Lebenssituation des Mitarbeiters besprechen.
- Im nächsten Schritt übermittelt der Arbeitgeber vorgenommene Berechnungen sowie andere relevante Informationen an den Gläubiger. Will dieser Auskunft über weitere Forderungen gegenüber dem Schuldner bekommen, muss der Arbeitgeber diese Informationen wahrheitsgemäß innerhalb von zwei Wochen bereitstellen.
- Nun kommt es zur Überweisung des pfändbaren Lohnanteils an den Gläubiger. In dieser Hinsicht sind festgelegte Fristen und die exakte Höhe des Betrags zu beachten. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter in Kenntnis setzen, dass die Lohnpfändung fristgerecht und ordnungsgemäß vorgenommen wurde.
- Im letzten Schritt findet eine ausführliche Dokumentation der Lohnpfändung statt. Dabei soll sichergestellt werden, dass die Lohnpfändung jederzeit nachvollziehbar ist. Man nimmt an, dass die Dokumentation in schriftlicher Form erfolgen soll.
Hinweis: Lohnpfändung vs. Lohnabtretung
Es kommt vor, dass der Arbeitgeber neben der Lohnpfändung auch mit der Lohnabtretung konfrontiert wird. Auch wenn hier ähnliche Rahmenbedingungen gelten, sind Unterschiede und Besonderheiten zu beachten. Anders als bei der Lohnpfändung bedarf es bei der Lohnabtretung keinen Vollstreckungstitel. Eine Kopie des Vertrags zwischen Schulder und Gläubiger reicht aus.
Lohnpfändung vs. Kontopfändung: Was bedeutet das für Schuldner?
Jedes Unternehmen, das in die Lohnpfändung involviert ist, überweist seinem Mitarbeiter den pfändungsfreien Lohnanteil nach Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens und dessen Auszahlung an Gläubiger. Damit ist seine Pflicht als Drittschuldner und Arbeitgeber getan.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass das auf das Konto des Schuldners überwiesene Einkommen unantastbar ist. Es kann passieren, dass Gläubiger im Rahmen ihrer Kontopfändung auf das pfändungsfreie Entgelt zugreifen. Was kann man als Schuldner dagegen tun?
Es ist ratsam, das private Konto in der Bank in ein Pfändungsschutzkonto, auch P-Konto genannt, umzuwandeln. Diese Lösung bietet die Möglichkeit, einen das Existenzminimum sichernden Freibetrag einzurichten. Anschließend kann nur der darüber liegende Teil gepfändet werden.
Gut zu wissen: Die Einrichtung des P-Kontos liegt im Ermessen des Mitarbeiters. Der Arbeitgeber braucht nichts weiter zu unternehmen.
Häufige Fragen zur Lohnpfändung
Muss der Arbeitgeber der Lohnpfändung zustimmen?
Die Antwort lautet Ja. Die Gläubiger können den pfändbaren Teil des Arbeitslohns nur dann pfänden, wenn der Arbeitgeber der Maßnahme zustimmt. In diesem Zusammenhang sind die Pfändungsfreigrenze und andere relevante Bestimmungen der Zivilprozessordnung zu berücksichtigen.
Wird ein kompletter Lohn gepfändet?
Es ist auf keinen Fall erlaubt, einen kompletten Lohn zu pfänden, um die Schulden des Mitarbeiters zu tilgen. Die Zivilprozessordnung sieht einen Pfändungsfreibetrag vor, der dem Schuldner ermöglicht, seine Lebenshaltungskosten aufzuwenden. Dieser wird individuell festgelegt und hängt von unterschiedlichen Bedingungen (zum Beispiel Höhe des Lohns, Familienstand und Unterhaltspflicht) ab.
Wie hoch ist die Pfändungsfreigrenze für Arbeitsentgelt?
Ab 1. Juli 2022 beträgt der monatlich unpfändbare Freibetrag 1.330,16 Euro. Dieser Betrag erhöht sich aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflichten des Schuldners um monatlich 500,62 Euro für die erste unterhaltspflichtige Person. Besteht eine Unterhaltspflicht gegenüber weiteren Personen, steigt der Pfändungsfreibetrag auf jeweils 278,90 Euro für die zweite bis fünfte Person.
Sollte man den Arbeitgeber über die bevorstehende Lohnpfändung informieren?
Spätestens mit einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird der Arbeitgeber über die Lohnpfändung des Arbeitnehmers erfahren. Es ist deswegen ratsam, den Vollstreckungstitel nicht zu verheimlichen und dem Arbeitgeber eine bestehende Forderung seitens des Gläubigers mitzuteilen. Die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des Schuldners helfen dabei, das Vorgehen in der Firma vorzubereiten und wichtige Punkte zur Lohnpfändung in aller Ruhe zu besprechen.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Lohnpfändung?
Erhält der Arbeitgeber einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, muss er eine hohe Bereitschaft zur Kooperation aufweisen und allen relevanten Personen jederzeit Auskunft erteilen. Des Weiteren ist der Arbeitgeber als Drittschuldner dafür verantwortlich, die Berechnung des pfändbaren Lohnanteils durchzuführen und die Zahlung an den Gläubiger zu veranlassen.
Kann die Lohnpfändung ein Kündigungsgrund sein?
In der Regel führt die Lohnpfändung nicht zur Kündigung des Arbeitnehmers. Allerdings kann die Kündigung in bestimmten Situationen eine Möglichkeit darstellen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es aufgrund der Lohnpfändung zur ernsthaften Störung der Betriebsabläufe oder zum Vertrauensverlust bei Angestellten kommt.