Unter der Devise der Sozialpartnerschaft sollen Interessengegensätze von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden kooperativ gelöst werden. Das Recht auf den Abschluss von einem Kollektivvertrag verhilft österreichischen Körperschaften eine autonome Gestaltung der Zusammenarbeit. Die geringe Anzahl an Streiks im internationalen Vergleich dient als guter Indikator für den Erfolg dieses Systems. Erfahren Sie alles relevante zum Zweck und Inhalt eines Kollektivvertrags in unserem Artikel.
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Was ist der Kollektivvertrag?
Die österreichischen Kollektivverträge regeln die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die aus einem Arbeitsverhältnis entstehen. Die Arbeitnehmerseite wird hierbei von der jeweiligen Gewerkschaft vertreten. Für gewöhnlich gilt, dass Kollektivverträge mit einer starken Gewerkschaft weitaus bessere Konditionen für Arbeitnehmer aufweisen als Kollektivverträge von Gewerkschaften, die nur über wenige Mitglieder verfügen.
Die einzelnen Vereinbarungen werden jährlich neu abgeschlossen, wobei es mehr als 450 unterschiedliche Kollektivverträge in Österreich gibt. Unternehmen stehen in der Pflicht, ihren Mitarbeitern jederzeit Einsicht in den jeweils anwendbaren Kollektivvertrag zu gewähren. Ziel des österreichischen Kollektivvertrags ist es, ein größeres Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern herzustellen und Mindeststandards innerhalb der unterschiedlichen Branchen zu schaffen. Wird demnach solch ein Vertrag geschlossen, geschieht dies zugunsten der Arbeitnehmer.
Was ist die gesetzliche Grundlage für einen Kollektivvertrag?
Die Fachwerkschaften des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und die Fachorganisationen der Wirtschaftskammer schließen Kollektivverträge auf Basis der Paragrafen 2 bis 21 des Arbeitsverfassungsgesetzes. Weiterhin schließt § 1 Abs. 2 ArbVG jene Angehörigen des öffentlichen Dienstes von solchen Verträgen aus, deren Arbeitsverhältnis bereits durch gesonderte dienstrechtliche Vorschriften geregelt ist. Auch für Heimarbeiter sind per arbeitsrechtlicher Regelungen verbindlich andere Gesamtverträge vorgesehen. Laut Stufenbau der Rechtsordnung im Arbeitsrecht folgt der Kollektivvertrag nach Verfassung, Gesetzen und Verordnungen.
Inhalt: Was steht in einem Kollektivvertrag?
Die Kollektivverträge beinhalten unterschiedliche Regelungen wie beispielsweise:
- Gesetzliche Mindestlöhne und Grundgehälter
- Gehaltsvorrückungen
- Kündigungsfristen
- Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration)
- Arbeitszeitbestimmungen
- Dienstreiseregelungen
- Pensionskassen-Regelungen
- Freistellungen bei Dienstverhinderung
Alle Vereinbarungen haben innerhalb ihres Geltungsbereichs eine rechtsverbindliche Wirkung. Die Regelungen dürfen ferner nicht über Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen aufgeweicht werden. Es ist jedoch möglich, individuelle Regelungen zu treffen, die sich für den Arbeitgeber als günstiger erweisen.
Wer verhandelt Kollektivverträge?
Die Verhandlungen vom Kollektivvertrag finden zwischen den Sozialpartnern statt. Die Arbeitgeberseite wird durch die Wirtschaftskammer vertreten und die Arbeitnehmerseite durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund. Können sich die Vertragspartner nicht einigen, erfolgt kein Neuabschluss. Die aktuell gültigen Verträge bleiben somit so lange gültig, bis eine neue Einigung erzielt wurde. Nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen werden die einzelnen Verträge wiederum im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht und beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hinterlegt.
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Kollektivvertrag in der Praxis
Die Regeln eines Kollektivvertrags erfüllen eine Ordnungsfunktion und schützen gleichzeitig vor Lohndumping. Die vereinbarten Mindeststandards, Mindestgehälter und Ansprüche sorgen für transparente Rahmenbedingungen, wodurch sich Übervorteilungen von Arbeitnehmern sowie Streiks auf ein Minimum reduzieren lassen. Der Kollektivvertrag Österreich rückt medial immer wieder ins Rampenlicht. Obwohl ein Verstoß gegen den Kollektivvertrag strafbar ist und Sanktionen nach sich zieht, kommt es immer wieder zu Vertragsverletzungen. Betroffene können sich hierbei einerseits an die Arbeiterkammer wenden oder andererseits eigenständig gegen die Vertragsverletzungen vorgehen.
