Wachstumsinitiative: Ausnahmen bei der maximalen Arbeitszeit, nichts Neues zur Arbeitszeiterfassung

Die von der Bundesregierung beschlossene Wachstumsinitiative sieht Anreize zur Mehrarbeit sowie zur Arbeit im Alter vor und ermöglicht Ausnahmen von der täglichen Höchstarbeitszeit.
Wirtschaftsleistung und BIP - symbolisiert durch ein Containerschiff

© Kalyakan / Adobe Stock

Wachstumsinitiative: Ausnahmen bei der maximalen Arbeitszeit, nichts Neues zur Arbeitszeiterfassung

Die von der Bundesregierung beschlossene Wachstumsinitiative sieht Anreize zur Mehrarbeit sowie zur Arbeit im Alter vor und ermöglicht Ausnahmen von der täglichen Höchstarbeitszeit. Zum Thema Arbeitszeiterfassung erfährt man dagegen nichts Neues.

49 Punkte umfasst die sogenannte Wachstumsinitiative, welche die Bundesregierung zusammen mit dem Bundeshaushalt für das Jahr 2025 auf den Weg gebracht hat.

Interessant an dem vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Dokument (PDF) ist aus Sicht von Arbeitnehmern insbesondere der Punkt 20 mit dem Titel “Mehrarbeit honorieren und Flexibilität ermöglichen”. Unter diesem Punkt werden verschiedene Maßnahmen zusammengefasst:

  • Zuschläge für Mehrarbeit, welche die tariflich vereinbarte Vollarbeitszeit übersteigt, sollen künftig steuerfrei sein. Als Vollarbeitszeit zählen 34 Stunden für tarifliche Arbeitsverhältnisse und 40 Stunden für die übrigen Arbeitsverhältnisse.
  • Prämien, die Arbeitgeber an Teilzeitkräfte für die Ausweitung ihrer Arbeitszeit zahlen, sollen steuerlich begünstigt werden. Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Missbrauch ausgeschlossen werden soll – wie das funktionieren soll, ist dem Dokument nicht zu entnehmen.
  • Die Regeln aus dem Arbeitszeitgesetz zur täglichen Höchstarbeitszeit sollen begrenzt und befristet außer Kraft gesetzt werden. Voraussetzung ist, dass Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen dies vorsehen. Die Regelung soll evaluiert werden. Es wird betont, dass bei der Weiterentwicklung des Arbeitsrechts Vertrauensarbeitszeit auch zukünftig möglich sein soll.
  • Sonderregelungen zur telefonischen Krankschreibung durch Arztpraxen, welche zu Zeiten der Corona-Pandemie galten, sollen von der Bundesregierung geprüft und, sofern erforderlich, in eine möglichst bürokratiearme Lösung überführt werden.

Keine Erwähnung in der Wachstumsinitiative findet sich dagegen zum Thema Arbeitszeiterfassung. Dabei gäbe es auch hier die Chance, Unternehmen und Mitarbeiter zu entlasten, indem die Bundesregierung hier Vorgaben für flexible, gleichzeitig aber auch für verlässliche Lösungen macht – zum Beispiel, indem sie Mindestanforderungen für eine elektronische Zeiterfassung und ggf. Ausnahmen für bestimmte Unternehmen festlegt.

Anreize für längeres Arbeiten im Alter

Um mehr Arbeitnehmern die Möglichkeit zu bieten, auch nach dem Erreichen des Renteneintrittsalters ihren Beruf auszuüben, wird für sie das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot abgeschafft. Viele Arbeitsverträge enthalten die Klausel, dass diese mit dem Erreichen des Renteneintrittsalters enden. Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren – auch dann, wenn sie gerne noch weiterarbeiten würden. Das Vorbeschäftigungsverbot sorgte bisher dafür, dass betroffene Arbeitnehmer keine befristete Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses bekommen konnten, denn es ist Arbeitgebern bisher untersagt, Arbeitsverträge für solche Mitarbeiter sachgrundlos zu befristen, die zuvor bereits einmal bei ihnen beschäftigt waren – ganz gleich, ob zuvor ein befristetes oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. Geregelt ist das in § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfrG). Dabei darf die sachgrundlose Befristung jedoch die Dauer von acht Jahren oder zwölf Befristungen nicht übersteigen.

Mit der Abschaffung des Vorbeschäftigungsverbots ergeben sich nun ganz neue Möglichkeiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Weitere Erleichterungen für Arbeitnehmer im Rentenalter:

  • Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung werden gestrichen und dem Arbeitnehmer ausbezahlt.
  • Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung werden gestrichen und dem Arbeitnehmer ausbezahlt.
  • Monatliche Zuschläge für das Aufschieben der Rente oder eine einmalige Zahlung. Die Rentenaufschubprämie soll abgabenfrei sein.
  • Der Arbeitnehmer erhält den Betrag, den die Rentenversicherung für nicht benötigte Zahlungen an die Krankenversicherung einspart.

Bewertung

Die von der Bundesregierung beschlossenen Regelungen zur Arbeitszeit im Rahmen der Wachstumsinitiative haben das Ziel, dass Beschäftigte mehr und länger arbeiten – nicht, weil sie dazu gezwungen werden, sondern dann, wenn sie dies selbst wünschen. Dazu werden entsprechende Anreize gesetzt.

Diskussionswürdig sind dabei einige Aspekte. Warum zum Beispiel erhalten nicht tariflich Beschäftigte erst ab der 41. Wochenstunde die Möglichkeit für steuerfreie Zuschlagszahlungen, tariflich Beschäftigte jedoch schon ab der 35. Wochenstunde? Greift die Möglichkeit für längere Tagesarbeitszeiten, wenn sie auf entsprechende Tarifverträge beschränkt bleibt, nicht zu kurz? Und warum fällt es der Bundesregierung so schwer, eine bürokratiearme Form der Arbeitszeiterfassung gesetzlich zu regeln?

Auf der anderen Seite muss man anerkennen, dass die Wachstumsinitiative Impulse geben kann, ohne den Staat gleichzeitig viel Geld zu kosten. Die Ausweitung des Spielraums für alle Akteure, auch für diejenigen, die im Alter noch länger und über das Renteneintrittsalter hinaus arbeiten möchten, könnte tatsächlich positive Auswirkungen auf die Entwicklung haben und dem Fachkräftemangel sowie dem demografischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt entgegenwirken.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.