Zeiterfassungspflicht: Welche Regelungen gelten schon heute?

Schon heute besteht für Unternehmen in Deutschland und der EU Zeiterfassungspflicht. Doch welche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung gelten im Einzelnen?
Zeiterfassungspflicht - Frau mit Uhr im Büro

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Zeiterfassungspflicht: Welche Regelungen gelten schon heute?

Schon heute besteht für Unternehmen in Deutschland und der EU Zeiterfassungspflicht. Doch welche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung gelten im Einzelnen?

Das Wichtigste zur Zeiterfassungspflicht in Kürze

  • Die Zeiterfassungspflicht gilt bereits heute für alle Unternehmen in Deutschland und der EU.
  • Aktuell ist noch keine bestimmte Form der Arbeitszeiterfassung vorgesehen. Die geplante Gesetzesänderung sieht aber eine elektronische Zeiterfassung vor.
  • Von der Zeiterfassungspflicht sind die meisten Mitarbeiter betroffen. Es gibt nur wenige Ausnahmen – zum Beispiel für leitende Angestellte.
  • Die Vereinbarung der Zeiterfassungspflicht mit Vertrauensarbeitszeit ist strittig, aber möglich.
  • Die Zeiterfassungspflicht ist nicht gleichzusetzen mit einer Pflicht zur Stechuhr.
  • Bei der Einführung eines Zeiterfassungssystems sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden, die der EuGH sowie das Bundesarbeitsgericht definiert haben.

Wie kam es zur Zeiterfassungspflicht?

Nicht erst mit der geplanten Änderung des Arbeitszeitgesetzes wird die Arbeitszeiterfassung in Deutschland verpflichtend. Bereits im Jahr 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgestellt, dass Unternehmen innerhalb der EU verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen.

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Für Deutschland hatte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2022 nachgelegt und in seinem Urteil festgestellt, dass Unternehmen in Deutschland bereits zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet sind. Doch was bedeutet das genau für die Unternehmen und ihre Mitarbeiter? Nachfolgend sind die wichtigsten Informationen zur Zeiterfassungspflicht zusammengefasst.

Was genau bedeutet Zeiterfassungspflicht?

Der aktuelle Referentenentwurf zur Neugestaltung des Arbeitszeitgesetzes sieht vor, dass der Beginn, das Ende und die Dauer der Arbeitszeit zu erfassen sind. Die Arbeitszeit ist am Tage der erbrachten Arbeitsleistung zu erfassen. Ausnahmen zum Beispiel für tariflich gebundene Unternehmen sind vorgesehen. Sie müssen die Arbeitszeit spätestens am siebten auf die Arbeitsleistung folgenden Arbeitstag erfassen.

Der EuGH hatte in seinem Urteil 2019 festgelegt, dass die Arbeitszeiterfassung objektiv, verlässlich und zugänglich zu geschehen habe. Damit soll gewährleistet werden, dass die Arbeitszeiten zweifelsfrei nachweisbar sowie gegen Manipulationen geschützt und für die Arbeitnehmer abrufbar sind.

In welcher Form muss die Arbeitszeiterfassung erfolgen?

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil zur Zeiterfassungspflicht keine Vorgaben gemacht. Der Gesetzentwurf zur Neugestaltung des Arbeitszeitgesetzes sieht dagegen eine elektronische Arbeitszeiterfassung vor. Doch auch unter dieser Prämisse gibt es für die Unternehmen reichlich Spielraum. Sie können zum Beispiel Stundenzettel per Excel oder auch professionelle Zeiterfassungssysteme verwenden.

Ab wann gilt die Zeiterfassungspflicht?

Die Zeiterfassungspflicht gilt schon heute. Zwar befindet sich eine entsprechende Anpassung des Arbeitszeitgesetzes in der politischen Umsetzung, doch aufgrund der genannten Gerichtsurteile bedarf es der Gesetzesänderung nicht mehr, um schon heute eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu begründen. Unternehmen, welche die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter nicht erfassen, sollten sich also nach passenden Lösungen umsehen.

Für wen gilt die Zeiterfassungspflicht?

Grundsätzlich gilt die Zeiterfassungspflicht für alle Unternehmen in Deutschland und der EU sowie für deren Mitarbeiter. Es gibt lediglich einzelne Ausnahmen – etwa für leitende Angestellte, Geschäftsführer und bestimmte Tätigkeiten wie zum Beispiel für Richter. Auch das Einkommen kann zukünftig eine Rolle spielen.

Wie passen die Zeiterfassungspflicht und Vertrauensarbeitszeit zusammen?

