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NZZ stellt nach Anzeige Arbeitszeiterfassung um
Der Schweizer Berufsverband für Medienschaffende, Impressum, hatte Anzeige gegen die NZZ wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gestellt. Nachfolgend hat die NZZ zum 1. Januar ihr Zeiterfassungssystem umgestellt.
Schon Ende 2020 hatte der Berufsverband Impressum die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) beim Zürcher Arbeitsinspektorat angezeigt, wie das Magazin Infosperber berichtet. Derzeit läuft eine Untersuchung. Es geht um einen mutmaßlichen Verstoß der NZZ gegen die in der Schweiz geltende Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. Laut Schweizer Arbeitsgesetz müssen Beginn und Ende der täglichen und Wöchentlichen Arbeitszeiten inklusive Ausgleichszeiten und Überstunden erfasst werden. Auch Pausen von einer halben Stunde und mehr müssen ersichtlich sein. Es ist jedoch möglich, bei einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung vorzunehmen. Dabei muss aber zumindest die Dauer der täglich geleisteten Arbeit pro Mitarbeiter erfasst werden.
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Keine einheitliche Zeiterfassung
Laut Bericht von Infosperber hatte es bei der NZZ aber keine einheitliche Arbeitszeiterfassung in allen Ressorts gegeben. In einem Zeiterfassungssystem seien zum Beispiel automatisch die Soll-Arbeitszeiten von acht Stunden pro Tag eingetragen worden, ohne dass der Mitarbeiter etwas unternehmen musste. Zwar seien Änderungen durch die Mitarbeiter möglich gewesen, doch sollen sie den Hinweis erhalten haben, dass dies nicht notwendig sei. Einzige Ausnahme seien Ferientage gewesen. Damit soll die Erwartung verbunden gewesen sein, dass Überstunden nicht automatisch erfasst und damit auch nicht vollumfänglich kompensiert werden. Das habe zu einer Zunahme der nicht kompensierten Überstunden bei vielen Redaktionsmitgliedern geführt.
Von der NZZ gab es laut Bericht keine detaillierte Stellungnahme zu den Vorwürfen, sondern nur den Hinweis, man arbeite an einer Überarbeitung des Zeiterfassungssystems.
Neue Arbeitszeiterfassung bei der NZZ seit Januar 2023
Seit dem 1. Januar dieses Jahres müssen die Mitarbeiter der NZZ ihre Arbeitszeiten selbst in das System eintragen. Damit soll die Forderung verbunden sein, dies „mit Vernunft und Augenmaß“ zu tun. Vom jährlichen Stundensaldo werden die ersten 100 Überstunden gestrichen und der Rest ausbezahlt. Die gesetzliche Grundlage dafür hängt von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit ab, wobei es Unterschiede zwischen Mitarbeitern im Management und in der Redaktion geben kann.
Arbeitgeber sollten Interesse an den Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter haben
Nach Meinung des Impressum-Geschäftsführers Urs Thalmann sollte jeder Arbeitgeber ein Interesse daran haben, die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter zu kennen, denn ein Unternehmen trage die Verantwortung für die Gesundheit seiner Angestellten. Allerdings würden die Probleme der Arbeitslast und des Produktionsdrucks in vielen Redaktionen zunehmen. Das betreffe nicht nur die NZZ. Dies schade den Unternehmen und den Journalisten. Eine Lösung könne ein Gesamtarbeitsvertrag sein, der für die gesamte Branche gelte und der eine Konkurrenz nach unten bei den Arbeitsbedingungen verhindere.
Gerade im Bereich des Journalismus sind Phänomene wie Burnout im Zusammenhang mit einer hohen Arbeitslast verbreitet. Darauf hatte vor etwa einem Jahr auch die Organisation „Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz“ (JJS) hingewiesen.
Schon im Jahr 2014 hatten die Journalisten-Gewerkschaften Impressum und Syndicom große Medienunternehmen wie die NZZ, Tamedia und AZ-Medien wegen unzureichender Arbeitszeiterfassung angezeigt. Die Rede war von regelmäßigen 60-Stunden-Wochen und 12-Stunden-Tagen. Tamedia führte dann auf Druck des Arbeitsinspektorats ein Zeiterfassungssystem ein.