Inhalt
- Definition: Was ist eine außerordentliche Kündigung?
- Abmahnung als Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung
- Haben Arbeitnehmer ein außerordentliches Kündigungsrecht?
- Arbeitsrecht: Die rechtlichen Rahmenbedingungen
- Sonderregelungen bei außerordentlichen Kündigungen
- Welche Fallstricke gilt es zu vermeiden?
Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist eine der schwierigsten und zugleich unangenehmsten Aufgaben im Geschäfts- und Arbeitsleben. Will ein Vertragsteil das bestehende Dienstverhältnis mit sofortiger Wirkung beenden, muss er eine Reihe von Vorschriften im Arbeitsrecht beachten. Es lauern viele arbeitsrechtliche Fallstricke, die zu vermeiden sind, um eine außerordentliche Kündigung wirksam zu machen. Deshalb haben wir Ihnen in diesem Artikel neben Definition und Voraussetzungen laut Arbeitsrecht, auch wertvolle Tipps zusammengefasst.
Definition: Was ist eine außerordentliche Kündigung?
Eine außerordentliche Kündigung ist eine Kündigung, bei der das Arbeitsverhältnis ohne Beachtung der Kündigungsfrist beendet wird. Dabei kann es sich entweder um eine fristlose oder nicht fristlose Kündigung handeln.
Im ersten Fall endet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung, also praktisch von einem Tag auf den anderen. Für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung benötigt ein Arbeitnehmer einen wichtigen Kündigungsgrund. Im zweiten Fall erfolgt eine Kündigung aus betrieblichen Gründen und betrifft einen Mitarbeiter, der aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Vorschriften unkündbar ist. Hier ist die hypothetische Kündigungsfrist einzuhalten. Eine solche Kündigung wird auch als eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bekannt.
Was ist ein wichtiger Grund?
Ein wichtiger Grund ist nach § 626 Abs.1 BGB die unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Dabei handelt es sich um einen Grund, der das Arbeitsverhältnis schwerwiegend belastet. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) unterscheidet die folgenden Arten von wichtigen Gründen:
Betriebsbedingte Gründe
Eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist nur in wenigen Ausnahmen zulässig. Der Wegfall des Arbeitsplatzes stellt ein Beispiel für den betriebsbedingten Grund dar. Ein Arbeitgeber muss in einer solchen Situation nachweisen, dass er den betroffenen Mitarbeiter unter Einsatz aller zumutbaren Mittel nicht weiter beschäftigen kann. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Insolvenz einer Firma keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt. (Stichwort: Betriebsbedingte Kündigung)
Personenbedingte Gründe
Sie gelten nur dann als kündigungsrelevant, wenn sie zur erheblichen Störung des Arbeitsverhältnisses führen. Als gute Beispiele dienen:
- fehlende charakterliche Eignung
- schwerwiegende chronische Erkrankung
- Verbüßung einer Freiheitsstrafe
- Verlust der Fahrerlaubnis bei Berufskraftfahrern
- Entzug der Ausbildungsberechtigung
Verhaltensbedingte Gründe
Hier angesprochen ist ein Fehlverhalten, durch welches ein gekündigter Arbeitnehmer seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag rechtswidrig und schuldhaft verletzt hat. Dabei genügt es, dass er fahrlässig gehandelt hat. In Betracht kommen beispielsweise:
- ausländerfeindliche Äußerungen
- Annahme oder Fordern von Schmiergeld
- grobe Beleidigungen eines Vorgesetzten oder eines Arbeitgebers
- Straftaten wie Diebstahl
- Störung des Betriebsfriedens
- sexuelle Belästigung von anderen Menschen
Abmahnung als Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung
Liegt der Kündigungsgrund im Fehlverhalten eines Arbeitnehmers, ist ein Arbeitgeber dazu verpflichtet, zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Diese hat einerseits eine Warnfunktion und kann andererseits den rechtlichen Weg zu einer außerordentlichen Kündigung ebnen.
Eine Abmahnung ist rechtskräftig, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt werden:
- Das abgemahnte Fehlverhalten muss ausführlich beschrieben werden. Zudem sind das Datum und die genaue Uhrzeit des Fehlverhaltens zu nennen. Unklare Beschreibungen wie beispielsweise häufige Verspätungen sind unzureichend.
- Es ist wichtig, dass das abgemahnte Fehlverhalten klar und deutlich als Vertragsverstoß benannt wird. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist es, den abgemahnten Mitarbeiter zur Unterlassung seines Fehlverhaltens aufzufordern.