Ein häufig geäußerter Kritikpunkt an der Zeiterfassungspflicht ist, dass dadurch Vertrauensarbeitszeit erschwert oder sogar unmöglich gemacht werde. Bei Vertrauensarbeitszeit verzichtet der Arbeitgeber auf die Kontrolle der Arbeitszeiten und verlässt sich darauf, dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen. Es kommt also auf das Ergebnis an und nicht auf die dafür verwendete Zeit. In manchen Fällen führt das allerdings dazu, dass Mitarbeiter Überstunden machen und länger arbeiten, als dies laut Arbeitszeitgesetz vorgesehen ist, oder dass die vorgeschriebenen Pausen- und Ruhezeiten nicht eingehalten werden. Die Zeiterfassungspflicht soll das verhindern. Wie aber lassen sich Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassungspflicht miteinander verbinden? Eine Möglichkeit wäre, dass die Arbeitszeiten zwar erfasst, nicht aber vom Arbeitgeber kontrolliert werden. Der Arbeitgeber würde nur dann automatisch vom Zeiterfassungssystem benachrichtigt, wenn die Arbeitszeiten von Mitarbeitern die gesetzlichen Rahmenbedingungen verletzen.

Kommt die Pflicht zur Stechuhr?

Die Zeiterfassungspflicht ist keinesfalls gleichzusetzen mit der Pflicht zur Stechuhr. Der aktuelle Entwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes sieht eine elektronische Zeiterfassung vor. Wie genau diese ausgestaltet wird, ist dem Unternehmen bzw. den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern überlassen. So sind zum Beispiel digitale Zeiterfassungssysteme per App zulässig, die ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität bei gleichzeitig einfacher Integration in die Unternehmensprozesse bieten.

Zudem wird es Ausnahmen für kleine Unternehmen bis zehn Mitarbeitern sowie für tariflich gebundene Unternehmen geben, die individuelle Lösungen zur Arbeitszeiterfassung aushandeln können.

Führt ein Verstoß gegen die Zeiterfassungspflicht zu Strafen?

Bis zur Novellierung des Arbeitszeitgesetzes ist bei einem Verstoß gegen die Zeiterfassungspflicht nicht mit Strafen zu rechnen. Derzeit ergibt sich die Zeiterfassungspflicht aus § 3 Arbeitsschutzgesetz. Ein Verstoß ist gemäß § 25 Arbeitsschutzgesetz noch nicht mit der Verhängung eines Bußgeldes bewährt. Daher ist noch keine entsprechende gesetzliche Grundlage für die Verhängung von Bußgeldern gegeben.

Welche Anforderungen muss ein Zeiterfassungssystem genügen?

Um den aktuellen und zukünftigen rechtlichen Anforderungen zu genügen, die sich aus der Zeiterfassungspflicht ergeben, muss ein Zeiterfassungssystem verschiedene Eigenschaften mit sich bringen:

  • Die Arbeitszeiten inklusive Pausenzeiten müssen auf täglicher Basis erfassbar sein.
  • Die erfassten Arbeitszeiten müssen vor Manipulationen geschützt sein.
  • Arbeitnehmer müssen die Möglichkeit haben, auf ihre erfassten Arbeitszeiten zuzugreifen.
  • Die Arbeitszeiten müssen sicher und dauerhaft abgespeichert werden.
  • Die Arbeitszeiten müssen den zuständigen Behörden auf einfache Weise zur Verfügung gestellt werden können.
  • Die Arbeitszeiterfassung muss den gesetzlichen Anforderungen zum Datenschutz genügen.

Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Zeiterfassungspflicht?

Das Bundesarbeitsgericht hatte in seinem Urteil aus dem Jahr 2022 festgestellt, dass der Betriebsrat kein Initiativrecht bei der Einführung der Arbeitszeiterfassung in einem Unternehmen hat – aus einem einfachen Grund: Es bestehe laut Ansicht des Gerichts bereits eine Zeiterfassungspflicht.

Demgegenüber hat der Betriebsrat bei der Frage, welche Form der Arbeitszeiterfassung in einem Unternehmen eingeführt werden soll, sehr wohl ein Initiativ- und Mitspracherecht. Das hat das Landesarbeitsgericht München entschieden.

Für Unternehmen mit Mitarbeitervertretung sind im geplanten Arbeitszeitgesetz einige Ausnahmen vorgesehen: Sie können von der Vorgabe zur elektronischen Zeiterfassung abweichen. Zudem müssen dort die Arbeitszeiten nicht am selben Tag erfasst werden, an dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, sondern bis zu sieben Arbeitstage später.

Zeiterfassungspflicht: Was Unternehmen und ihre HR jetzt beachten sollten

Auch wenn das neue Arbeitszeitgesetz noch nicht in Kraft getreten ist, zeichnen sich bereits heute die Rahmenbedingungen für die Zeiterfassungspflicht ab. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die elektronische Zeiterfassung als Form verpflichtend sein. Diese bietet den Vorteil, dass sich mit ihr auch die weiteren Anforderungen an Zeiterfassungssysteme erfüllen lassen, die der EuGH stellt, nämlich Objektivität, Verlässlichkeit und Zugänglichkeit. Und nicht zuletzt profitieren gerade größere Unternehmen mit vielen Mitarbeitern von den Vorteilen elektronischer Zeiterfassung wie der sicheren Speicherung der Daten unter Wahrung des Datenschutzes sowie der einfachen Möglichkeit zum Abruf der Daten für berechtigte Personen.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.