Über Geld spricht man nicht: Warum Gespräche über das Gehalt dennoch wichtig sind

In Deutschland gilt bei vielen noch immer der Grundsatz: ‚Über Geld spricht man nicht.‘ Das betrifft auch die Frage nach dem Gehalt.
Gender Pay Gap

Über Geld spricht man nicht: Warum Gespräche über das Gehalt dennoch wichtig sind

In Deutschland gilt bei vielen noch immer der Grundsatz: ‚Über Geld spricht man nicht.‘ Das betrifft auch die Frage nach dem Gehalt. Dabei ist es aus verschiedenen Gründen wichtig, das Einkommen zu thematisieren.

Das Thema Geld ist in Deutschland vielfach noch tabu. Noch immer meidet eine Mehrheit der Menschen Gespräche über finanzielle Dinge. Das betrifft auch und insbesondere das Einkommen oder das Gehalt.

Eine aktuelle Emnid-Umfrage, die im Auftrag der Postbank durchgeführt wurde, ergab, dass fast 64 Prozent der Deutschen nicht gerne über Geld sprechen. Dabei gab es zwischen Männern und Frauen fast keine Unterschiede: 64 Prozent der Frauen und 63 Prozent der Männer sehen Geld als Tabuthema.

Dagegen scheint die Ausbildung oder der erlangte Bildungsabschluss durchaus eine Rolle zu spielen, wenn es um Gespräche über Geld geht. 65 Prozent der Befragten mit Volks- oder Hauptschulabschluss meiden das Thema, während es bei den Personen mit Abitur- oder Universitätsabschluss nur rund 57 Prozent sind.

Sprechen über finanziellen Misserfolg fällt leichter

Obwohl sich laut der Studie rund 34 Prozent der Befragten als finanziell erfolgreich betrachten, möchten sie sich in der Öffentlichkeit jedoch nicht dazu äußern. Lediglich vier Prozent der Deutschen, die sich in finanziellen Angelegenheiten als geschickt betrachten, sprechen auch öffentlich darüber. Die Ursache dafür dürfte in erster Linie darin bestehen, nicht den Neid der Mitmenschen auf sich zu ziehen.

Dazu passt die Erkenntnis aus der Umfrage, dass den Befragten das Offenbaren persönlichen finanziellen Misserfolgs leichter fällt. Immerhin 23 Prozent sprechen offen darüber, während dies nur 20 Prozent ablehnen.

International mehr Offenheit beim Sprechen über Geld

Der Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zeigt, dass es auch anders geht. So werden zum Beispiel in Schweden die Einkommensteuererklärungen der Bürger veröffentlicht. Im Taxeringskalender (übersetzt: Steuerkalender) sind die Listen der Einkommensteuerpflichtigen zusammen mit einer Angabe ihrer Einkünfte abrufbar. Transparenter geht es kaum.

In den USA ist von Zurückhaltung beim Sprechen über Geld ebenfalls wenig zu spüren: Hier gehört es eher zum guten Ton, Erfolge mitzuteilen und zu erklären, welche Boni, Gehaltserhöhungen und andere Einkünfte man erzielen konnte.

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Warum das Sprechen über das Gehalt wichtig ist

Die Zurückhaltung bei der Offenlegung des persönlichen Gehalts in Deutschland kann Nachteile mit sich bringen – vor allem für diejenigen, die für die gleiche Leistung weniger Geld erhalten. Vielfach wissen die betreffenden Personen gar nicht, dass sie benachteiligt werden.

Der nach wie vor bestehende Gender Pay Gap, also die Gehaltslücke zwischen Männer und Frauen, lebt auch von der teilweise noch immer bestehenden Intransparenz über die bestehenden Gehälter.

Dazu tragen auch manche Unternehmen aktiv bei, indem sie Gespräche über Gehälter aktiv behindern und teilweise sogar per Arbeitsvertrag untersagen. Und das, obwohl solche Klauseln in vielen Fällen nicht rechtens sind.

Gehalt besonders wichtig bei der Jobwahl

Zudem ist das Gehalt ein nach wie vor wichtiges Kriterium, wenn es um die Jobwahl geht. So zeigt das Randstad Arbeitsbarometer 2022, dass für 92 Prozent der Befragten das Gehalt wichtig ist. Damit liegt es noch vor der Work Life Balance (85 Prozent) und der Flexibilität bei den Arbeitszeiten (79 Prozent).

Unternehmen, die sich in Punkto Gehalt bedeckt halten und in den Stellenausschreibungen keine Gehaltsspanne nennen, gehen damit das Risiko ein, einen Teil der Bewerber gleich zu Beginn zu verlieren.

Viele Bewerbungen kommen außerdem durch Beziehungen zustande. So werben Beschäftigte häufig Freunde und Bekannte für das Unternehmen an, in dem sie arbeiten. Wenn sie in diesem Zusammenhang auch über bestehende Gehaltsmöglichkeiten sprechen, kann dies den Anreiz für die Jobkandidaten erhöhen, sich zu bewerben.

Fazit

Die nach wie vor in Deutschland herrschende Zurückhaltung beim Sprechen über Geld und insbesondere über das Gehalt kann auf verschiedene Weisen schaden. Erstens trägt es zur Aufrechterhaltung des bestehenden Gender Pay Gaps bei, und zweitens kann fehlende Transparenz über Gehaltsmöglichkeiten den Unternehmen im Recruiting schaden.

Andere Länder wie Schweden oder die USA zeigen, dass auch mehr Offenheit in Geldangelegenheiten möglich ist. Auch wenn bei diesem Vergleich kulturelle Unterschiede einbezogen werden müssen, sollte auch in Deutschland eine gewisse Lockerung der Einstellung erwogen werden.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.