- Ein Arbeitgeber muss seinen abgemahnten Mitarbeiter darüber informieren, dass im Wiederholungsfall eine fristlose Kündigung drohen kann. Er setzt damit ein klares Zeichen, dass er das vertragswidrige Verhalten nicht akzeptiert.
Die rechtliche Grundlage für eine Abmahnung bildet § 314 Abs. 2 BGB.
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Haben Arbeitnehmer ein außerordentliches Kündigungsrecht?
Die Antwort lautet Ja. Nicht nur Arbeitgeber können eine außerordentliche Kündigung aussprechen, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt. Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer ist genauso möglich und zulässig, auch wenn sie viel seltener vorkommt. Ein Arbeitnehmer entscheidet sich für diesen endgültigen Schritt, wenn sein Arbeitgeber einen Pflichtverstoß begangen hat und eine Änderung des Verhaltens unmöglich zu sein scheint.
Verursacht eine außerordentliche Kündigung den Streit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, hat das Arbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist.
Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer
Die meisten Arbeitnehmer entscheiden sich für eine fristlose Kündigung aus folgenden Gründen:
- Zahlungsverzug oder Unpünktlichkeit bei der Lohnzahlung
- wiederholte Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen
- rassistische Beleidigung und Diskriminierung
- Stalking und/oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- grobe Arbeitsschutzverletzungen
- Tätlichkeit und/oder Körperverletzung durch den Arbeitgeber
Muss auch der Arbeitnehmer zuvor eine Abmahnung erteilen?
Je nach dem Kündigungsgrund kann das Arbeitsgericht verlangen, dass ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilt. Erst dann, wenn sich diese als erfolglos erweist, ist eine außerordentliche Kündigung wirksam.
Arbeitsrecht: Die rechtlichen Rahmenbedingungen
Wer eine außerordentliche Kündigung aussprechen will, muss im Rahmen der geltenden Rechtsprechung handeln. Dabei umfasst das Arbeitsrecht mehrere Gesetze, die sich auf wichtige Gründe für die fristlose Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, die relevanten Fristen sowie Interessen beider Vertragsteile beziehen. Es folgt ein kurzer Überblick über zu beachtende Regeln.
Wer kann eine außerordentliche Kündigung aussprechen?
Wie bereits angedeutet, kann eine außerordentliche Kündigung sowohl durch einen Arbeitgeber als auch durch einen Mitarbeiter ausgesprochen werden. In beiden Fällen ist es erforderlich, dass ein wichtiger Grund vorliegt. In der Praxis erfolgt der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung meistens durch einen Arbeitgeber.
Innerhalb welcher Frist muss eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden?
Die Kündigungsfristen regelt § 626 Abs.2 BGB. Laut geltender Rechtsprechung sind Kündigende dazu verpflichtet, die Kündigung innerhalb von zwei Wochen auszusprechen. Ihre Kündigungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem sie von für eine außerordentliche Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangen. Außerdem müssen Kündigende den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen, wenn der gekündigte Vertragsteil dies verlangt.
Abwägung der Interessen beider Seiten
Neben den Kündigungsfristen darf die Abwägung der Interessen beider Seiten nicht außer Acht geraten. Eine außerordentliche Kündigung lohnt sich nur dann, wenn die Vorteile der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Nachteile eindeutig überwiegen. Dabei sind verschiedene Umstände zu berücksichtigen.
Hierzu zählen unter anderem die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht des Pflichtverstoßes und eine mögliche Wiederholungsgefahr. Maßgeblich ist ebenfalls, ob Interessen beider Vertragsteile im Fall der Fortsetzung der Zusammenarbeit bewahrt werden können und ob die Zusammenarbeit weiterhin zumutbar ist.
