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Spanisches Gericht urteilt: E-Mails alleine sind kein Beweis für geleistete Überstunden
Ein Gericht in Spanien hat die Berufung einer Klägerin abgewiesen, die von ihrem Arbeitgeber die Vergütung vermeintlich geleisteter Überstunden gefordert hatte. Das Gericht erkannte die von der Klägerin als Beweis angeführten E-Mails, die sie in den fraglichen Zeiten gesendet hatte, nicht als Beweismittel an.
Ist das Senden von E-Mails ein Nachweis dafür, dass ein Mitarbeiter auch tatsächlich arbeitet? Diese Frage wird noch interessanter, wenn der Mitarbeiter von zu Hause aus tätig ist und es ansonsten keinen Nachweis für seine Tätigkeit gibt.
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In einem aktuellen Urteil hat der Tribunal Superior de Justicia de Madrid entschieden, dass E-Mails alleine kein Nachweis für geleistete Arbeitszeit sind. Das Urteil erging in einem Berufungsverfahren. Die Klägerin, Mitarbeiterin eines Pharmazieunternehmens, hatte geltend gemacht, häufiger zum Erbringen von Überstunden gezwungen worden zu sein. Sie hatte sich zuvor bei ihrem Arbeitgeber in mehreren E-Mails über exzessive Arbeitszeiten beschwert.
Als Nachweis für die geleisteten Überstunden sollten verschiedene E-Mails dienen, welche die Klägerin zu später Stunde gesendet hatte. Dies erfolgte von zu Hause. Aus Sicht der Klägerin weise schon das Versenden einer E-Mail nach, dass davor gearbeitet wurde, weil dazu bestimmte Vorbereitungen notwendig seien. Die letzte E-Mail an einem Tag sei außerdem kein Zeichen dafür, dass die Arbeit zur entsprechenden Zeit beendet wurde.
Beweislastumkehr bei fehlender Arbeitszeiterfassung möglich
Wichtig im Zusammenhang mit dem Fall ist zu erwähnen, dass der Arbeitgeber der Klägerin keine Arbeitszeiterfassung durchgeführt hatte und dies auch gegenüber dem Gericht einräumte.
Gemäß Artikel 35 des Estatuto de los Trabajadores (spanisches Arbeitsgesetz) zählen als Überstunden solche Arbeitsstunden, die über die maximale Dauer der regulären Arbeitszeit hinaus geleistet werden. Dabei obliegt die Nachweispflicht der Überstunden normalerweise dem Arbeitnehmer. Ausnahme ist ein konstanter und wiederholter Nachweis längerer Arbeitszeiten über einen größeren Zeitraum hinweg.
Allerdings sieht das spanische Arbeitsgesetz die Pflicht zur täglichen Arbeitszeiterfassung für Unternehmen vor. Aufzuzeichnen sind jeweils die genaue Start- und Endzeit der Arbeitszeit jedes Mitarbeiters. Passiert das nicht, kann die Beweislast umgekehrt werden. Das Unternehmen muss dann nachweisen, dass keine Überstunden erbracht wurden. Somit läge es in der Verantwortung des Unternehmens, die Aussagen der Klägerin zur Arbeitszeit zur Arbeitszeit zu widerlegen, denn der Arbeitgeber ist die einzige Partei im Rechtsstreit, die dazu in der Lage wäre.
Gericht wies Berufung der Klägerin ab
Trotz dieser Möglichkeit entschied das Gericht, dass die betreffenden E-Mails kein Beweis für eine kontinuierliche Tätigkeit der Klägerin sind. Auch sei nicht erkennbar, dass der E-Mail-Austausch mit der Klägerin verpflichtend zu den angegebenen Zeiten erfolgen musste. Aus den E-Mails gehe lediglich hervor, dass die E-Mails zur angegebenen Zeit gesendet wurden, nicht jedoch, dass auch zwischen diesen E-Mails gearbeitet wurde. Das Gericht wies die Berufung der Klägerin ab.
Fazit
Das Versenden von E-Mails alleine muss also kein Beweis für erbrachte Arbeitszeit oder geleistete Überstunden sein. Insbesondere dann, wenn ein Mitarbeiter nicht in den Räumen des Unternehmens, sondern zum Beispiel im Homeoffice tätig ist, kann der Nachweis schwierig sein. Dabei ist zu beachten, dass sich das spanische Urteil nicht automatisch auf andere Länder wie Deutschland übertragen lassen muss.