Inhalt
- Was bedeutet Lernkultur?
- Welche Relevanz hat Lernkultur in Unternehmen?
- Warum brauchen Unternehmen heutzutage eine Lernkultur?
- Wodurch zeichnet sich eine gelungene Lernkultur aus?
- Lernkultur und moderne Arbeitswelt
- Lernkultur im Unternehmen etablieren: In 9 Schritten zum Erfolg
- Lernkultur im eigenen Unternehmen messen
Eine gut verankerte Lernkultur im Unternehmen trägt entscheidend dazu bei, innovative Lösungen für aktuelle Herausforderungen und Probleme zu finden. Wie man eine solche Lernkultur etabliert und welche Gelingensbedingungen ausschlaggebend sind, erklärt der folgende Artikel.
Was bedeutet Lernkultur?
Mit dem Begriff „Lernkultur“ sind alle (fördernden und hemmenden) Wertvorstellungen, Handlungsweisen und Rahmenbedingungen in einem Unternehmen hinsichtlich des Themas Lernen gemeint. Die Lernkultur bezieht sich also auf den Stellenwert, der dem Lernen im Betrieb zukommt. Gerade in der heutigen Zeit der digitalen Transformation geht es dabei nicht nur um Lernprozesse, die dem Entwickeln von Fachkompetenzen dienen. Stattdessen geht es vermehrt auch um die Prozesse und Rahmenbedingungen für agiles, selbstorganisiertes und eigenverantwortliches Lernen.
Eine moderne, digitale Lernkultur kommt ohne einen neuen Mindset im Unternehmen und moderne Learning-Tools nicht aus. Unternehmensleitungen sind daher aufgefordert, eine Kultur und Personalentwicklung zu etablieren, in der Lernen fester Teil des Alltags ist Wissen über Hierarchie- und Abteilungsgrenzen hinweg geteilt werden kann.
Welche Relevanz hat Lernkultur in Unternehmen?
Mitarbeiter in Unternehmen mit einer guten Lernkultur können sich neue Fähigkeiten schneller aneignen und Probleme besser benennen und lösen. In einer Umgebung, in der die Führungskräfte eine hohe Lernbereitschaft zeigen und eine offene Fehlerkultur vorleben, tun die Mitarbeiter es ihnen nach. Sie trauen sich, neue Wege zu gehen und unkonventionelle Lösungen auszuprobieren. Außerdem kennen sie die neuesten Trends in ihrem Bereich und können mit Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen agieren und voneinander lernen. Denn: Barrieren, die einen Wissenstransfer zwischen einzelnen Unternehmensbereichen erschweren, gibt es nicht mehr aufgrund eines funktionierenden Wissensmanagements. Außerdem profitieren alle von einheitlichen IT-Systemen, die den Mitarbeitern einen ungehinderten Datenzugriff ermöglichen.
All dies spricht für den Aufbau einer guten Lernkultur durch gezielte Personalentwicklung. Leider schenken nach wie vor nur recht wenige Unternehmen dem Thema „Lernen“ Beachtung.
Warum brauchen Unternehmen heutzutage eine Lernkultur?
Die moderne Arbeitswelt ist von Phänomenen wie der Digitalisierung, der Globalisierung und (in Deutschland) dem demographischen Wandel geprägt. Alle drei ziehen tiefgreifende Veränderungen nach sich und führen dazu, dass man sich nicht sein gesamtes Berufsleben auf das Wissen aus der beruflichen Ausbildung verlassen kann.
Durch die digitale Transformation befinden wir uns in einem ständigen Wandel, Berufsbilder verändern sich und Wissen ist innerhalb kürzester Zeit überholt. Für die Arbeitnehmer bedeutet das, dass sie sich immer schneller neue Fähigkeiten und Kompetenzen aneignen müssen.
Vor diesem Hintergrund gewinnt lebenslanges Lernen zunehmend an Bedeutung. Damit dies gelingen kann, benötigen Unternehmen eine starke Lernkultur. Denn: Nur wenn dem kontinuierlichen Lernen ein entsprechender Wert beigemessen wird, können Unternehmen auch in Zukunft von den für die Erledigung der Arbeit nötigen Skills profitieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern.
