Work-Life-Blending: Das neue Verständnis von Arbeitszeit
Der Begriff „Work-Life-Blending“ ist im deutschen Sprachraum noch relativ unbekannt und schafft eine neues Verständnis von Arbeitszeit. Schließlich merken wir es selbst: Die traditionelle strikte Trennung zwischen Arbeit und Freizeit steht zunehmend auf dem Prüfstand. Work-Life-Blending steht für ebendiese Vermischung von Beruflichem und Privatem. Unser Beitrag beschäftigt sich mit den Vor- und Nachteilen von Work-Life-Blending im Rahmen der Work-Life-Integration sowie der Frage nach dem richtigen Umgang mit der Arbeitszeit.
Was versteht man unter Work-Life-Blending?
Work-Life-Blending meint die Verschmelzung von Arbeit- und Privatleben. Klare Grenzen zwischen beiden Bereichen – wie sie der Begriff „Work-Life-Balance“ nahelegt – werden aufgehoben. Es geht darum, einen Einklang zwischen Beruflichem und Privatem zu finden und in der Folge mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer nehmen zu können.
Die Verschmelzung von Arbeit und Freizeit
In vielen Branchen und Bereichen des Berufs ist Work-Life-Blending längst angekommen. Eine Folge der Vermischung von Arbeit und Freizeit ist zum Beispiel, dass Arbeitnehmer ständig erreichbar sind – auch am Wochenende. Ein weiteres Beispiel ist das Homeoffice: Häufig wird hierbei ein Teil der Arbeit in der eigentlich freien Zeit erledigt, während zur gleichen Zeit geduldet wird, dass private Angelegenheiten auch in der Arbeitszeit geklärt werden dürfen.
Kritiker des Modells befürchten eine unausgewogene Verschmelzung von Arbeit und Freizeit mit negativen Auswirkungen für die private Zeit. Die Arbeitszeit könnten zunehmen und das Privatleben dem Job zum Opfer fallen – womit letztlich auch gesundheitliche Belastungen einhergehen.
Die Digitalisierung in Unternehmen
In vielen Unternehmen sind Homeoffice, Arbeiten am Wochenende und Vertrauensarbeitszeit schon Teil des Arbeitsalltags. Hier verwischen die Grenzen zwischen beiden Welten bereits – das Work-Life-Blending ist in vollem Gange. Gefördert wird diese Entwicklung durch die fortschreitende Arbeitswelt 4.0 beziehungsweise New Work. Arbeitnehmer können zunehmend mobil und selbstbestimmt arbeiten. Für viele Berufe ist der Gang ins Büro gar nicht mehr nötig und der Zugang zu einem PC und zur Cloud reicht aus, um alle anstehenden Aufgaben zu erledigen.
Durch Work Life Blending als Arbeits- und Lebensstil können Arbeitnehmer sich ihre Zeiten selbst einteilen – und zum Beispiel flexibel von zu Hause aus oder einem Ort ihrer Wahl aus arbeiten. Gerade für Menschen mit Familie stellt die Möglichkeit, flexibel zu bleiben und in der Arbeitszeit private Dinge zu erledigen, eine große Erleichterung dar.
Work-Life-Blending vs. Work-Life-Balance
Das allseits bekannte Modell der Work-Life-Balance bezeichnet ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben und geht von einer klaren Trennung zwischen Work und Life aus. Die moderne Arbeitswelt stellt dieses Prinzip allerdings seit geraumer Zeit in Frage.
- Work-Life-Balance: Die Work-Life-Balance trennt klar zwischen Berufs- und Privatleben. Arbeit und Freizeit werden als Teilbereiche des Lebens verstanden, die ins Gleichgewicht gebracht werden müssen.
- Work-Life-Blending: Beim Work-Life-Blendung werden Arbeit und Freizeit nicht als separate Bereiche verstanden, sondern verschmelzen miteinander. Das bedeutet, dass die Übergänge zwischen ihnen fließend sind.
