Zusammenfassung
- Mitarbeiter in Vollzeit sind weder emotional noch körperlich häufiger erschöpft als Teilzeitkräfte.
- Bei überlangen Arbeitszeiten kommt es häufiger zu körperlicher Erschöpfung.
- Die Arbeitsbedingungen und soziale Faktoren wirken sich auf die wahrgenommene Erschöpfung aus.
- 37 Prozent der abhängig Beschäftigten in Deutschland arbeiten in Vollzeit.
- Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei Vollzeitbeschäftigten beträgt 43 Stunden.
Inhalt
Vollzeit und Erschöpfung: kein zwingender Zusammenhang laut Analyse
Eine aktuelle Analyse zeigt, dass sich Mitarbeiter in Vollzeit nicht häufiger emotional oder körperlich erschöpft fühlen als Mitarbeiter in Teilzeit. Es kommt jedoch auf die Umstände an. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen emotionaler und körperlicher Erschöpfung.
Einen zwingenden Zusammenhang zwischen Vollzeit- und Teilzeitarbeit auf der einen Seite und der Erschöpfung der Mitarbeiter auf der anderen Seite gibt es nicht, wenn man einer aktuellen Analyse des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft glauben darf. Sie basiert auf Daten der Arbeitszeiterhebung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus dem Jahr 2021. Demnach arbeitet ein Großteil der abhängig Beschäftigten in Deutschland, nämlich rund 37 Prozent, in einer sogenannten normalen Vollzeit zwischen 35 und 40 Wochenstunden. Im Durchschnitt lag die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit aller abhängig Beschäftigten bei etwa 38,4 Stunden, während Vollzeitkräfte mit mindestens 35 Wochenstunden im Schnitt auf rund 43 Stunden kamen. Ein kleinerer Teil der Beschäftigten, etwa 11,7 Prozent, weist überlange Arbeitszeiten von mehr als 48 Wochenstunden auf.
Beschäftigte in Vollzeit fühlen sich weder körperlich noch emotional häufiger erschöpft
Entgegen der Annahme, dass Vollzeitbeschäftigte generell stärker von Erschöpfung betroffen sein könnten, zeigt die BAuA-Arbeitszeiterhebung, dass sich Beschäftigte in normaler Vollzeit (35 bis 40 Stunden) weder körperlich noch emotional häufiger erschöpft fühlen und ihre Arbeit auch nicht negativer bewerten als Teilzeitkräfte. Dieses Ergebnis widerspricht der These, dass eine generelle Arbeitszeitverkürzung für Vollzeitkräfte zur Gesundheitsförderung notwendig sei. Vielmehr scheinen andere Faktoren wie die Art der Tätigkeit und persönliche Merkmale eine größere Rolle für das Ausmaß potenzieller Belastungen zu spielen. Allerdings zeigt die Analyse deutlich, dass Erschöpfungszustände bei denjenigen, die sehr lange arbeiten – mehr als 48 Wochenstunden – signifikant häufiger auftreten.
Gründe für lange Arbeitszeiten entscheidend
Die Gründe für Überstunden sind vielfältig und können je nach Arbeitszeitmodell variieren. Die BAuA-Arbeitszeiterhebung hat ergeben, dass Beschäftigte, die länger arbeiten als vertraglich vereinbart, dies am häufigsten tun, weil die Arbeit sonst nicht zu schaffen wäre. Interessanterweise ist für diejenigen, die mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten, der Spaß an der Arbeit ein deutlich häufigeres Motiv für Überstunden als bei Personen mit kürzeren Arbeitszeiten. Auch der Wunsch, mehr zu verdienen oder beruflich voranzukommen, ist für diese Gruppe ein wichtiger Beweggrund. Weniger relevant sind hingegen das Ansparen von Freizeitausgleich oder betrieblich angeordnete Überstunden. Das deutet darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Beschäftigten mit sehr langen Arbeitszeiten diese aus persönlichen Motiven wie Karriereziele, Einkommenswünsche oder Freude an der Arbeit leistet.
Körperliche Erschöpfung stärker von langen Arbeitszeiten beeinflusst
Obwohl lange und überlange Arbeitszeiten tendenziell mit erhöhten Erschöpfungszuständen einhergehen, zeigen manche Arbeitnehmer in diesen Gruppen keine oder nur geringe Anzeichen von Erschöpfung. Das lässt sich zum Teil durch Selektionseffekte bzw. Auswahlverzerrungen erklären. So arbeiten beispielsweise häufig Führungskräfte und Experten überdurchschnittlich lange. Diese Gruppen haben oft größere Handlungsspielräume bei der Gestaltung ihrer Arbeit. Zudem können kompensierende Merkmale am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielen. Die Analyse zeigt, dass ein gutes soziales Miteinander im Team und vorhandene Handlungsspielräume dazu beitragen können, emotionale Erschöpfungszustände zu reduzieren. Wenn Beschäftigte die Zusammenarbeit mit ihren Kollegen als angenehm empfinden oder Unterstützung von ihrem Vorgesetzten erhalten, fallen Unterschiede in der emotionalen Erschöpfung zwischen verschiedenen Arbeitszeitgruppen geringer aus.
Auch die Möglichkeit, die eigene Arbeit mitzugestalten, die Arbeitsdurchführung selbst zu bestimmen oder Einfluss auf die Arbeitsmenge zu haben, kann emotionaler Erschöpfung entgegenwirken.
Im Gegensatz dazu scheint die körperliche Erschöpfung stärker von der reinen Dauer der Arbeitszeit abhängig zu sein und wird durch die genannten Arbeitsplatzmerkmale weniger beeinflusst oder kann sich sogar verstärken, etwa wenn lange Arbeitszeiten mit hoher Verantwortung zur Selbstorganisation einhergehen.
Fazit
Bei normaler Vollzeitarbeit zeigen sich keine negativen Effekte im Vergleich zu Teilzeitarbeit. Entscheidend scheinen die Gestaltbarkeit der Arbeit und das soziale Umfeld im Betrieb zu sein, die zumindest die emotionale Belastung maßgeblich beeinflussen können.
Bei überlangen Arbeitszeiten kann es jedoch zu körperlicher Erschöpfung kommen. Das kann insbesondere dann ein gesundheitliches Risiko darstellen, wenn eine gleichzeitige emotionale Erschöpfung ausbleibt und deshalb weitergearbeitet wird.