Hinzu kommt, dass auf dem heutigen Arbeitsmarkt Entwicklungsmöglichkeiten eine der Top-Prioritäten für Bewerber sind. Unternehmen mit einer aktiven Lernkultur ziehen also junge Talente an. Außerdem fördert eine starke Lernkultur Werte und Soft Skills wie Flexibilität, Offenheit, Selbstreflektion und Neugier. Mitarbeitern, die diese Fähigkeiten besitzen, fällt es leichter, sich an veränderte Situationen anzupassen.
Wodurch zeichnet sich eine gelungene Lernkultur aus?
Arbeitnehmer in Betrieben mit einer etablierten Lernkultur eignen sich neue Fähigkeiten schneller an und sind bessere Problemlöser. Eine Lernkultur ist aber nur dann wirklich gelungen, wenn sich alle Mitarbeiter mitgenommen fühlen. Aus diesem Grund braucht es Transparenz über die laufenden Prozesse und Veränderungen. Die Beschäftigten sind soweit wie möglich in die Prozessgestaltung einzubeziehen. Dadurch steigt die Motivation der Belegschaft und die Mitarbeiter fühlen sich wohl im Unternehmen.
Eine gute Lernkultur zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:
- Lernen ist klar definierter Kernwert der Organisation
- Lernen wird incentiviert (z.B. Anerkennung für das Besuchen von Weiterbildungen)
- Führungskräfte sind Mentoren und geben Feedback (aktive Feedback-Kultur)
- Lernplan ist vorhanden (System für das Nutzen der Lernressourcen, z.B. in der Personalentwicklung in Form individueller Entwicklungspläne)
- Wissen ist leicht zugänglich
- Eingehen von Risiken wird gefördert
- Offene Fehlerkultur: Lernen hat Vorrang vor Schuldzuweisungen
- Innovation wird gefeiert
- Lernen hört nicht auf (lebenslanges Lernen)
- Lernen ist eine gemeinschaftliche Erfahrung (Peer-to-Peer-Learning)
Lernkultur und moderne Arbeitswelt
In Zeiten von Remote Work und New Work ist die Veränderungsbereitschaft sehr wichtig. Prozesse werden überarbeitet, neue Tools eingeführt und Strategien geändert. Sich schnellstmöglich an neue Gegebenheiten anpassen zu können, gehört daher zu den wichtigsten Kompetenzen überhaupt.
Eine moderne Lernkultur gibt den Mitarbeitenden die Möglichkeit, ihr Lernen selbst zu gestalten. Dafür stehen im besten Fall digitale Lernformen zur Verfügung. Auch die Führungskräfte haben eine Rolle zu erfüllen: Sie sind Vorbilder und müssen in ihren Teams außerdem die Gelingensbedingungen für eine zukunftsfähige Lernkultur schaffen.
Veränderungsbereitschaft im Arbeitsalltag
Für Arbeitnehmer ist es heutzutage wichtiger denn je, sich weiterzuentwickeln und zum Beispiel an geänderte Kundenanforderungen anzupassen. Bei dieser Aufgabe hilft eine gute Lernkultur im Betrieb und die Möglichkeit für die Mitarbeiter, ihrer Selbstverwirklichung ein Stück näher zu kommen. Schließlich hat jeder Angestellte individuelle Interessen und Entwicklungsziele. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitern den passenden Rahmen für ihre Veränderung geben. Das Resultat ist ein motiviertes, kreatives und leistungsfähiges Team, das zudem anpassungsfähig und hochresilient ist.
Digitalisierung von Unternehmensprozessen
Schon jetzt nutzen viele Unternehmen Möglichkeiten wie eLearnings, web-based-Trainings und Trainings im sogenannten „virtuellen Klassenraum“. Meist bieten sich aber weitere Möglichkeiten an, die vorhandenen Ressourcen noch effektiver zu nutzen.