Der Konflikt einer sich wandelnden Arbeitswelt
Während Arbeit früher bedeutete, zu einer festen Zeit mit seinen Aufgaben zu beginnen und zu enden, löst sich dieses Modell in den letzten Jahren zunehmend auf. So fordern bereits viele Arbeitgeberverbände, den Achtstundentag abzuschaffen. Dieser entspricht aber ohnehin in vielen Arbeitsbereichen nicht mehr der Realität. Die positiven Auswirkungen dieser Entwicklung zeigen sich in einer zunehmenden Arbeitszeitflexibilisierung zu Gunsten der Arbeitnehmer.
Das Ganze kann aber auch negative Folgen haben – zum Beispiel, wenn mit dem Verschmelzen von Arbeit und Privatleben unbezahlte Überstunden und versteckte Lohnsenkungen einhergehen. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig, den Wert von Arbeit neu zu definieren und entsprechende Arbeitszeitmodelle zu schaffen.
Hat die Work-Life-Balance ausgedient?
Tatsächlich widerspricht die Work-Life-Balance dem Trend in der Arbeitswelt nach mehr Flexibilität und Mobilität. Der Grund: Weniger stressig wird der Arbeitsalltag häufig, wenn Mitarbeiter die Möglichkeit haben, Arbeiten auch außerhalb des Büros zu erledigen. So müssen Mitarbeiter, die das Büro früher verlassen, um wichtige private Dinge zu erledigen, kein schlechtes Gewissen haben. Stattdessen haben sie die Möglichkeit, mobil oder von zu Hause aus Kundenanfragen entgegenzunehmen.
Die Work-Life-Balance wird also nach und nach durch die Work-Life-Blending abgelöst. Der Vorteil: Die Arbeitnehmer sind selbstbestimmter und können souveräner mit ihrer Arbeit umgehen. Das führt außerdem dazu, dass sich die Beschäftigten ernstgenommen fühlen und motivierter und produktiver bei der Sache sind. Hinzu kommt, dass sich vor allem Wissensarbeit nicht zu einer bestimmten Uhrzeit abrufen lässt. Ein Mitarbeiter, dem beim Einkaufen eine innovative Idee für die neue Produktversion kommt, hat durch entsprechende Arbeitszeitmodelle die Möglichkeit, diese gleich nach dem Nachhausekommen zu notieren und auszuarbeiten.
Allein durch die digitalisierte Kommunikation verschwimmt die einst strikte Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Eine Grenzziehung ist häufig gar nicht mehr möglich. Ein Beispiel, das fast jeder von uns kennt: Man liest berufliche Nachrichten während des Privatlebens und private Nachrichten während der Arbeit. Heutzutage sehen daher viele Menschen das Work-Life-Blending als Chance und notwendige Weiterentwicklung der Work-Life-Balance.
Chancen und Risiken auf einen Blick
Weg vom strengen Achtstundentag und der 40-Stunden-Woche hin zu mehr Selbstbestimmung und einer 4-Tage-Woche – das Work-Life-Blending kann als Teil einer neuen Lebensphilosophie gesehen werden. Gleichzeitig bringt das Konzept, das sich von klar definierten Grenzen zwischen Privatleben und Arbeit wegbewegt, einige Nachteile mit sich. Wo Chancen und Risiken liegen, zeigt die folgende Übersicht.
Welche Vorteile gibt es beim Work-Life-Blending?
- Ein selbstbestimmteres Leben der Beschäftigten
- Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Verbesserte Nutzung von produktiven Phasen (statt „Absitzen“ von Arbeitszeit)
- Steigerung der Mitarbeitermotivation durch mehr Selbstbestimmung
- Kein Opfern von Urlaubstagen für private Angelegenheiten
Welche Nachteile gibt es beim Work-Life-Blending?
- Unkontrollierte Ausweitung der Arbeit auf Kosten der Arbeitnehmer
- Gesundheitliche Belastungen durch fehlende Kontrollinstanzen
- Zu hohe Leistungserwartungen führen zu Selbstausbeutung
- Aufhebung der Grenzen zwischen Kollegen und Freunden
Work-Life-Blending und Arbeitszeit
Work-Life-Blending entspricht einer ganz neuen Definition von Arbeitszeit. Das frühere Verständnis, nach dem der Arbeitnehmer eine vereinbarte Arbeitsdauer in einem bestimmten Zeitfenster ableistete, verschwindet. Arbeit wird zunehmend als etwas verstanden, über das sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer bestimmen können. Das ist nicht nur für die Beschäftigten gut, sondern auch für die Vorgesetzten: Schließlich können diese ihre Mitarbeiter in dringenden Fällen auch in der eigentlich freien Zeit erreichen.
