Verweis auf Koalitionsvertrag: FDP drängt auf flexiblere Arbeitszeiten

Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Möglichkeiten für flexiblere Arbeitszeiten sind noch nicht umgesetzt – ebenso wie die verpflichtende Arbeitszeiterfassung. Beide Themen blockieren einander.
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Erstellt per KI

Verweis auf Koalitionsvertrag: FDP drängt auf flexiblere Arbeitszeiten

Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Möglichkeiten für flexiblere Arbeitszeiten sind noch nicht umgesetzt – ebenso wie die verpflichtende Arbeitszeiterfassung. Beide Themen blockieren einander.

Zwei strittige Themen sorgen derzeit für Konflikte innerhalb der Bundesregierung: die gesetzliche Regelung zu einer verpflichtenden Arbeitszeiterfassung sowie die Möglichkeit für flexiblere Arbeitszeiten.

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Zum zweiten Thema wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, dass im Jahr 2022 eine befristete Möglichkeit zur flexibleren Gestaltung der Arbeitszeiten geben sollte. Diese Möglichkeit soll aber nur durch tarifvertragliche Vereinbarungen geschaffen werden können. Der Grundsatz des Acht-Stunden-Tages solle weiterhin gelten. Wörtlich heißt es dazu im Koalitionsvertrag auf Seite 68:

Wir halten am Grundsatz des 8-Stunden-Tages im Arbeitszeitgesetz fest. Im Rahmen einer im Jahre  2022 zu treffenden, befristeten Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, auf Grund von Tarifverträgen, dies vorsehen (Experimentierräume).

Termin für den Start des Experiments schon lange überschritten

Weil das Jahr 2022 inzwischen lange vorüber ist, ohne dass das im Koalitionsvertrag vereinbarte Experiment beginnen konnte, regt sich Unruhe in der FDP sowie bei den Arbeitgebern. So kritisiert der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP, Pascal Kober, gegenüber dem Handelsblatt, man halte noch immer an starren Tageshöchstarbeitszeiten fest, anstatt flexible Wochenarbeitszeiten zu ermöglichen. Kober verweist auf den bestehenden Fachkräftemangel und 1,7 Millionen nicht besetzte Stellen, deren Anzahl bis zum Jahr 2030 aufgrund des Ausscheidens vieler Erwerbstätiger aus dem Arbeitsmarkt weiter ansteigen dürfte. Trotz der großen Anzahl von Menschen, welche die Rente mit 63 in Anspruch nehmen, leiste man es sich, den Menschen im Weg zu stehen, die länger arbeiten können und wollen.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger erklärte, man brauche ein Arbeitszeitrecht, das den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entspreche. Es gehe außerdem darum, den Beschäftigten eine flexible Gestaltung ihres Arbeitstages zu ermöglichen, damit sie sich zum Beispiel um die Betreuung ihrer Kinder kümmern können. Das gehöre zur modernen Mitarbeiterbindung.

Derzeit schreibt das deutsche Arbeitszeitgesetz eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden vor, die aber auf bis zu zehn Stunden erweitert werden kann. Innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen darf die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht übersteigen. Die EU-Arbeitszeitrichtlinie sieht dagegen keine tägliche Höchstarbeitszeit vor, sondern legt die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 48 Stunden fest. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Mindestruhezeit von elf Stunden sowie der vorgeschriebenen Pausenzeiten von 45 Minuten könnte die tägliche Arbeitszeit daher bis zu 12,25 Stunden betragen.

Auch bei der Arbeitszeiterfassung geht es nicht weiter

Das zweite Thema, bei dem die Koalition gerade nicht weiterkommt, ist die gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung, die nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesarbeitsgerichts notwendig ist und deren Prüfung ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Auf Seite 68 des Dokuments steht:

Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitszeitrecht sehen. Dabei müssen flexible Arbeitszeitmodelle (z. B. Vertrauensarbeitszeit) weiterhin möglich sein.

Der aktuelle Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums, der inzwischen mehr als ein halbes Jahr alt ist, sieht eine tägliche und elektronische Arbeitszeiterfassung vor. Ausnahmen sollen nur für Kleinunternehmen bis zu zehn Mitarbeitern sowie für tarifgebundene Unternehmen möglich sein. Das reicht der FDP nicht aus. Sie fordert flexible Lösungen für alle Unternehmen sowie weiterhin die Möglichkeit für Vertrauensarbeitszeit ohne verpflichtende Arbeitszeiterfassung. Die Gespräche innerhalb der Koalition zu diesem Thema dauern an, haben aber laut Bundesarbeitsminister Heil derzeit nicht die höchste Priorität.

Wie geht es weiter?

Derzeit scheinen sich beide Themen zu blockieren. Die FDP wünscht sich mehr Flexibilität bei der Arbeitszeiterfassung, aber auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Verbindliche Regelungen zur Arbeitszeiterfassung sind vor allem der SPD und den Grünen wichtig. Durch ein Entgegenkommen der Koalitionäre könnte es in beiden Fragen zu Fortschritten kommen.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.