New Work & Recruiting | Teil 2 – mit Thomas Klein (Head of People @Jodel)

Experte Thomas Klein von Jodel zeigt, dass es auf Core Values im Recruiting ankommt. Zudem gibt er Tipps wie Unternehmen diese bewusst einsetzen können.
Core Values im Recruiting - darauf kommt es an!

Core Values im Recruiting – darauf kommt es an!

Der zunehmende Fachkräftemangel führt zu einem Paradigmenwechsel: Unternehmen müssen sich im Prinzip so gut verkaufen, dass sie für potenzielle Bewerber interessant werden – und nicht wie bisher umgekehrt. Wie Thomas Klein, Head of People and Organization der The Jodel Venture GmbH in Berlin, betont, geht es letztendlich darum, dass Talente die vom Unternehmen gelebten Core Values teilen. Daraus folgt die Frage: Welche sind dies – und wie werden diese sichtbar? Und sind die Core Values im Recruiting-Prozess wichtig?

Essenziell wichtige Aufgabe: Implizites explizit machen

So einfach dieser Slogan klingt, so kompliziert ist es: Was macht eine Organisation eigentlich genau aus? Oft genug ist das Wissen um die Core Values zwar implizit vorhanden, kann aber gar nicht so richtig ausgedrückt und auf den Punkt gebracht werden. Wie soll es dann aber Teil der Recruiting Prozesse oder auch nur in einer Stellenanzeige aufgegriffen werden? Es ist also höchste Zeit, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Dabei ist zu bedenken, dass eine Organisation letztendlich die Summe aller hier arbeitenden Menschen ist, die im besten Falle die spezifischen Einstellungen zum Leben im Allgemeinen und zur Arbeit im Besonderen teilen.

Erschwerend kommt bei dieser Betrachtung hinzu, dass sich Unternehmenswerte mit der Firmenentwicklung verändern. Sie sollten als Orientierung dienen, müssen aber tagtäglich mit Leben erfüllt werden, um überhaupt skalierbar zu sein. Wie Klein aus seiner HR Arbeit berichtet, geht es um das Gegenüberstellen der persönlichen Werte eines Bewerbers und der Unternehmenswerte – und natürlich den Abgleich, ob das zusammenpasst oder nicht. Um diese wichtigen Erkenntnisse zu gewinnen, nutzt das Team um Klein ganz spezifische Fragen, die die Core Values zum Inhalt haben.

Neue Werte – neue Fragen: Thema Wertewandel gezielt aufgreifen

Wie in allen anderen Unternehmensfrage auch ist es wichtig, die Core Values regelmäßig zu hinterfragen – und an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dazu Klein: „Wir hatten Core Values, die waren zu dem Zeitpunkt dann schon über drei Jahre alt. Und das ist ein ganz normaler Prozess, wenn man dann jetzt in eine Wachstumsphase geht, dass sich die Core Values dann weiterentwickeln und verändern.“ Es stellt sich nur die Frage, wie sich diese Values messbar machen lassen. Jodel nutzt dazu im Bewerberinterview einen speziellen Schritt, der eigentlich als Cultural Fit bezeichnet wird, besser aber Cultural Add heißen sollte – jeder Mitarbeiter trägt schließlich etwas zur Kultur bei und sorgt damit für Entwicklung.

Die messbaren Fragestellungen dazu lauten zum Beispiel:

Das Wichtige: In dieser Phase eines Bewerbungsprozesses sind Mitarbeiter eingebunden, die mit dem Bewerber auch künftig nicht direkt zu tun haben. Sie sind also vollkommen unbefangen, was deren Einschätzung umso wertvoller macht. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt und wird auch von großen Konzernen wie Amazon praktiziert – und das nicht ohne Grund: Insbesondere in Wachstumsphasen sollten HR Abteilungen keine Kompromisse eingehen, wenn sie vakante Stellen zu besetzen haben – selbst wenn der Druck enorm ist.