Welche Auswirkungen hat der Trend auf das Verständnis von Arbeitszeit?
Themen, die außerhalb der klassischen Bürozeiten anfallen, müssen nicht zwangsläufig auf den nächsten Tag verschoben werden. Die Beschäftigten haben ein größeres Mitbestimmungsrecht. Das kommt auch den Arbeitgebern zugute, denn ein motivierter Arbeitnehmer arbeitet besser – und wählt zudem meist den Zeitraum für die Arbeit, in dem er sich selbst am produktivsten einschätzt. (Stichwort: Arbeitsproduktivität-Formel)
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Moderne Arbeitskultur durch Zeiterfassung
Um eine moderne Arbeitskultur zu gewährleisten, sind Arbeitgeber gefordert, entsprechende Arbeitszeitmodelle im Sinne des Work-Life-Blendings zu entwickeln – und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter umzusetzen. Eine Software zur Zeiterfassung wie Papershift sieht Arbeit als Wertgut und bietet die Möglichkeit, das Kommen und Gehen flexibel zu erfassen.
Laut EUGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung sind Arbeitgeber ohnehin verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten zu erfassen. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz darf die Höchstarbeitszeit 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten. Häufig erfordert die Implementierung neuer Arbeitszeitmodelle daher zunächst eine Phase des Experimentierens.
Viele Zeiterfassungssysteme bieten die Möglichkeit, Arbeitsstunden auf Langzeitarbeitskonten – wie eine Art Währung – einzuzahlen. Diese können später wahlweise für längere Urlaube, ein Sabbatical, einen früheren Renteneintritt oder andere Zwecke genutzt werden. Das System erfasst die gearbeiteten Stunden auf einem digitalen Arbeitszeitkonto – und führt zudem Soll- und Ist-Stunden auf.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben so jederzeit einen Überblick über Beginn und Ende der Arbeit – und das ganz einfach über den Browser oder ein mobiles Endgerät wie das eigene Smartphone. Das schafft ein hohes Maß an Transparenz – was in der Regel auch dem Vertrauen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zugute kommt. Spannende Grenzfälle zum Beginn und Ende der Arbeitszeit behandeln wir in unserem Beitrag Wo beginnt die Arbeitszeit und wo endet Sie?
Hinzu kommt, das Zeiterfassungssysteme für Arbeitgeber ein optimales Kontrolltool darstellen. So können Vorgesetzte nicht nur Soll-Ist-Abgleiche vornehmen, sondern auch dafür Sorge tragen, dass sich ihre Beschäftigten durch eine deutliche Überschreitung der Sollstunden nicht überlasten.
So gelingt die Umsetzung im Unternehmen
Da die höhere Flexibilität Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein hohes Maß an Vertrauen abverlangt, sollte die Umsetzung von Work-Life-Blending gut vorbereitet werden.
3 Tipps zur erfolgreichen Implementierung
Tipp 1 – Anpassung der eigenen Einstellung
Work-Life-Blending erfordert eine gewisse Offenheit seitens der Arbeitnehmer. Starre Arbeitszeitregelungen sollten sie hinter sich lassen. Schließlich macht Work-Life-Blending die Arbeit flexibler. Beschäftigte müssen also aufhören, sich schuldig zu fühlen, wenn sie sich während der Arbeit Zeit für private Erledigungen nehmen.
Tipp 2 – Organisation der Arbeit
Wie wir heute wissen, ist Multitasking ein Mythos. Beschäftigte sind im Rahmen des Work-Life-Blending daher aufgefordert, sich im Rahmen der Arbeitsorganisation nicht von privaten Dinge ablenken zu lassen. Die Arbeit ist so zu organisieren, dass beispielsweise Smartphones zu bestimmten Zeiten aus- oder stummgeschaltet sind und keine Ablenkung darstellen. Der Grund: Die Nutzung für private Zwecke ist zwar erlaubt. Um jedoch besser konzentriert arbeiten zu können, ist hier eine klare Trennung wichtig. Diese Trennung zwischen Arbeits- und Freizeitphasen ermöglicht Arbeitnehmern zudem, ihre Arbeit eindeutiger als solche zu erkennen. Die Arbeitszeitdokumentation wird so einfacher und Zweifelsfälle beim Thema Arbeitszeit lassen sich einfacher klären.
