Unternehmensführung im digitalen Zeitalter
Für eine weitere Folge der Papershift Expert Series hat Tim Lippmann, einen externen Experten eingeladen: Professor Dr. Stefan Kolb (DHBW Karlsruhe). Das Thema passt perfekt zur Ausrichtung seines Lehrstuhls, der eine Verbindung von BWL und Digitalisierung herstellt. Stefan kann außerdem auf seine praktischen Erfahrungen zurückgreifen, wenn er über die Herausforderungen bei der Entwicklung und Einführung digitaler Geschäftsmodelle in etablierten Unternehmen berichtet. Von Haus aus Kaufmann hatte er zunächst in der Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Handel gearbeitet, um sich dann viele Jahre sowohl in der Automobilindustrie als auch in anderen Industriebereichen mit der Innovation von Geschäftsmodellen zu befassen. Er weiß also genau, wie komplex die Aufgaben der Unternehmensführung in einer solchen Phase sind, und ist der optimale Gesprächspartner um eine ganze Reihe wichtiger Fragen zum Thema „Unternehmensführung im digitalen Zeitalter“ zu beantworten:
- Warum ist die Digitalisierung des Geschäftsmodells eines Unternehmens unerlässlich?
- Welche konkreten Aufgaben liegen vor dem Management, bevor überhaupt an eine Umsetzung gedacht werden kann?
- Woran scheitern viele Digitalisierungsvorhaben in (bislang) erfolgreichen großen Unternehmen?
- Was kann die Unternehmensführung eines etablierten Konzerns von einem Gründer lernen?
Organisatorische Erfolgsfaktoren bei der Digitalisierung des Unternehmens
Nicht ohne Grund hat die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Karlsruhe ein neues Studienangebot zum Digital Commerce Manager entwickelt, das sich gezielt mit der Innovation von Geschäftsmodellen im Handel befasst. Der Bedarf ist enorm, denn jede Unternehmensführung, die vor einer solchen Aufgabe steht, benötigt ein spezielles Fachwissen, um die Transformation in die richtige Richtung zu steuern und das Vorhaben erfolgreich realisieren zu können.
Insbesondere die Unternehmensführung und die Organisationsstruktur können sich in der Praxis als Hemmnisse erweisen: Einerseits sind sie oft genug in alten Denkmustern und Prozessen verfangen, andererseits ist es schwierig, verknöcherte Hierarchien des Unternehmens aufzubrechen und so die notwendige Entscheidungsgeschwindigkeit zu erreichen. Hier ist eine neue Art des Führens gefragt, mit der sich vor allem die großen Unternehmen schwertun.
Aktuelle Studie als Orientierungshilfe für Unternehmensführung im digitalen Zeitalter
In diesem Kontext sei auf eine gemeinsam mit Partnern durchgeführte Studie der DHBW verwiesen. Thema: Was sind die organisatorischen Faktoren, wenn sich Unternehmen mit der Digitalisierung auseinandersetzen? Die Ergebnisse bestätigen die Relevanz der Frage, wie – also in welcher Art und Weise – Unternehmen die Entwicklung ihrer Geschäftsmodelle vorantreiben. Jede Unternehmensführung ist demnach aufgerufen, sich im Vorfeld der geplanten Innovation einen Überblick zu den verschiedenen zur Verfügung stehenden Wegen zu verschaffen, eine geeignete Strategie zu entwickeln und diese im Optimalfall auch agil umzusetzen.
Stefan betont, dass der Zeitpunkt ausgesprochen günstig für Unternehmen ist, sich mit der Digitalisierung intensiver zu befassen. Vor allem ist der Bedarf enorm: Auch wenn beispielsweise der Handel grundsätzlich permanent mit neuen Technologien befasst ist, hat sich die Wettbewerbslandschaft doch gravierend verändert. Digitale Geschäftsmodelle haben sich etabliert – die Corona-Krise spielte ihnen praktisch in die Hände. Viele Personen und Unternehmen haben den Großteil ihrer Einkäufe online erledigt. Mit einem Wort: Der E-Commerce boomt, während der stationäre Handel in vielen Bereichen zu kämpfen hat.
Nun sehen sich etablierte Unternehmen digitalen Mitbewerbern gegenüber, die durchaus als Konkurrenz zu verstehen sind. Das seit vielen Jahren erfolgreiche Geschäftsmodell gerät zunehmend unter Druck – was ist also zu tun? Selbst nach Ende der Pandemie wird es kaum eine Rückkehr in die alte Welt geben. Es liegt also bei der Unternehmensleitung, die eigene Sicht kritisch zu hinterfragen und sämtliche Aspekte der neuen Gegebenheiten dabei zu berücksichtigen. Die Fragen lauten demnach: Wie könnte ein tragfähiges Geschäftsmodell des eigenen Unternehmens künftig aussehen? Und: Wie muss die Unternehmenssteuerung vorgehen, um dieses Ziel zu erreichen?
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Zentraler Faktor: Art und Weise des Innovierens von Organisationen
Die Digitalisierung eines Unternehmens kann nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion umgesetzt werden: Das Einscannen von Dokumenten, die dann auf einem Server deponiert und zugänglich gemacht werden, um sie beispielsweise nicht mehr per Post, sondern per E-Mail versenden zu können, reicht bei Weitem nicht aus. Es geht vielmehr um einen klar strukturierten, sukzessive ablaufenden Prozess, der zu einem effizienter und agiler handelnden Unternehmen führt – im Optimalfall ein gelungenes Beispiel für Digitalisierung und Change Management.