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Aktuelle Core Values als obligatorischer Maßstab

In dieser Situation ist der Rückgriff auf Freelancer deutlich sinnvoller: Deren Leistungen müssen die festgelegten Standards erfüllen, um bezahlt zu werden. Gleichzeitig verschaffen sich Firmen somit die notwendige Zeit, um die geeigneten Talente in Ruhe zu finden. Was wäre die Alternative? Werden Stellen nicht adäquat besetzt, zieht dies logischerweise Ärger mit den anderen Mitarbeitern nach sich, denn diese müssen die Fehler ausbügeln oder Arbeit abnehmen, sollte der Eingestellte seine Aufgaben nicht in der gewünschten Qualität und/oder Zeit abarbeiten können.

Top Thema: Was ist wichtiger: CV oder Core Values?

Die Rolle des Lebenslaufs hat sich vor allem im New Work Recruiting deutlich verschoben: Es wird immer weniger wichtig, welche beruflichen Stationen Bewerber bereits durchlaufen oder welche Skills sie sich angeeignet haben – hier gibt es im Ernstfall Möglichkeiten, mit einem Training eventuelle Defizite auszugleichen. Nicht ohne Grund lautet ein Grundsatz, bevorzugt die Menschen einzustellen, die mehr können als man selbst – und das auch in Bezug auf private Engagements. Es ist doch normal, dass Menschen unterschiedlich aufgestellt sind: Die einen sind extrovertiert, andere halten sich zurück; einige benötigen klare Strukturen, um mit der Arbeit gut zurechtzukommen, andere brauchen ihren Freiraum oder sind ganz und gar auf Zahlen fixiert. Diese Heterogenität ist nicht nur spannend, sondern sorgt für wichtige Impulse, die eine Organisation letztendlich voranbringen.

Wie Klein aus seinen Erfahrungen bestätigt, sind die Teams nachhaltig erfolgreich, die auf allen Ebenen komplementär zusammengesetzt sind. Ob deswegen detaillierte Persönlichkeitstests durchgeführt werden sollten, bleibt jedoch umstritten. Sie sind eine Möglichkeit, sich mit den Core Values eines Bewerbers auseinanderzusetzen – und Teams sollten grundsätzlich analysiert werden, ohne dies jedoch nicht als Maß aller Dinge anzusetzen. Viel wichtiger sind die Core Values, auf die das Team verstärkt während der Probezeit achten sollte. Sinnvoll ist es auch, ein weiteres und damit unvoreingenommenes Team mit einzubeziehen, um fundiert festzustellen, ob die Wertvorstellungen wirklich zusammenpassen.

Fazit: Core Values im Recruiting – Jobsuchende richtig bewerten

Auf der Basis der eigenen Unternehmenswerte Fragen für das Bewerberinterview zu entwickeln, die die Einstellungen eines Bewerbers ans Tageslicht bringen, ist das Top Thema in der Personalgewinnung: Statt der Highlights aus dem CV gehören die Wertvorstellungen auf den Prüfstand, denn so können die Core Values im Recruiting-Prozess direkt abgefragt werden. Passen diese nicht zu den gelebten Unternehmenswerten, wird es über kurz oder lang zu Problemen kommen. Wichtiger als bestimmte Skills, die sich bei Bedarf noch vermitteln lassen, ist also vor allem in Wachstumsphasen die Einstellung eines Talents. Teilt es die Vision, identifiziert sich mit dem Arbeitgeber und den Produkten, dann sind auch große Leistungen zu erwarten, wenn es darauf ankommt. Damit ist jedoch keineswegs gemeint, dass sich alle Mitglieder eines Teams in eine Schablone pressen lassen, im Gegenteil: Werden Teams komplementär zusammengestellt, profitieren sie von den Cultural Adds, die jedes Mitglied einbringt.

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Verfasst von Sianca Maria Gentner

Mit dem Fokus auf Experteninterviews und News aus der HR-Welt liefert Sianca interessante Einblicke in die Kooperationsarbeit von Papershift.