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Wann der Arbeitgeber Minusstunden anweisen kann
Ob der Arbeitgeber den Abbau angesammelter Arbeitsguthaben anordnen oder sogar den Aufbau von Minusstunden anordnen kann, hängt davon ab, ob ein Arbeitszeitkonto geführt wird.
In Zeiten geringerer Auslastung oder sinkender Auftragsmenge kann es für ein Unternehmen attraktiv sein, seine Mitarbeiter weniger arbeiten zu lassen, um sie dafür in Zeiten größer Auslastung zusätzlich einplanen zu können. Doch ohne Weiteres können Arbeitgeber nicht Minder- oder Mehrarbeit anordnen. Das gilt sowohl für den Abbau von angesammeltem Überstundenguthaben als auch für den Aufbau sogenannter Minusstunden. Diese entstehen, wenn ein Mitarbeiter weniger arbeitet als die im Arbeitsvertrag festgelegte Arbeitszeit.
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Mitarbeiter auf der anderen Seite sind natürlich daran interessiert, ihr Arbeitszeitguthaben dann abzufeiern, wenn es für sie am günstigsten ist. Sie verwenden sie zum Beispiel, um eine längere Auszeit zu nehmen oder um den Urlaub zu verlängern.
Ob das Anordnen des Abbaus von Überstunden oder des Aufbaus von Minusstunden durch den Arbeitgeber zulässig ist, hängt von der jeweiligen Situation ab. Entscheidend ist, ob es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung über das Führen eines Arbeitszeitkontos gibt.
Situation ohne vereinbartes Arbeitszeitkonto
Wurde weder per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, noch per Arbeitsvertrag eine Regelung zum Führen eines Arbeitszeitkontos getroffen, dürfen Minusstunden grundsätzlich nicht verrechnet werden. Kann die im Arbeitsvertrag geregelte feste Wochenarbeitszeit durch den Arbeitnehmer nur deshalb nicht erbracht werden, weil ihn der Arbeitgeber nicht einteilt, schuldet dieser dem Arbeitnehmer dennoch die vereinbarte Vergütung. Konkret heißt das: Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer zwar nach Hause schicken, schuldet ihm aber dennoch die Vergütung für die volle Arbeitszeit. Er befindet sich gemäß § 615 BGB im Annahmeverzug der Leistung. Und mehr noch: Der Arbeitgeber hat nicht das Recht, die im betreffenden Zeitraum weniger erbrachte Arbeitszeit später nachzufordern. Lediglich die im vertraglichen und gesetzlichen Rahmen möglichen Überstunden können angeordnet werden.
Situation mit vereinbartem Arbeitszeitkonto
Wenn zwischen den Parteien ein Rahmen vereinbart wurde, innerhalb dessen Plus- und Minusstunden auf- und abgebaut werden können, wenn also ein Arbeitszeitkonto existiert, dann ist der Arbeitgeber dazu berechtigt, Arbeitszeit über den geschuldeten Umfang hinaus anzuordnen. Gleichwohl kann der Arbeitgeber aber auch eine geringere als die vereinbarte Arbeitszeit anzuordnen. Im Arbeitszeitkonto werden diese zusätzlichen bzw. geringeren Arbeitszeiten als Plus- oder Minusstunden verrechnet.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer dem Abbau seines Arbeitszeitguthabens zustimmt oder auf andere Weise sein Einverständnis erklärt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Weisung durch den Arbeitgeber sogenanntem billigem Ermessen gemäß § 315 BGB entspricht oder keine sonstigen Konkretisierungen der Arbeitszeit getroffen wurden. „Billig“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber bei Ausübung seines Ermessensspielraums in angemessener Weise die Interessen der Beschäftigten zum Beispiel mit Blick auf ihre privaten Lebensumstände zu berücksichtigen hat.
Fazit
Ob ein Arbeitgeber Minusstunden anordnen darf oder nicht, hängt also davon ab, ob ein Arbeitszeitkonto vereinbart wurde, oder nicht. Existiert ein Arbeitszeitkonto, dürfen Minusstunden angeordnet werden, ansonsten nicht.
Ob die Nutzung von Minusstunden allerdings sinnvoll und für Unternehmen von Nutzen ist, sollte zuvor sorgfältig geprüft werden. Es gibt verschiedene Argumente, die gegen Minusstunden sprechen.