Siesta in Deutschland: Ist das realistisch?

Die Idee einer Siesta, einer verlängerten Mittagspause, ist auch in anderen Ländern und nicht zuletzt Deutschland ein Thema. Ganz so einfach wäre die Einführung einer Siesta allerdings nicht.
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© robertdering / Adobe Stock

Siesta in Deutschland: Ist das realistisch?

Die Idee einer Siesta, einer verlängerten Mittagspause, ist auch in anderen Ländern und nicht zuletzt Deutschland ein Thema. Ganz so einfach wäre die Einführung einer Siesta allerdings nicht.

Ein weit verbreitetes Klischee zu Spanien ist die mittägliche Siesta. In dieser Zeit wird nicht gearbeitet, sondern geruht. Dabei ist die Siesta in Spanien nicht so weit verbreitet, wie viele annehmen: Rund 60 Prozent der Spanier halten nie Siesta.

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Dennoch wird auch in anderen Ländern wie Deutschland über die Möglichkeit zur Einführung einer Siesta diskutiert. Der Grund dafür ist vor allem der Klimawandel mit den hohen Temperaturen im Sommer. An Tagen mit weit über 30 Grad fällt das Arbeiten schwer – besonders natürlich in Berufen mit großem körperlichem Einsatz wie zum Beispiel auf Baustellen oder im produzierenden Gewerbe. Doch auch in manchen Büros kann es in der Sommerzeit unangenehm warm sein, was sich negativ auf Konzentration und Produktivität auswirken kann.

Bevor es auch in Deutschland eine Siesta geben kann, müssten zunächst einmal die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Einführung einer Siesta in Deutschland könnte nämlich verschiedene Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben und Aspekte des Arbeitszeitgesetzes, der Tarifverträge, Pausen– und Ruhezeiten sowie der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung betreffen.

Deutsches Arbeitszeitrecht steht einer Siesta noch entgegen

Die wohl wichtigste Hürde bei der Einführung einer Siesta in Deutschland wäre das hier geltende Arbeitszeitrecht. Im deutschen Arbeitszeitgesetz ist eine tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden festgelegt. Diese kann auf bis zu zehn Stunden erweitert werden. Allerdings muss sichergestellt werden, dass die durchschnittliche Arbeitszeit innerhalb von 24 Wochen oder sechs Monaten acht Stunden nicht übersteigt. Pausen werden dabei nicht mit eingerechnet, so dass hier keine Probleme durch eine Siesta entstünden.

Problematisch könnte jedoch ein anderer Aspekt aus dem Arbeitszeitgesetz sein: Vorgeschrieben ist nämlich eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden zwischen zwei Arbeitstagen. Wenn jetzt aber das Ende der Arbeit durch eine Siesta nach hinten oder der Beginn der Arbeit nach vorne verschoben würde, könnte es sein, dass die Mindestruhezeit nicht mehr eingehalten werden könnte. Hier wäre also auf jeden Fall eine gesetzliche Anpassung erforderlich.

Tarifverträge und Arbeitsverträge

In Unternehmen mit Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen müsste eine Siesta in die Regelungen zu Arbeits-, Pausen und Ruhezeiten integriert werden. Dazu wäre eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften bzw. zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern erforderlich.

Sind in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter bestimmte Arbeitszeiten vereinbart, kann das Unternehmen diese nicht einseitig zugunsten einer längeren Mittagspause ändern. In der Folge müssten die Arbeitsverträge angepasst werden, was die Zustimmung der betreffenden Mitarbeiter erfordern würde.

Bei Mitarbeitern mit Gleitzeit, Arbeitszeitkonten oder mit Vertrauensarbeitszeit müsste jeweils geprüft werden, wie diese mit einer längeren Mittagspause zusammenpassen.

Weitere Kriterien, die bei der Einführung einer Siesta in Deutschland berücksichtigt werden müssten

  • Gesundheit und Wohlbefinden der Arbeitnehmer: Eine Siesta könnte das körperliche und geistige Wohlbefinden der Arbeitnehmer verbessern, da sie die Möglichkeit hätten, sich während der Mittagspause auszuruhen und zu regenerieren.
  • Produktivität und Arbeitsleistung: Studien haben gezeigt, dass regelmäßige Pausen die Produktivität und Arbeitsleistung verbessern können. Die Einführung einer Siesta könnte sich damit positiv auf die Effizienz der Arbeitnehmer auswirken.
  • Vollzeit- und Teilzeitarbeit: Die Einführung einer Siesta müsste auch die unterschiedlichen Bedürfnisse von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten berücksichtigen, da diese möglicherweise unterschiedliche Pausenzeiten benötigen.
  • Betriebsabläufe und Kundenservice: Unternehmen müssten ihre Betriebsabläufe anpassen, um die Siesta in den Arbeitsalltag zu integrieren, ohne den Kundenservice zu beeinträchtigen.
  • Auswirkungen auf den Einzelhandel: Im Einzelhandel könnten längere Mittagspausen zu veränderten Öffnungszeiten führen. Es müsste sichergestellt werden, dass den Kunden auch weiterhin ein reibungsloser Service geboten werden kann.
  • Kulturelle Unterschiede: Ob eine Siesta zum kulturellen Umfeld in Deutschland passt, ist fraglich, denn traditionell werden Pausen in Deutschland eher kürzer gehalten. Es ist daher keineswegs sicher, das sich eine lange Siesta mit den Arbeitsgewohnheiten deutscher Arbeitnehmer ohne weiteres vereinbaren ließe. Die mögliche Einführung einer Siesta in Deutschland würde darüber hinaus eine breite gesellschaftliche Debatte auslösen, die auch politische Entscheidungsträger einbeziehen müsste.

