Inhalt
- Definition: Was ist eine betriebliche Übung?
- Arbeitsrecht und betriebliche Übung
- Betriebliche Übung in Österreich und der Schweiz
- Betriebliche Übung verhindern: Welche Maßnahmen können Arbeitgeber ergreifen?
- Häufige Fragen und Antworten zur Betriebsübung
- Fazit: Gesellschaftlicher Kontext der Betriebsübung
Sonderleistungen spielen in der Arbeitswelt von heute eine wichtige Rolle. Die Gewährung von Leistungen oder Vergünstigungen im Betrieb dient dabei oftmals der Bindung der Arbeitnehmer an das Unternehmen. Bei der Gewährung von solchen Vergünstigungen müssen Arbeitgeber einige Punkte beachten.
Denn die Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers kann sich zu einem Gewohnheitsrecht entwickeln, sodass Arbeitnehmer laut Recht Anspruch aus betrieblicher Übung auf etwaige Leistungen und Vergünstigungen haben. Aber was genau ist eine betriebliche Übung konkret?
Erfahren Sie in unserem Artikel mehr zur Definition des Begriffs, wie eine Leistung aus betrieblicher Übung im Betrieb entsteht und warum das Verhalten des Arbeitgebers eine entscheidende Rolle spielt.
Definition: Was ist eine betriebliche Übung?
Betriebliche Übung ist nach dem Arbeitsrecht eine regelmäßig sich wiederholende, freiwillig zuerkannte Leistung eines Arbeitgebers gegenüber allen seinen im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern. Der Begriff selbst ist auch als Betriebsübung oder „Gewohnheitsrecht“ bekannt.
Die Entstehung eines Anspruchs leitet sich daher nach dem Arbeitsrecht immer aus einer gewissen Regelmäßigkeit („regelmäßige Wiederholung“) über einen zeitlichen Mindestrahmen ab.
Wichtig dabei ist jedoch, dass diese freiwillig zuerkannte Leistung allen Arbeitnehmern gewährt wird. Aus Leistungen an einzelne Beschäftigte kann nach dem Arbeitsrecht niemals eine Betriebsübung abgeleitet werden.
Arbeitsrecht und betriebliche Übung
Auch wenn nach dem Arbeitsrecht die Bedingungen für das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht genau definiert sind, so wird doch deren Zustandekommen durch Urteile des BAG (Bundesarbeitsgerichts) bestätigt.
Die Rechte des Arbeitnehmers
Auch wenn die betriebliche Übung in keinem Gesetz ausdrücklich erwähnt wird, so haben Arbeitnehmer nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen Anspruch auf Leistungen, die sich aus der betrieblichen Übung ergeben, wenn diese regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren gezahlt wurden. Dieser Rechtsanspruch, welcher die Rechte vom Arbeitnehmer, die sich aus der betrieblichen Übung ergeben, stärkt, ist auch durch mehrere Urteile des BAG bestätigt worden.
Was sind Beispiele für eine Betriebsübung?
In der Regel setzen sich betriebliche Übungen aus finanziellen Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Beschäftigten zusammen. Folgende Beispiele sind in der Praxis als betriebliche Übungen außerdem gängiger Standard und weit verbreitet:
- Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld als betriebliche Sonderzuwendungen, Bonuszahlungen, welche aufgrund positiver Betriebsergebnisse gezahlt werden, ein jeweils an alle Beschäftigten gezahltes 13. Monatsgehalt.
- Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschüsse, Tickets für öffentliche Verkehrsmittel, Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung,
- Leistungen von Unternehmen zur Altersvorsorge für Arbeitnehmer,
- Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen als weiteres Beispiel
Betriebliche Übung in Österreich und der Schweiz
In Österreich ist die betriebliche Übung nicht gesetzlich verankert, wie dies in Deutschland der Fall ist. Ungeachtet dieser fehlenden gesetzlichen Regelung werden jedoch die Auswirkungen der betrieblichen Übung in ähnlicher Weise gehandhabt wie in Deutschland.
Welche Regelungen zur Betriebsübung gibt es in Österreich?
Folgende Anwendungsbereiche können in Österreich zu einer betrieblichen Übung werden:
- Gratifikationen, Jubiläumszuwendungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld,
- Qualitative Mehrleistungen (Güteprämien), quantitative Mehrleistungen (Akkordprämien),
- Art und Weise der Verteilung von Urlaub und Handhabung der Anmeldung,
- Regelungen zur Krankmeldung (telefonisch oder via e mail ab wann schriftliche Mitteilung an wen,)
- Arbeitspausenregelung für Arbeitnehmer (Umfang und Dauer)
Gibt es in der Schweiz eine betriebliche Übung?
Es gibt darüber hinaus auch in der Schweiz die Möglichkeit einer betrieblichen Übung, welche in ähnlicher Art und Weise wie in Österreich gehandhabt wird.
Arbeitgeber bzw. Personaler gehen in der Schweiz bei Unklarheiten in arbeitsrechtlichen Fragen nach folgender Checkliste vor:
- Welche Aussagen gehen aus dem Handbuch des Arbeitgebers hervor?