Sonderregelungen bei außerordentlichen Kündigungen
In bestimmten Fällen darf ein Arbeitgeber keine außerordentliche Kündigung aussprechen, auch wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Er muss zusätzlich eine vorherige Zustimmung seitens relevanter Organe oder Institutionen einholen. Das Arbeitsrecht sieht Sonderregelungen bei einer außerordentlichen Kündigung für die folgenden Personengruppen vor:
Sonderkündigungschutz für Auszubildende
Auszubildende haben die gleichen Rechte wie Arbeitnehmer, deshalb ist es grundsätzlich möglich, während einer Ausbildung eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Sowohl Arbeitgeber als auch Azubis sind Kündigungsberechtigte. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht während der Probezeit nicht gilt. Dies liegt darin begründet, dass das Berufsausbildungsverhältnis während der Probezeit ohnehin jederzeit von beiden Seiten aufgelöst werden kann. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 22 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Sonderkündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder
Ein Arbeitgeber, der einen Betriebsratsmitglied fristlos kündigen will, muss zunächst die Zustimmung eines Betriebsrates einholen. Verweigert ein Betriebsrat seine Zustimmung, hat ein Arbeitgeber die Möglichkeit, den Fall vor Arbeitsgericht zu ziehen. Dieses beurteilt, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Erst nachdem das Arbeitsgericht die Zustimmung eines Betriebsrates rechtskräftig ersetzt hat, darf ein Arbeitgeber eine fristlose Kündigung erteilen. In der Regel dauert es sehr lang, bis alle drei Gerichtsinstanzen der Kündigung zugestimmt haben.
Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte
Ähnlich wie Betriebsratmitglieder gilt auch für Schwerbehinderte ein gesetzlicher Sonderkündigungsschutz. Eine außerordentliche Kündigung bedarf der vorherigen Befragung und Zustimmung des Integrationsamtes. So besagt § 85 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Wichtig dabei ist, dass der Kündigungsgrund in keinem Zusammenhang mit der Behinderung stehen darf. Vielmehr muss ein vertragswidriger Pflichtverstoß vorliegen.
Hat das Integrationsamt einer außerordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten zugestimmt, darf diese Zustimmung nicht auf eine ordentliche Kündigung angewendet werden. Verweigert das Integrationsamt seine Zustimmung, muss ein Arbeitgeber es davon überzeugen, dass eine fristlose Kündigung angebracht ist.
Sonderkündigungsschutz für Mitarbeiter in Eltern- und Pflegezeit
Mitarbeiter in Eltern- und Pflegezeit sind grundsätzlich unkündbar. Ein Arbeitgeber darf weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Kündigung wirksam aussprechen. Es gilt nur eine Ausnahme: Mitarbeiter in Elternzeit und Pflegezeit können nur aufgrund eines besonderen Falles fristlos gekündigt werden. Ein solcher Fall liegt dann vor, wenn „außergewöhnliche Umstände“ eintreten.
Dazu gehören beispielsweise Stilllegung oder Verlagerung einer Firma oder Abteilung, ein besonders schwerer Pflichtverstoß und eine vorsätzliche strafbare Handlung eines Arbeitnehmers. Damit eine fristlose Kündigung wirksam ist, muss ein Arbeitgeber nach § 18 Abs. 1 S. 4, 5 BEEG eine Zustimmung der obersten Landesbehörde einholen. In Berlin ist dafür das LAGetSi zuständig.
Welche Fallstricke gilt es zu vermeiden?
Ein Arbeitgeber, der seinem Mitarbeiter eine außerordentliche Kündigung aussprechen will, hat eine Reihe von Voraussetzungen einzuhalten. Ansonsten bleibt der Ausspruch einer Kündigung unwirksam. Dazu ist es wichtig, folgendes Vorgehen zu beachten:
Die 1-Wochen-Frist
Wenn ein Arbeitgeber den Verdacht hat, dass sein Mitarbeiter ein Fehlverhalten begangen hat, muss er sofort ein internes Ermittlungsverfahren einleiten. Es besteht eine Dokumentationspflicht. Werden im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens keine eindeutigen Beweise für ein Fehlverhalten gefunden, ist es erforderlich, den verdächtigten Mitarbeiter anzuhören. Dabei gilt die 1-Wochen-Frist nach der Konkretisierung des Verdachts. Die Anhörung kann entweder schriftlich oder mündlich erfolgen.
Die 2-Wochen-Frist
Nach Abschluss eines internen Ermittlungsverfahrens muss ein Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen formulieren und zustellen. Kann er die Zustellungsfrist wegen widriger Umstände nicht einhalten, bleibt eine außerordentliche Kündigung unwirksam.
Ausspruch und Zustellung der Kündigung
Es reicht nicht aus, dass ein Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung innerhalb der Kündigungsfrist zustellt. Er muss die Zustellung auch nachweisen können. Diesbezüglich empfehlen sich die folgenden zwei Arten der nachweisbaren Zustellung:
- Die Übergabe einer außerordentlichen Kündigung an einen Mitarbeiter erfolgt persönlich im Beisein eines Zeugen.
- Ein anderer Mitarbeiter oder ein Botendienst stellt eine außerordentliche Kündigung durch Einwurf in den richtigen Briefkasten zu.