Welche Branchen haben einen eigenen Kollektivvertrag?
Kollektivverträge werden jährlich erstellt. Dies geschieht spezifisch für jede Branche. Unterschiede bestehen darin, dass die jeweiligen Gewerkschaften separat mit den Gewerkschaften verhandeln. So können Kollektiverträge mit mehr oder minder vorteilhaften Bedingungen zum Arbeitsrecht entstehen. Im Folgenden ein kürzer Überblick in welcher Branche dies üblich ist:
- Banken und Versicherungen
- Gewerbe und Handwerk
- Handel
- Industrie
- Information und Consulting
- Freizeitwirtschaft und Tourismus
- Verkehr und Transport
- Energie und Versorgung
- Vertragsärzte, gesetzliche Krankenkassen (Deutschland)
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Welche Unterschiede zwischen Kollektivverträgen gibt es?
Für Branchen, welche durch mitgliederstarke Gewerkschaften vertreten werden, gibt es meist bessere Konditionen in den Kollektivverträgen. Sie haben gegenüber den Arbeitgebern eine stärkere Verhandlungsposition. Die zahlreichen bestehenden Kollektivverträge unterschieden sich mitunter enorm. So sind in etwa Verträge der Industrie mit Abstand vorteilhafter als jene im Gewerbe. Deutlich wird dies unter anderem im beispielhaften Vergleich der Metallindustrie mit dem Gastgewerbe: Wo erstere einen Überstundenzuschlag von standardisierten 50 % mit Ausnahmen bis zu 100 % vorsieht, sind im Gastgewerbe nur 50 % zu erreichen. Dabei ist die Normalarbeitszeit im Gastgewerbe mit 40 Stunden bereits grundsätzlich höher.
In Deutschland sind Kollektivverträge von den Landesverbänden der Krankenkassen einheitlich mit den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen und den Landeskrankenhausgesellschaften getroffene Vereinbarungen über Regelungen ambulanten und stationären Versorgung.
Was gilt wenn es keinen Kollektivvertrag gibt?
Für gewisse Bereiche bestehen bisher keine Kollektivverträge. Hierzu zählen unter anderem Freizeit- oder Vergnügungsbetriebe. Wenn für ein Arbeitsverhältnis kein Kollektivvertrag greift, sind sämtliche Regelungen im Arbeitsvertrag oder einer Lohnvereinbarung festzulegen. Es ist in solchen Fällen von besonderer Bedeutung, Lohnhöhe oder Vereinbarungen über Sonderzahlungen schriftlich zu hinterlegen. Trotz nicht vorhandenem Kollektivvertrag können für das Arbeitsverhältnis Rechte und Pflichten gesetzlich geregelt sein, beispielsweise durch Mindestlohntarife. Weiterhin können bestehende Betriebsvereinbarungen verbindlich einen Rahmen für Bedingungen des Arbeitens bilden.
Ist der Kollektivvertrag brutto oder netto?
Die österreichischen Kollektivverträge beinhalten die Mindest- und Grundgehälter für die einzelnen Branchen. Dabei sind die Gehaltstafeln für gewöhnlich in brutto angegeben. Die unterschiedlichen Vereinbarungen und Gehaltstabellen lassen über die KV-Informationsplattform von ÖGB und Gewerkschaften kostenlos abrufen.
Kollektivvertrag: Regelung zu Urlaubs- und Weihnachtsgeld
Welchen Anspruch Arbeitnehmer auf Sonderzahlungen haben und wie hoch diese sein sollen, wird in Kollektivverträgen geregelt. Auch die Fälligkeit dieser Zuschüsse muss festgesetzt werden. Meist wird Weihnachtsgeld im November oder Dezember ausgezahlt, das Urlaubsgeld hingegen im Juni oder Juli. In vielen Kollektivverträgen ist aufgenommen, dass Urlaubsgeld fällig wird, wenn Arbeitnehmer mindestens die Hälfte ihres Urlaubs verbraucht haben. Somit kann in diesen Fällen bereits im Januar der Zuschuss ausbezahlt werden. Zudem ist oft festgelegt, dass Arbeitnehmer bei gerechtfertigter Entlassung oder vorzeitigem Austritt kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten.