Umfrage zeigt: Wettbewerb der Unternehmen um die besten Mitarbeiter wird härter

Viele Unternehmen blicken sorgenvoll auf die Entwicklung im Recruiting. Immer mehr Jobsuchende springen während des Bewerbungsprozesses ab. Daran zeigt sich eine Machtverschiebung auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer.
Bewerbungsgespräch

© Ralf Geithe / Adobe Stock

Umfrage zeigt: Wettbewerb der Unternehmen um die besten Mitarbeiter wird härter

Viele Unternehmen blicken sorgenvoll auf die Entwicklung im Recruiting. Immer mehr Jobsuchende springen während des Bewerbungsprozesses ab. Daran zeigt sich eine Machtverschiebung auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer.

Der ohnehin schon grassierende Fachkräftemangel in Deutschland wird sich vermutlich weiter verstärken. Laut einer vom Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag von Xing durchgeführten Umfrage rechnen zwei Drittel der Personalentscheider mit einer Verschärfung der Situation in diesem Jahr. Befragt wurden 500 Personalleiter in Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.

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Unterschiede je nach Unternehmensgröße und Branche

Die größten Sorgen herrschen bei Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Hier rechnen mehr als drei Viertel der Personalleiter (78 Prozent) mit einer Zuspitzung der Lage.

Je nach Branche gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Besonders skeptisch ist man im Gesundheits- und Sozialwesen. 71 Prozent der Befragten rechnen hier mit einer Verschlechterung der Lage, während 23 Prozent eine gleichbleibend kritische Situation erwarten.

Nicht viel besser sieht es in der Industrie und im Dienstleistungsbereich aus: 65 bzw. 68 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass es in diesem Jahr schwieriger wird, neue Mitarbeiter zu finden. Derzeit gibt es derzeit nach Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung 1,82 Millionen offene Stellen (Stand November 2022).

Viele Bewerber springen ab

Und selbst wenn sich einmal passende Bewerber für eine Stelle gefunden haben, muss das nicht bedeuten, dass es auch zum Vorstellungsgespräch oder gar zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrags kommt. Viele Bewerber springen nämlich vorher ab. Das spiegeln die Zahlen der Umfrage wider: 37 Prozent der verantwortlichen Personen in der HR gaben an, dass innerhalb der letzten zwölf Monate Kandidaten gelegentlich abgesagt hätten. Bei fast einem Viertel der Befragten (24 Prozent) kam das sogar häufig bis sehr häufig vor. Fast jeder Personalleiter (90 Prozent) musste diese Erfahrung zumindest einmal machen.

Stärkere Konkurrenz und fehlende Flexibilität der Arbeitgeber

Doch warum ist das so? Eine Erklärung ist die große Konkurrenz unter den Arbeitgebern, die um die besten Arbeitskräfte buhlen. Manche Arbeitgeber zeigen sich laut Umfrage zu unflexibel im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen (Stichworte sind Arbeitszeiten, Homeoffice, Work-Life-Balance  und viele mehr). Doch auch das Bewerbermanagement an sich kann zum Problem werden. Ist es zu kompliziert gehalten, kann das ebenfalls die Absprungrate nach oben treiben. Ebenfalls nicht zuträglich ist es, wenn Mitarbeiter in der HR viel Zeit für Routinearbeiten aufwenden müssen, weil es zum Beispiel keine effizienten Systeme für Themen wie Gehaltsabrechnungen oder Zeiterfassung gibt.

Immerhin 56 Prozent der Personalleiter haben Interesse daran, den Bewerbungsprozess zu vereinfachen und zu beschleunigen. In größeren Unternehmen ab 250 Mitarbeitern liegt der Anteil sogar bei 72 Prozent. Das soll zum Beispiel durch Bewerbungsmöglichkeiten per WhatsApp oder andere soziale Medien ermöglicht werden.

Bedeutung der Bestandsmitarbeiter

Aus diesen Gründen müssen Unternehmen sich des Beitrags und des Wertes bestehender Mitarbeiter besonders bewusst sein. Wenn es mit den Neueinstellungen nicht klappt, sind Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung und zur Fortbildung besonders wichtig. So gaben die Befragten in der Erhebung mehrheitlich (53 Prozent) an, sie hätten gerne mehr Zeit für das Retention Management.

Active Sourcing und Talent Pooling

Eine wichtige Rolle kommt auch dem Active Sourcing zu, also dem aktiven Ansprechen potentieller Bewerber. 64 Prozent der Personalverantwortlichen erwarten eine steigende Bedeutung des Active Sourcings. In Unternehmen ab 250 Beschäftigten liegt der Anteil sogar bei 74 Prozent. Das gilt in ähnlicher Weise für das sogenannte Talent Pooling. Darunter versteht man das frühzeitige Erkennen potentieller Kandidaten, um diese später bei Bedarf ansprechen zu können. 60 Prozent der Personalverantwortlichen sehen hier eine zusätzliche Chance.

Zu den ebenfalls als bedeutsam erachteten Maßnahmen zählen Coaching und Fortbildung von Mitarbeitern (63 Prozent) und Führungskräften (54 Prozent) sowie das Employer Branding (49 Prozent).

Auch die Datenanalyse und das Reporting werden nach den Ergebnissen der Umfrage wichtiger. Sie können die Chancen von Unternehmen auf dem Bewerbermarkt verbessern.

Weiche Faktoren sind für den Verbleib von Mitarbeitern besonders wichtig

Nach Auffassung der HR-Verantwortlichen sind es vor allem weiche Faktoren, die Mitarbeiter zum Bleiben bewegen. Hier werden die Arbeitsatmosphäre, die Unternehmenskultur und vor allem die Job-Zufriedenheit (80 Prozent) genannt. Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird als wichtig angesehen (71 Prozent). Dagegen spielt das Gehalt mit 54 Prozent eine weniger wichtige Rolle. Dennoch drehen sich Personalgespräche oftmals gerade um die Höhe des Gehalts. Laut 75 Prozent der Befragten ist dies dort das wichtigste Thema. Danach folgen Gespräche über Arbeitsaufgaben und berufliche Perspektiven (73 Prozent) sowie Zufriedenheit im Job (70 Prozent).

Arbeitsmarkt hat sich gedreht

Eines wird in der Umfrage sehr deutlich: Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Inzwischen sitzen die Arbeitnehmer am längeren Hebel. Unternehmen müssen sich bei Talenten bewerben, nicht umgekehrt. Beim Wettbewerb um die besten Mitarbeiter spielen neben der Unternehmenskultur und anderen weichen Faktoren wie der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, auch die Prozesse im Recruiting eine entscheidende Rolle. Hier gibt es für viele Unternehmen noch viel Luft nach oben.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.