Mögliche Vorteile einer Siesta in Deutschland

Insbesondere in Branchen mit einer hohen körperlichen Beanspruchung wie zum Beispiel im Baugewerbe könnte eine zumindest saisonal befristete Siesta eine Entlastung der Mitarbeiter bringen. Durch eine Pause in der wärmsten Zeit des Tages und – nicht zu vergessen – der hohen UV-Belastung – könnten die betroffenen Arbeitnehmer gesundheitlich profitieren. Auch Arbeitnehmer in Büros könnten durch eine Verlagerung der Arbeitszeiten in den heißen Wochen des Jahres eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen erfahren. Die Folge könnte eine höhere Produktivität sein. Insbesondere in Unternehmen, deren Bürogebäude nicht klimatisiert sind und dies zum Beispiel aus Gründen des hohen Aufwands für entsprechende Investitionen nicht möglich ist, wäre das eine Alternative.

Mögliche Nachteile einer Siesta in Deutschland

Wie bereits beschrieben ließe sich eine Siesta in Deutschland nicht ohne Weiteres einführen. Zunächst müssten die gesetzlichen, tariflichen und arbeitsvertraglichen Voraussetzungen geschaffen werden. Solche Änderungen erfordern Zeit und sind nicht von heute auf morgen umsetzbar.

Eine längere Mittagspause bei gleichbleibender Arbeitszeit würde außerdem bedeuten, dass die Arbeit entweder früher begonnen oder später beendet werden müsste. Das wiederum hätte zur Folge, dass morgens und / oder abends weniger Zeit für die Familie zur Verfügung stünde. Das widerspricht aber dem Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance.

Siesta in Deutschland: Welche Möglichkeiten gibt es?

Eine allgemeine Siesta in Deutschland, die alle Branchen und Unternehmen einbezieht und die ganzjährig gilt, ist nicht realistisch. Eher möglich erscheinen branchenspezifische Lösungen, bei denen die jeweiligen Erfordernisse der Unternehmen und der Mitarbeiter einbezogen werden. Und auch hier ist eher davon auszugehen, dass sich solche Modelle durchsetzen werden, die nicht eins zu eins der spanischen Siesta entsprechen. Wahrscheinlicher ist eine moderate Ausweitung der Mittagspause in den Sommermonaten, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern, die am meisten unter der Hitze leiden.

Und auch bei diesem begrenzten Ansatz müssen die Regelungen aus dem Arbeitszeitgesetz, aus Tarifverträgen und aus den bestehenden Arbeitsverträgen berücksichtigt werden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es irgendwann in Deutschland eine Siesta nach spanischem Vorbild geben könnte, ist also eher gering.

Hintergrund: Siesta in Spanien und ihre Entstehung

Die Siesta hat ihren Ursprung nicht in Spanien, sondern in Italien. Das Wort „Siesta“ stammt vermutlich vom lateinischen „sexta“. Dieser Begriff steht für die im antiken Rom gängige Praxis, zur sechsten Stunde des Tages eine Pause einzulegen. In Italien ist diese Tradition noch immer unter dem Namen „riposo“ anzutreffen.

In Spanien spielten verschiedene Faktoren bei der Entstehung der Siesta eine Rolle. Zunächst einmal übten nach dem spanischen Bürgerkrieg viele Menschen zwei Jobs aus – einen am Vormittag und einen am Nachmittag. Zwischen diesen Jobs benötigten die Menschen Zeit, in der sie sich ausruhen und auf den zweiten Job vorbereiten konnten.

Nicht zuletzt wurde das Klischee von der in Spanien verbreiteten Siesta vom Franko-Regime dazu verwendet, den Anschein von Ruhe und Entspannung im Land zu wecken und es so für Touristen attraktiver zu machen. Mit der Realität hat das dagegen nur noch selten etwas zu tun.

Heute ist die Siesta in Spanien weit weniger verbreitet, als von vielen angenommen wird. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 halten 58 Prozent der Spanier überhaupt keinen Mittagsschlaf. Lediglich 18 Prozent der Spanier halten demnach an vier oder mehr Tagen einen Mittagsschlaf.

Die geringe Verbreitung der Siesta in Spanien hat meist konkrete Ursachen. So ist es zum Beispiel für Arbeitnehmer mit einem langen Arbeitsweg nicht praktikabel, viel Zeit am Arbeitsort für eine lange Mittagspause zu verwenden.

Zudem sind die Arbeitszeiten in Spanien deutlich länger als in vielen anderen Ländern Europas. So lag die durchschnittliche Jahresarbeitszeit in Spanien im Jahr 2022 bei 1644 Stunden, während es zum Beispiel in Deutschland nur 1341 Stunden waren.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.