So gibt es beispielsweise offene, großflächig angelegte Onlinekurse (Massive Open Online Courses), die die bisherigen zeitlichen und räumlichen Barrieren des Lernens aufbrechen, da sie den Mitarbeitern rund um die Uhr und überall zur Verfügung stehen. Statt solche Programme als kostenreduzierende Maßnahmen einzusetzen, sollten sie von den Unternehmen jedoch als zielorientierte, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Lernmodule verstanden werden. Diese können zum Beispiel mit Microlearning-Angeboten kombiniert werden, die sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit erfreuen.
Der Begriff „Microlearning“ bezieht sich meist auf kurze Videos, die Inhalte in „kleinen Häppchen“ und dadurch Schritt für Schritt und über einen längeren Zeitraum vermitteln. Dies erweist sich für viele Menschen – gerade die jungen Digital Natives – als sehr effektiv. Der Grund: Die Formate vereinfachen es, in mehreren kurzen Abschnitten zu lernen – anstatt zum Beispiel in stunden- oder tagelangen Klassenraumtrainings.
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Lernkultur im Unternehmen etablieren: In 9 Schritten zum Erfolg
Unternehmen sind aufgefordert, Lernen derart in ihrer Unternehmenskultur verankern, dass es zur Selbstverständlichkeit wird und tagtäglich gelebt wird. Dafür muss das Lernen folgende Voraussetzungen und Rahmenbedingungen erfüllen:
- flexibel, also zeit- und ortsunabhängig sein
- digital sein
- (möglichst) effizient sein
Organisationen, die eine zukunftsfähige Lernkultur wollen, sollten sich verstärkt den Themen Unternehmens- und Führungskultur, Organisation und Struktur sowie Selbstverantwortung widmen. Dabei können sie den folgenden neun Schritten folgen:
1. Status Quo feststellen
Um einen Wandel zu erreichen, sollte man sich zunächst die Frage stellen, wie es derzeit um die Lernkultur im Unternehmen bestellt ist. Dabei helfen folgende Fragen:
- Wie sind die Training aktuell verteilt? Also wie sind die Anteile von Klassenraumtrainings, eLearnings, web-based-Trainings usw.?
- Können alle Mitarbeiter auf eLearnings zugreifen?
- Wie wird das Thema Weiterbildung gelebt? Gibt es bereits Lerncommunities oder verstehen Führung und Belegschaft Lernen als „lästige Pflichtveranstaltung“?
2. Ziele definieren
Auf dieser Basis wird definiert, wie die Lernkultur in der Organisation zukünftig aussehen soll:
- Wie soll Wissen an die Mitarbeiter vermittelt werden?
- Sollen die Mitarbeiter sich untereinander über die Trainingsinhalte austauschen können?
- Sollen die Mitarbeiter Wissen selbst generieren und anderen zur Verfügung stellen können? (Peer-to-Peer-Formate)
Es ist wichtig, realistische Ziele zu setzen. Dabei sollte man bedenken, dass die Entwicklung der Lernkultur ein Prozess ist, der erst nach und nach Veränderungen nach sich zieht.
3. Personalplanung einbeziehen
Aufgabe der Personalbedarfsplanung ist es (unter anderem), die in Zukunft benötigten Kompetenzen im Blick zu haben und die Personalentwicklung entsprechend zu steuern. Damit sie zu einer erfolgreichen Lernkultur beitragen kann, sollte die Personalbedarfsplanung daher unbedingt an der Unternehmensstrategie ausgerichtet sein. Dabei geht es um Fähigkeiten der Beschäftigten, aber auch um die Anforderungen sich verändernder Jobprofile.
4. Führungskräfte aktivieren
Führungskräfte sind Vorbilder und haben damit großen Einfluss auf die Lernkultur im Betrieb. Ihre Aufgabe ist es, lebenslanges Lernen vorzuleben und Potenziale und Interessen ihrer Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern. Daher sollten sie in Mitarbeitergesprächen Weiterentwicklung als festen Bestandteil thematisieren und Lernziele vereinbaren.
