Studie: Flexible Arbeitszeiten und Arbeitszeitfragmentierung können sich negativ auswirken
Eine aktuelle Studie zeigt: Flexible Arbeitszeiten und längere Unterbrechungen der Arbeit können Arbeitnehmern schaden, etwa durch eine Beeinträchtigung der Work-Life-Balance.
Der Anspruch an immer flexiblere Arbeitszeiten in Verbindung mit den Möglichkeiten digitaler Technologien führt zu einer Auflösung traditioneller Arbeitszeitmodelle und einer Zunahme von Arbeitszeitfragmentierung. Diese Entwicklung stellt Beschäftigte vor neue Herausforderungen und bietet gleichzeitig neue Chancen, erfordert jedoch eine differenzierte Betrachtung der Auswirkungen, denn: Flexible Arbeitszeiten können sich auch negativ auf die Arbeitnehmer auswirken. Das zeigt eine aktuelle Studie mit dem Titel “Zusammenhänge zwischen Arbeitszeitfragmentierung, Zeit- oder Leistungsdruck, Arbeitszeit, Ruhezeit und Work-Life-Balance: Welche Rolle spielen Geschlecht und Elternschaft?”, die von Nils Backhaus von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und von Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) durchgeführt wurde.
Auswirkungen der Arbeitszeitfragmentierung
In der Studie wurde untersucht, inwieweit sich die Arbeitszeitfragmentierung in der Zeit vor der Pandemie (2019) gegenüber der Pandemiezeit (2021) verändert hat.
Arbeitszeitfragmentierung wird definiert als eine Unterbrechung der Arbeitszeit um mehrere Stunden aus privaten Gründen, gefolgt von einer Fortsetzung der Arbeit in den Abendstunden. Diese Form der Arbeitszeitgestaltung ist ein zunehmendes Phänomen. Die Studie nutzt Daten aus Arbeitszeitbefragungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus den Jahren 2019 und 2021, wobei abhängig beschäftigte Personen zwischen 15 und 65 Jahren befragt wurden. Schichtarbeitende wurden von der Studie ausgeschlossen.
Verbreitung der Arbeitszeitfragmentierung
Die Studie zeigt, dass nur ein kleiner Teil der Beschäftigten „häufig“ von Arbeitszeitfragmentierung betroffen ist. Der Anteil der Personen, die „manchmal“ oder „selten“ betroffen sind, ist jedoch höher.
Die Arbeitszeitfragmentierung hat von 2019 bis 2021 leicht zugenommen. Diese Zunahme wird mit der Zunahme der Arbeit im Homeoffice während der SARS-CoV-2-Pandemie in Verbindung gebracht.
Beschäftigte mit einem hohen Bildungsniveau oder einem höheren Verdienst sind häufiger von Arbeitszeitfragmentierung betroffen. Teilzeitbeschäftigte erleben seltener Arbeitszeitfragmentierung als Vollzeitbeschäftigte. Arbeit von zu Hause geht mit einer deutlichen Zunahme der Arbeitszeitfragmentierung einher.
Eltern berichten häufiger von Arbeitszeitfragmentierung, insbesondere im Jahr 2021, was darauf hindeutet, dass die Fragmentierung der Arbeitszeit ein Mittel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sein kann.
Zusammenhänge der Arbeitszeitfragmentierung mit anderen Faktoren
Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen Arbeitszeitfragmentierung und einem erhöhten Zeit- oder Leistungsdruck. Die Studie führt dies auf die Theorie der Rollenkonflikte zurück, wonach häufige Rollenwechsel zu Konflikten führen, da Arbeits- und Privatleben um dieselben Ressourcen konkurrieren.
Arbeitszeitfragmentierung ist auch mit längeren tatsächlichen Wochenarbeitszeiten verbunden. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass Arbeit, die durch private Verpflichtungen unterbrochen wird, später nachgeholt werden muss.
Die Studie zeigt außerdem, dass Arbeitszeitfragmentierung mit verkürzten Ruhezeiten einhergeht. Durch die Ausdehnung der Arbeitszeit über den Tag werden die Erholungsphasen verkürzt und die gesetzliche Mindestruhezeit von elf Stunden wird eher unterschritten.
Auswirkungen fragmentierter Arbeitszeiten auf die Work-Life-Balance
Arbeitszeitfragmentierung ist nach den Ergebnissen der Studie mit einer geringeren Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance verbunden. Die Autoren argumentieren, dass die Verlagerung der Arbeit in die Abendstunden die freie Zeit, die als sozial wertvoll angesehen wird, einschränkt und damit Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben verstärkt.
Frauen sind im Allgemeinen weniger zufrieden mit ihrer Work-Life-Balance als Männer. Dies wird auf die Doppelbelastung durch Beruf und Familie zurückgeführt. Mütter dehnen ihre Arbeitszeit bei einer Fragmentierung nicht so stark aus wie andere Gruppen, da sie aufgrund zusätzlicher Aufgaben im Haushalt und der Kinderbetreuung weniger zeitliche Ressourcen haben.
Männer nutzen flexible Arbeitszeitmodelle häufiger, um ihre Erwerbsarbeitszeiten auszuweiten, während Frauen diese eher nutzen, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Fragmentierte Arbeitszeiten sind mit längeren wöchentlichen Arbeitsstunden für kinderlose Frauen, Männer und Väter verbunden, jedoch nicht für Mütter.
Vorgehensweise der Studie
Die Studie operationalisierte Arbeitszeitfragmentierung durch die Frage: „Wie häufig kommt es bei Ihnen vor, dass Sie die Arbeit aus privaten Gründen für mehrere Stunden unterbrechen und am Abend nach 19 Uhr weiterarbeiten?“. Diese Frage zielt auf eine spezifische Situation ab und erfasst nicht die gesamte Bandbreite der Arbeitszeitfragmentierung. Problematisch bei dieser Methode ist, und das räumen die Autoren der Studie selbst ein, dass es durch die Verwendung nur einer Quelle zu einer Methodenverzerrung kommen kann (Common-Method Bias). In zukünftigen Studien sollten daher zusätzliche, möglichst objektive Quellen, wie zum Beispiel Daten aus der Arbeitszeiterfassung genutzt werden.
In der Studie konnten die Gründe für die Arbeitszeitfragmentierung nicht berücksichtigt werden, etwa mögliche Betreuungskonflikte oder eine hohe Arbeitsmenge.
Fazit
Arbeitszeitfragmentierung ist ein vielschichtiges Phänomen, das sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Beschäftigten haben kann. Während flexible Arbeitszeiten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern können, dürfen mögliche negative Aspekte wie erhöhter Zeitdruck, längere Arbeitszeiten, verkürzte Ruhezeiten und eine geringere Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance nicht außer Acht gelassen werden.
Arbeitszeitfragmentierung ist ein wichtiger Indikator für die Bewertung von Arbeitszeitmodellen. Bei der Gestaltung flexibler Arbeitszeitmodelle sollten die potenziellen negativen Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten berücksichtigt werden.