‚Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten‘: Ist diese Klausel zulässig?

Ist die in manchen Arbeitsverträgen enthaltene Klausel ‚Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten‘ rechtlich zulässig? Dazu gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Dieses besagt, dass diese allgemeine Formulierung ohne Konkretisierung nicht rechtens ist.
Arbeitsvertrag: Pauschale Klausel zur Abgeltung von Überstunden ist unwirksam

© PheelingsMedia / Adobe Stock

‚Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten‘: Ist diese Klausel zulässig?

Ist die in manchen Arbeitsverträgen enthaltene Klausel ‚Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten‘ rechtlich zulässig? Dazu gibt es ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Dieses besagt, dass diese allgemeine Formulierung ohne Konkretisierung nicht rechtens ist.

In Deutschland wurden im Jahr 2022 rund 1,3 Milliarden Überstunden geleistet, etwa 700 Millionen davon unbezahlt. Grundsätzlich sind Überstunden zulässig, aber es muss im Arbeitsvertrag klar geregelt sein, ob und wie Überstunden kompensiert werden.

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Klauseln zur Abgeltung von Überstunden waren früher oft zu allgemein

Und genau da lag vor allem früher das Problem in manchen Arbeitsverträgen. Sie enthielten nämlich Klauseln wie diese:

  • „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.“
  • „Eventuelle Überstunden sind mit dem monatlichen Entgelt abgegolten.“
  • „Die Vergütung umfasst auch erbrachte Überstunden.“

Zu solchen Formulierungen hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 geurteilt (5 AZR 517/09) und entschieden, dass sie nicht rechtens sind. Im verhandelten Fall ging es um einen Lagermitarbeiter, in dessen Arbeitsvertrag die Arbeitszeit nach 1-Schicht-, 2-Schicht- oder 3-Schicht-System festgelegt war. Das im Arbeitsvertrag vereinbarte monatliche Bruttogehalt von 3.000 Euro bezog sich auf 45 Arbeitsstunden pro Woche, die sich aus 38 Normalarbeitsstunden und sieben Mehrarbeitsstunden zusammensetzten. Außerdem befand sich der folgende Zusatz im Arbeitsvertrag: „Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten.“

Alle über die wöchentlichen 45 Stunden hinausgehenden Arbeitszeiten wurden dem Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters gutgeschrieben. Die angefallenen Mehrarbeitsstunden wurden teilweise durch Freizeit ausgeglichen.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wies das Arbeitszeitkonto des Mitarbeiters einen Saldo von 102 Stunden aus, deren Vergütung dieser in einer Klage vor dem Arbeitsgericht forderte. Der Arbeitgeber wies diese Forderung unter Verweis auf die entsprechende Klausel des Arbeitsvertrags zurück, nach welcher Überstunden mit dem monatlichen Bruttogehalt abgegolten seien.

Bundesarbeitsgericht entschied im Sinne des Mitarbeiters

Das Arbeitsgericht gab der Klage des Mitarbeiters statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung des beklagten Unternehmens zurück. Und auch das Bundesarbeitsgericht entschied im Sinne des Klägers.

Im Wesentlichen berief sich das Bundesarbeitsgericht auf § 306 Abs. 1 BGB. Die entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag zur pauschalen Abgeltung der Überstunden sei eine vom beklagten Unternehmen gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung. Im Gesetz heißt es, dass ein Vertrag unwirksam ist, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind. Weiter benennt das Urteil § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Demnach kann sich eine unangemessene Benachteiligung dann ergeben, wenn eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Die entsprechende Pauschalabgeltung ist demnach aufgrund mangelnder Transparenz unwirksam.

Wie es im Urteil weiter heißt, müsse eine Klausel die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und präzise umschreiben. Wenn eine solche Klausel dagegen vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthalte, verletze sie das Bestimmungsverbot.

Arbeitsvertrag muss konkrete Regelungen zu Überstunden enthalten

Konkret bedeutet das, dass im Arbeitsvertrag zum Beispiel beschrieben sein muss, welche Arbeitsleistungen von der Klausel erfasst werden sollen. Der Umfang der zu leistenden Überstunden muss demnach bestimmbar sein, damit der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen kann, was ihn erwartet.

Dementsprechend müssen Klauseln im Arbeitsvertrag, die sich auf die Abgeltung von Überstunden beziehen, konkreter formuliert sein. Beispiele:

  • Mit dem monatlichen Bruttogehalt sind bis zu drei Überstunden pro Monat abgegolten.
  • Das Gehalt deckt wöchentliche Überstunden bis zum Umfang von zehn Prozent der Wochenarbeitszeit ab.

Keine rechtliche Vorgabe, wie viele Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sein dürfen

Keine rechtliche Regelung gibt es zur Frage, wie viele mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden der Arbeitgeber von seinem Mitarbeiter verlangen darf. Daher ist es wichtig, einen Arbeitsvertrag zunächst gründlich zu studieren, bevor man ihn unterschreibt. Bei späteren Konfliktsituationen sollte man zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen, um eine Klärung zu erzielen. Hilft das nicht, muss das Arbeitsgericht im Einzelfall entscheiden.

Besserverdienende haben keinen Anspruch auf Abgeltung von Überstunden

Wer mehr verdient als die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung, hat nicht unbedingt Anspruch auf Abgeltung von Überstunden. Das betrifft Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttoeinkommen über 7.050 Euro pro Monat oder 84.600 Euro im Jahr im Westen bzw. 7.550 Euro pro Monat und 90.600 Euro pro Jahr (Stand 2024).

Allerdings kann auch bei Besserverdienern sowie bei Mitarbeitern, welche Dienste höherer Art erbringen, ein Anspruch auf Abgeltung von Überstunden bestehen. Das zeigt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2011 (5 AZR 406/10). Darin hatte ein Rechtsanwalt bei seinem ehemaligen Arbeitgeber nach seinem Ausscheiden die Vergütung angefallener Überstunden verlangt. Zwar hatte das Bundesarbeitsgericht diesen Anspruch abgelehnt, gleichwohl aber die im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel, die eine pauschalte Abgeltung der Überstunden vorsieht, für unwirksam erklärt.

Bei der Frage, ob ein Mitarbeiter in gehobener Position und mit einem höheren Einkommen Anspruch auf Abgeltung seiner Überstunden hat, kommt es darauf an, ob gemäß § 612 Abs. 1 BGB eine Vergütung zu erwarten ist.

Fazit

Überstunden sind rechtlich zulässig, ebenso die Festlegung im Arbeitsvertrag, dass Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind.

Eine pauschale Formulierung ohne nähere Präzisierung ist dagegen nicht rechtens. Aus der Formulierung muss hervorgehen, wie viele durch das Gehalt abgegoltene Überstunden der Mitarbeiter höchstens erbringen muss.

Auch für Besserverdiener und Mitarbeiter, welche Dienste höherer Art erbringen, kann in bestimmten Fällen ein Anspruch auf Vergütung geleisteter Überstunden gegeben sein.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.