Weniger Gehalt als männlicher Kollege: Bundesarbeitsgericht entscheidet zugunsten der Klägerin

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die Mitarbeiterin eines Unternehmens Anspruch auf die gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege hat.
Gender Pay Gap

© ink drop / Adobe Stock

Weniger Gehalt als männlicher Kollege: Bundesarbeitsgericht entscheidet zugunsten der Klägerin

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die Mitarbeiterin eines Unternehmens Anspruch auf die gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege hat. Der Arbeitgeber hatte sich auf unterschiedliches Verhandlungsgeschick berufen.

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Ob es eine gesetzeswidrige Benachteiligung einer Arbeitnehmerin gegenüber ihrem männlichen Kollegen hinsichtlich des Gehalts gab, hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschieden. Im betreffenden Fall geht es um eine Frau, die von einer Metallbaufirma in Sachsen nahe Dresden für die gleichen Tätigkeiten 1000 Euro monatlich weniger erhielt als ihr männlicher Kollege. Die Frau erhielt für die Einarbeitungszeit ab dem 1. März 2017 ein Grundgehalt von 3500 Euro brutto. Ab dem 1. August 2018 wurde die Vergütung im Haustarifvertrag geregelt. Dieser sah für die Tätigkeit der Klägerin ein Grundgehalt von 4.140 Euro brutto vor. Allerdings wurde das Grundgehalt der Klägerin aufgrund einer Deckelungsklausel des Haustarifvertrags zunächst nur um 120 Euro brutto monatlich erhöht. Somit erhielt die Klägerin ab dem 1. August 2018 ein Grundgehalt von 3.620 Euro / Monat.

Diesen Konditionen stimmte die Frau zu. Allerdings kam bei ihr nach kurzer Zeit der Verdacht auf, dass ihr zwei Monate zuvor eingestellter männlicher Kollege für die gleichen Aufgaben mehr verdient. Tatsächlich betrug der Unterschied beim Grundgehalt 1000 Euro pro Monat, nach Einführung eines Tarifvertrags 500 Euro.

Für den Zeitraum von 2017 bis 2019, in dem die Frau beim beklagten Unternehmen arbeitete, fordert sie eine Nachzahlung von 14.500 Euro sowie eine Entschädigung von mindestens 6.000 Euro für die vorgeblich erlittene Diskriminierung.

Arbeitgeber beruft sich auf Unterschiede beim Verhandlungsgeschick

Laut ihrem Arbeitgeber war der Gehaltsunterschied im unterschiedlichen Verhandlungsgeschick der beiden Personen begründet. Beide hätten zunächst das gleiche Gehaltsangebot erhalten. Der Arbeitgeber berief sich außerdem auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit.

Als weiteres Argument führte das beklagte Unternehmen an, der männliche Kollege sei einer besser bezahlten Arbeitnehmerin nachgefolgt und habe deshalb ein höheres Grundgehalt erhalten.

In den Vorinstanzen hatte das beklagte Unternehmen beim Arbeitsgericht sowie beim Landesarbeitsgericht Sachsen Recht bekommen.

BAG sieht Entgeltdiskriminierung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass es sich im vorliegenden Fall um Entgeltdiskriminierung handelt. Nach Auffassung des Gerichts hat das beklagte Unternehmen die Arbeitnehmerin von März bis Oktober 2017 sowie im Juli 2018 aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, indem es der Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundgehalt bezahlt habe als ihrem männlichen Kollegen. Die Begründung des Unternehmens, der männliche Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten, ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt und habe deshalb ein höheres Entgelt erhalten, folgte das BAG nicht. Es entschied, dass die Klägerin einen Anspruch auf das gleiche Grundgehalt habe wie ihr männlicher Kollege. Dem beklagten Unternehmen sei es nicht gelungen, die vermutete Benachteiligung aufgrund des Geschlechts zu widerlegen.

Das Gericht entschied außerdem, dass die Deckelungsklausel im Haustarifvertrag für die Klägerin keine Anwendung findet, weil diese zuvor kein tarifliches, sondern ein einzelvertraglich vereinbartes Entgelt erhalten habe.

Zudem sprach das Gericht der Klägerin eine Entschädigung wegen der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts in Höhe von 2.000 Euro zu.

Das Gericht hat für seine Entscheidung geprüft, ob es objektive, geschlechtsneutrale Gründe für eine geringere Bezahlung gab und ob sich der Arbeitgeber darauf berufen kann, der Klägerin zunächst das gleiche Grundgehalt angeboten zu haben wie ihrem männlichen Kollegen.

Gender Pay Gap in Deutschland besteht noch, wird aber kleiner

In Deutschland kommt es noch immer zu unterschiedlicher Bezahlung von Männern und Frauen. Der geschlechterspezifische Verdienstabstand, auch als Gender Pay Gap bezeichnet, lag nach Zahlen des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 bei 18 Prozent. Der Bruttostundenverdienst bei Frauen betrug durchschnittlich 20,05 Euro, der Bruttostundenverdienst der Männer 24,36 Euro. Die Differenz lag damit bei 4,31 Euro.

Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass Frauen häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten. Damit und mit geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen lassen sich laut Statistischem Bundesamt etwa zwei Drittel der unterschiedlichen Bezahlung bei Frauen und Männern erklären. Nach dieser Bereinigung verbleibt eine Lücke von rund sieben Prozent.

Seit 2006 ist der geschlechterspezifische Verdienstabstand kleiner geworden. Damals betrug er noch 23 Prozent, also fünf Prozentpunkte mehr als 2022.

Unterschiede gibt es zwischen alten und neuen Bundesländern: Während der Gender Pay Gap in Westdeutschland im Jahr 2022 19 Prozent betrug, waren es in Ostdeutschland nur sieben Prozent.

Entgelttransparenzgesetz soll Gender Pay Gap verringern

Seit 2007 soll das Entgelttransparenzgesetz für eine Annäherung der Gehälter von Männern und Frauen sorgen. In Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern besteht nach dem Gesetz die Möglichkeit, Auskunft zu den Gehältern von Mitarbeitern des anderen Geschlechts mit vergleichbarer Tätigkeit zu erhalten. Dabei gibt es jedoch Einschränkungen. Das Gehalt eines einzelnen Mitarbeiters kann nicht angefragt werden, sondern lediglich der Medianwert für Gruppen von Mitarbeitern ab sechs Personen.

Vom Entgelttransparenzgesetz nicht abgedeckt sind unterschiedliche Gehälter von Kollegen mit gleichen Tätigkeiten desselben Geschlechts. Auch hier kann es je nach Unternehmen und Bereich zu deutlichen Abweichungen kommen. Oftmals liegt die Ursache der unterschiedlichen Bezahlung in den zu Beginn ausgehandelten Konditionen, die wiederum aus unterschiedlichen Rahmenbedingungen, konjunkturellen Besonderheiten oder aus abweichenden individuellen Faktoren resultieren können.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.