Tipp 3 – Ausschalten der Arbeitsgeräte
Damit orts- und zeitunabhängiges Arbeiten nicht in eine gefährliche Dauererreichbarkeit umschlägt, sollten Arbeitnehmer sich regelmäßige und ausreichende Pausen gönnen. Diese Erholungsphasen sind wichtig, damit Körper und Geist Energie tanken können. Dafür ist es manchmal auch erforderlich, Dienstgeräte wie Smartphone und Laptop ganz auszuschalten. Das verhindert, dass man dem Reiz erliegt, nach Feierabend doch noch schnell die letzten Mails zu checken.
Der richtige Umgang mit der Arbeitszeit
Wie können Arbeitgeber ihre Beschäftigten beim richtigen Umgang mit diesem neuen Verständnis von Arbeit unterstützen? Welches Arbeitszeitmanagement ist sinnvoll? Wir geben Tipps für den richtigen Umgang mit der Zeit der Beschäftigten:
- Tools für eine effiziente (und flexible) Arbeitszeiterfassung suchen und nutzen
- Entgrenzung verhindern: Beschäftigte verpflichten, Auszeiten von beruflichen Aufgaben zu nehmen, zum Beispiel über explizite Abschaltzeiten
- Leitfaden für die Beschäftigten, beispielsweise zu folgenden Themen: Richtiges Abschalten, Recht auf Nichterreichbarkeit, Erkennen des eigenen Arbeitsrhythmus, selbstständige Organisation der Arbeit, klare Kommunikation an Vorgesetzte und Kollegen
Kritische Stimmen zum neuen Konzept
Noch immer stehen viele Arbeitnehmer neuen Arbeitszeitmodellen wie dem Work-Life-Blending kritisch gegenüber. So zeigt die Umfrage Talents & Trends, die mehr als 600 Berufstätige zu dem Thema befragte, dass die Zweifel bei den Beschäftigten tief sitzen. Demnach sind 64 Prozent der Befragten der Meinung, dass nur eine strikte Trennung von Arbeit und Freizeit eine Vernachlässigung einer der beiden Bereiche verhindern können. Rund 70 Prozent sind überzeugt, dass bei einer Vermischung der Welten das Privatleben immer mehr leidet. Und 40 Prozent sagen aus, dass sie selbst durch Work-Life-Blending regelmäßig Mehrarbeit leisten müssen. Ebenfalls 40 Prozent erkennen dahingegen aber auch die Vorteile für die Karriere, die mit einem gut umgesetzten Work-Life-Blending einhergehen.
Wie Work-Life-Blending die Arbeitswelt verändert
Work-Life-Blending ist zwar ein Trend, sollte aber keinesfalls als temporäre Bewegung verstanden werden, die bald wieder abklingen wird. Das zeigt bereits die zunehmende Digitalisierung, die die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit unweigerlich verschwimmen lässt – ganz ohne, dass die Arbeitgeber dies aktiv forcieren würden. Schließlich steckt unsere Arbeitswelt bereits mitten drin in einem Umwälzungsprozess, der umfassende Veränderungen mit sich bringt und voraussichtlich noch länger anhalten wird.
Das neue Arbeitskonzept Work-Life-Blending
Work-Life-Blending als Arbeitszeitkonzept versucht eine sinnvolle Einbindung beider Lebensbereiche in die moderne Unternehmenskultur zu erreichen. Es geht darum, die ohnehin stattfindenden Veränderungen sinnvoll anzureichern – und praktikable Maßnahmen für die Arbeitsrealität in den Unternehmen zu schaffen. Dabei müssen Unternehmen stets berücksichtigen, dass ihre Beschäftigten Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Erwartungen sind.
Arbeitgeber werden daher in Zukunft noch stärker aufgefordert sein, ihren Beschäftigten flexible und verschiedene Arbeitsmodellen mit der Möglichkeit zum Zeitausgleich zur Auswahl zu stellen. Eine wertvolle Hilfe bieten dabei Zeiterfassungssysteme wie Papershift.