Sie müssen sich aber auch um die allgemeine Lernkultur in ihrem Team kümmern und zum Beispiel neue Methoden oder Tools einführen. Ihre Einstellung entscheidet oftmals darüber, ob es in Ordnung ist, Fehler zu machen, und ob Feedback konstruktiv und entwicklungsorientiert mitgeteilt wird.
5. Betriebsrat involvieren
Auch der Betriebsrat nimmt Anteil an der Entwicklung der Lernkultur. Schließlich vertritt er die Interessen der Beschäftigten. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass sowohl die Führungskräfte als auch die Personalabteilung beziehungsweise HR kooperativ mit ihm zusammenarbeiten.
6. Digitales Lernen etablieren
Digitale Lernangebote werden immer wichtiger. So können Mitarbeiter solche Formate flexibel in ihren Arbeitsalltag einbauen. Außerdem haben digitale Lernplattformen den Vorteil, dass sie mit KI arbeiten und den Lernenden daher individuelle Vorschläge für Inhalte machen können. Im Rahmen des Blended Learning können digitale Learning-Tools bequem mit Präsenzlernen kombiniert werden.
7. Informelle und formale Lernformate kombinieren
In Zukunft gewinnt auch informelles Lernen zunehmend an Bedeutung. Als optimal gilt eine Kombination aus formalen und informellen Lernangeboten. Ein Beispiel für informelle Lerngelegenheiten ist das Job Shadowing. Bei diesem schauen Anfänger erfahrenen Kollegen bei der Arbeit über die Schulter und machen so wertvolle Lernerfahrungen. Beim Peer-to-Peer-Learning geben Experten ihre Kenntnisse an Kollegen weiter – beispielsweise mittels Lerncommunities oder Videos auf der betriebsinternen Lernplattform.
8. Ressourcen zur Verfügung stellen
Eine starke Lernkultur erfordert Investitionen und damit ein entsprechendes Budget für zeitgemäße Lernplattformen und professionelle Trainings. Natürlich geht Lernen immer auch mit einem zeitlichen Investment einher. Hierfür muss sich im Unternehmen die Erkenntnis verbreiten, dass Lernzeit genauso wichtig ist wie Zeit, die man beispielsweise in einem Meeting verbringt.
9. Entscheidungsspielraum für Mitarbeiter schaffen
Nur Mitarbeiter, die sich einbringen können und gehört werden, entwickeln eine positive Haltung zum Lernen. In der Regel haben die Angestellten nämlich selbst einen guten Überblick darüber, welche Fähigkeiten für ihren Job künftig relevant sind und welche Kompetenzen sie noch benötigen. Die Führungskräfte sollten ihnen daher Vertrauen schenken und ihnen die Möglicheit einräumen, Lernwege, -methoden und -inhalte selbst zu bestimmen.
Lernkultur im eigenen Unternehmen messen
Vielen Unternehmen fällt es schwer, einzuschätzen, wie es um ihre Lernkultur in ihrer Gesamtheit bestellt ist. Doch wie kann man diese eigentlich erfassen?
Folgende Fragen helfen bei der Beurteilung:
- Welche Lernangebote gibt es zurzeit in der Organisation? Werden vor allem Präsenztrainings angeboten oder kommen auch (oder sogar hauptsächlich) digitale Lernformate zum Einsatz?
- Haben alle Beschäftigten Zugriff auf digitale Lernformate und -inhalte?
- Wie oft/regelmäßig und intensiv nutzen die Mitarbeiter die angebotenen Lernmöglichkeiten?
- Wie wird das Thema Lernen in seiner Gesamtheit in der Organisation gelebt?
Noch methodischer lässt sich der eigene Status Quo hinsichtlich der Lernkultur mit wissenschaftlich entwickelten Fragebögen wie dem DLQQ-Fragebogen von Marsick & Watkins (2003) angehen. Der „Dimensions of the Learning Organization Questionnaire“ gibt Organisationen ein nützliches Werkzeug an die Hand, mit dem man die Lernkultur im eigenen Unternehmen anhand von 21 Fragen in sieben Kategorien bewerten kann.