Zusammenfassung
- Die SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein fordert die Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte im Land.
- Die CDU ist dagegen und argumentiert, man sollte zunächst die Ergebnisse der Pilotprojekte in Bremen und Sachsen abwarten.
- Dabei besteht nach höchstrichterlichen Urteilen bereits seit Längerem die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch für Lehrkräfte.
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Inhalt
Schleswig-Holstein diskutiert über die Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte
In Schleswig-Holstein wird derzeit intensiv über die Einführung einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte diskutiert. Ein Antrag der SPD-Fraktion im Landtag, die Landesregierung möge die Einführung eines solchen Systems vorbereiten, wurde jedoch abgelehnt.
Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte, dass sie dieses Thema in der laufenden Legislaturperiode nicht weiterverfolgen werde. Sie verwies auf Modellprojekte in Bremen und Sachsen und plädierte dafür, deren Ergebnisse abzuwarten. Zudem äußerte sie Zweifel daran, ob eine Arbeitszeiterfassung die Attraktivität des Lehrerberufs erhöhen würde, da viele Lehrkräfte die bestehende Flexibilität schätzten.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Schleswig-Holstein hingegen fordert seit Langem eine verpflichtende und transparente Erfassung der Arbeitszeit von Lehrkräften. Sie argumentiert, dass nur so die tatsächliche Arbeitsbelastung sichtbar gemacht und Maßnahmen zur Entlastung ergriffen werden könnten. Kerstin Quellmann, Co-Landesvorsitzende der GEW, kritisierte, dass Arbeitszeitgrenzen und Arbeitsschutz in den Schulen nicht eingehalten würden und das Bildungsministerium seiner Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Lehrkräfte nicht nachkomme.
Bremen und Sachsen gehen bei der Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte voran
Die Debatte um die Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte ist nicht neu und wird auch in anderen Bundesländern geführt. So bereitet Bremen als erstes Bundesland eine Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte vor und plant eine Pilotphase zum Schuljahr 2026/2027. In Sachsen wird über das komplette nächste Schuljahr die Arbeitszeit von Lehrkräften genau untersucht, um belastbare Daten zur Arbeitsbelastung zu erhalten.
Gerichtsentscheidungen bestätigen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Hintergrund dieser Diskussionen sind Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die eine systematische Erfassung der Arbeitszeit von Arbeitnehmern fordern. Der EuGH entschied 2019, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Das BAG konkretisierte 2022, dass diese Pflicht bereits nach geltendem deutschen Recht besteht und sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ableitet.
Zeiterfassung dient dem Gesundheitsschutz
Befürworter einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte argumentieren, dass nur durch eine genaue Erfassung der geleisteten Arbeitszeit Überstunden und Mehrarbeit transparent gemacht und angemessen vergütet oder ausgeglichen werden können. Zudem diene sie dem Gesundheitsschutz der Lehrkräfte, indem sie Überlastung vorbeuge. Gegner befürchten hingegen einen erhöhten bürokratischen Aufwand und einen Verlust an Flexibilität, da Lehrkräfte oft außerhalb der regulären Unterrichtszeiten arbeiten und eine starre Zeiterfassung diesem Umstand nicht gerecht werde.
Bewertung
Die Argumentation, dass Arbeitszeiterfassung auf Kosten der Flexibilität erfolge, greift zu kurz und wirkt wie eine Schutzbehauptung. Moderne elektronische Zeiterfassungssysteme ermöglichen eine flexible Arbeitszeiterfassung an jedem Ort und für jede Tätigkeit – und das bei geringem Aufwand. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung das Thema Arbeitszeiterfassung auf die Agenda setzen und den Druck auf die Bundesländer erhöhen wird, ihrer Verpflichtung einer Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte nachzukommen.