Dabei spielt aber nicht nur das (hoffentlich) definierte Ziel eine Rolle, sondern vor allem die Art und Weise sowie die Inhalte des Prozesses. Während Gründer heutzutage von vornherein auf modernste Technologien setzen und ein innovatives Geschäftsmodell entwickeln können, haben es traditionelle, über Jahre oder Jahrzehnte gewachsene und oft genug in tiefen Hierarchien organisierte Unternehmen deutlich schwerer: Nicht nur die Unternehmensführung muss komplett umdenken, sämtliche Ebenen des Managements und alle beschäftigten Personen müssen mitgenommen werden. Nur dann kann der Begriff Transformation mit Leben erfüllt werden.
Reibungen sind also vorprogrammiert, sollten aber von vornherein bestmöglich eingegrenzt werden, um nicht zu viel Unruhe im Unternehmen zu provozieren und so das gesamte Projekt zu gefährden. Zur strategischen Unternehmensführung gehört nämlich auch, die Digitalisierung explizit zu planen – und das systematisch. Die Fragen lauten:
- Was genau sollte im Unternehmen optimiert werden?
Digitalisierung nur um der Digitalisierung Willen ist wenig sinnvoll – zunächst ist also der Optimierungsbedarf des Unternehmens genau zu ermitteln, um daraus die anstehenden Aufgaben für die Unternehmensführung abzuleiten. Ob dazu externe Berater eingeschaltet werden sollten, hängt immer von den konkreten Aufgaben und den vorhandenen Ressourcen ab. In vielen Fällen kann ein Brainstorming innerhalb des Unternehmens schon einen Erkenntnisgewinn bringen, in anderen hilft der professionelle Blick von außen.
- Welche Aufgaben sind wie dringend?
In der Folge kann die Unternehmensführung den ermittelten Optimierungsbedarf nach Dringlichkeit sortieren: Es gibt mit Sicherheit einige große Baustellen, die ausgesprochen wichtig sind, und andere, die vielleicht interessant, aber eben nicht entscheidend für den Erfolg sein dürften. Die Punkte richtig zu gewichten, ist jedoch nicht einfach. Die größeren Projekte werden sich zwar positiv auswirken, lassen sich aber schwerer umsetzen und brauchen meist Zeit. Eventuell kann es also zielführend sein, zunächst Erfahrung mit kleineren Projekten zu sammeln und die Erfolgserlebnisse geschickt zur Mitarbeitermotivation zu nutzen.
- Welcher Weg führt am besten zum Ziel?
Genau dieser Frage widmet sich Stefan ausführlich, denn schon hier liegt der Schlüssel zum Erfolg. Er macht das insbesondere an der besonderen Konstellation in etablierten Unternehmen fest.
Praktische Ansätze für jede Unternehmensgröße
Eines ist gewiss: Konnten sich Unternehmen über Jahre erfolgreich etablieren, ist dies kein Erfolgsgarant für die Zukunft. Die Unternehmenspolitik muss laufend an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst werden. Dafür stehen dem Management im Prinzip zwei Wege zur Auswahl:
- Überarbeitung des aktuellen Geschäftsmodells
Die Unternehmensleitung setzt ein Team ein, das sich gezielt mit der Optimierung des derzeitigen Geschäftsmodells befasst, entsprechende Konzepte entwickelt und testet, um sie dann dem Management vorzustellen und zu implementieren.
- Parallele Einführung eines neuen Geschäftsmodells
Alternativ können Unternehmen ein vollkommen neues Geschäftsmodell entwickeln und es parallel zum aktuell erfolgreichen einführen, um sich interessante neue Potenziale und Wettbewerbsvorteile zu eröffnen.
Als Experte sieht Stefan ohnehin künftig mehr einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Geschäftsmodellen als zwischen Produkten und Services. Allerdings ist der Weg bis zu einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell ausgesprochen steinig: „Aber, was wir beobachten, ist, dass ganz viele – oder durchaus einige zumindest – Geschäftsmodelle durchaus gut gedacht sind und auch gut gemacht sind, dann an der eigenen Organisation oder Organisationsform scheitern“, bestätigt Stefan. Genau deswegen sollte die Unternehmensführung sämtliche Aspekte der Innovation des eigenen Geschäftsmodells umsichtig aufgreifen und vorbereiten.
Zusammenfassung
Die Zeit ist reif für die Digitalisierung – und hier ist die Unternehmensführung gefragt: Sie hat es in der Hand, die organisatorische Faktoren der Innovationen so aufzustellen, dass die unvermeidbaren Reibungen so gering wie möglich gehalten und bestmögliche Ergebnisse erzielt werden. Vor allem dem eigenen Geschäftsmodell sollten Unternehmen verstärkt Augenmerk schenken. Im nächsten Teil der Expert Series zum Thema „Unternehmensführung im digitalen Zeitalter“ setzen wir an das Thema an und zeigen die verschiedenen Aufgaben der Unternehmensführung.
Wir befinden uns im regelmäßigen Austausch mit Experten aus den Themenbereichen Human Resources, Unternehmensführung und Digitalisierung und lassen Euch an den Erkenntnissen teilhaben. Die Papershift Expert Series wird auf YouTube wie auch als Podcast auf Spotify, Google Podcast und Apple Podcast veröffentlicht.
Du hast Feedback, Fragen oder möchtest gerne einmal selbst Teil der Papershift Expert Series sein? Wir freuen uns über Deine Nachricht per E-Mail an [email protected]
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