- Existiert ein Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder ein Normalarbeitsvertrag (NAV)?
- Was ist im Einzelarbeitsvertrag bzw. im Personalreglement geregelt?
- Kommt evtl. eine betriebliche Übung zur Anwendung?
- Wie sind die gesetzlichen Reglungen nach dem Obligationenrecht (OR) und nach dem Arbeitsgesetz (ArG)?
Gut zu wissen: Wenn die Abarbeitung dieser Checkliste zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führt, gibt es noch die Möglichkeit, eine juristische Hotline anzurufen.
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Betriebliche Übung verhindern: Welche Maßnahmen können Arbeitgeber ergreifen?
Arbeitgeber haben die Pflicht sich mit dem Anspruch aus betrieblicher Übung auf Unternehmensebene auseinanderzusetzen. In der Regel haben Arbeitgeber drei Möglichkeiten einem Anspruch aus betrieblicher Übung aktiv entgegenzuwirken.
Maßnahme 1: Aussetzen der Leistung drei Jahre nach Beginn
Wenn Arbeitgeber darauf achten, dass die gezahlte Zuwendung nach dem dritten Jahr unterbrochen wird, entsteht noch keine betriebliche Übung.
Maßnahme 2: Anpassung vom Arbeitsvertrag
Arbeitgeber können in die Arbeitsverträge ihrer Mitarbeiter einen Freiwilligkeitsvorbehalt mit einfügen, welcher ausdrücklich die Gewährung einer Leistung nicht als Anerkennung einer Rechtspflicht erscheinen lässt. Damit kann nach dem Arbeitsrecht aus der gewährten Leistung zukünftig auch kein Rechtsanspruch abgeleitet werden.
Maßnahme 3: Regelmäßigkeit der Leistung durch Unterbrechung verhindern
Arbeitgeber haben die Möglichkeit, die Leistung durch gewollte Unterbrechung nicht zur betrieblichen Übung werden zu lassen. Wenn die Regelmäßigkeit für eine freiwillig zuerkannte Leistung nicht gegeben ist, kann daraus auch keine betriebliche Übung abgeleitet werden.
Unser Tipp für Arbeitgeber: Bei der Entscheidung für eine bestimmte Maßnahme sollten Arbeitgeber außerdem auch die Konsequenzen für das Betriebsklima und Motivation der Arbeitnehmer im Blick behalten.
Häufige Fragen und Antworten zur Betriebsübung
Der Umstand zur Entstehung einer betrieblichen Übung kann oftmals zu Verwirrung führen. Folglich haben wir die häufigsten Fragen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammengefasst.
Können Arbeitgeber eine betriebliche Übung rückgängig machen?
Eine betriebliche Übung ist juristisch einer vertraglichen Regelung gleichzusetzen. Daher kann eine betriebliche Übung vom Arbeitgeber auch nicht einseitig wieder rückgängig gemacht werden. Hierzu wäre die Zustimmung des Betriebsrates als Vertretung der Arbeitnehmer erforderlich.
Wie entsteht eine betriebliche Übung?
Wenn ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten, um beispielsweise deren Motivation zu steigern, mit bestimmten Verhaltensweisen begegnet, so entsteht daraus dann eine betriebliche Übung, wenn er diese Verhaltensweisen über einen zeitlichen Rahmen von mindestens drei Jahren hinaus beibehält.
Wann wird Weihnachtsgeld eine betriebliche Übung?
Wenn ein Arbeitgeber über eine Dauer von mindestens drei Jahren regelmäßig Weihnachtsgeld an alle seine Beschäftigten gezahlt hat, entsteht daraus eine betriebliche Übung.
Wann endet eine betriebliche Übung?
Wenn eine betriebliche Übung erst einmal entstanden ist, kann sie einseitig nicht mehr rückgängig gemacht werden. Eine Beendigung der betrieblichen Übung ist dann nur durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Änderungskündigung möglich.
Dies bedeutet im Klartext, dass zur Beendigung einer betrieblichen Übung eine Einigung von beiden Verhandlungspartnern notwendig ist.
Kann das Entstehen einer betrieblichen Übung vertraglich ausgeschlossen werden?
Die Entwicklung einer regelmäßigen Verhaltensweise zu einer betrieblichen Übung kann nur mit beidseitigem Einvernehmen von Arbeitgeber und Betriebsrat als Vertretung der Belegschaft ausgeschlossen werden.
Fazit: Gesellschaftlicher Kontext der Betriebsübung
Die betriebliche Übung kann in der gängigen Praxis in vielfältiger Weise auftreten. So kann die Entstehung eines Anspruchs auch durch Sonderregelungen bezüglich der Arbeitszeit gegeben sein.
Die Betriebsübung kommt in der praktischen Anwendung in erster Linie den Arbeitnehmern und damit dem in der Regel schwächeren Teil der Gesellschaft zugute, um folglich eine Verbesserung des Lebensstandards zu gewährleisten.