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Nach wie vor große Lücken bei der Arbeitszeiterfassung – besonders in der Pflege
Bei fast jedem fünften Arbeitnehmer wird die Arbeitszeit nicht erfasst, und das, obwohl die Arbeitszeiterfassung inzwischen Pflicht ist. Besonders in der Pflege zeigen sich große Lücken.
Die Arbeitszeiterfassung in Deutschland ist Pflicht. Das hatte das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil aus dem Jahr 2022 festgestellt und damit ein vorheriges Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 bestätigt. Trotzdem wird die Arbeitszeit bei fast jedem fünften Arbeitnehmer noch nicht erfasst: Eine aktuelle Umfrage unter 3.000 Beschäftigten hat ergeben, dass bei 17,8 Prozent der Fachkräfte noch keine Zeiterfassung erfolgt. Das betrifft insbesondere Teilzeitkräfte. Hier beträgt der Anteil 21,8 Prozent. Bei Vollzeitkräften liegt die Lücke bei 16,3 Prozent.
Pflege weist große Lücken bei der Arbeitszeiterfassung aus
In der Pflege gab mit 23,4 sogar fast ein Viertel der Beschäftigten an, ihre Arbeitszeit nicht zu erfassen. Aufgrund der hohen Belastung vieler Arbeitnehmer in dieser Branche ist das besonders alarmierend, denn das Hauptziel der Arbeitserfassung besteht darin, die Beschäftigten vor Überlastung zu schützen und auf das Einhalten der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten sowie der Pausen- und Ruhezeiten zu achten.
Auch die Größe der Unternehmen spielt eine Rolle, wenn es um die Verbreitung der Arbeitszeiterfassung geht. Bei Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern beträgt die Lücke lediglich 13 Prozent, bei kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern sind es dagegen 28,1 Prozent.
Politik lässt sich Zeit
Wie kann es sein, dass trotz der bestehenden Rechtslage noch immer in vielen Unternehmen die Arbeitszeiten nicht erfasst werden? Ein möglicher Grund dafür ist die noch immer ausstehende Reform des Arbeitszeitgesetzes. Zwar legte das Bundesarbeitsgericht im April 2023 einen ersten Gesetzentwurf vor, doch konnte sich die Ampelkoalition bisher noch nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen. Seit vielen Monaten gibt es aus der Politik dazu nichts Neues. Eine der letzten öffentlichen Aussagen dazu aus dem Bundesarbeitsministerium lautete, das Gesetz habe derzeit keine Priorität. Zudem laufen aktuell noch Evaluierungen, so dass ein Gesetzentwurf wohl nicht vor Ende des laufenden Quartals zu erwarten ist.
Im derzeitigen Gesetzentwurf ist die Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung vorgesehen. Ausnahmen soll es lediglich für kleine Unternehmen bis zu 10 Mitarbeiter sowie für tarifgebundene Unternehmen geben, die andere Vereinbarungen mit ihren Tarifpartnern schließen können.Solange die Politik es nicht schafft, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung mit verbindlichen und detaillierten Vorgaben zu versehen, halten sich manche Unternehmen bei deren Einführung zurück. Dabei sollte klar sein, dass der Einstieg in ein modernes Zeiterfassungssystem schon heute Sicherheit für die Zukunft bringt und außerdem für mehr Effizienz in der Personalverwaltung sorgt – vor allem dann, wenn Systeme verwendet werden, die in der Lage sind, Zeiterfassung, Dienstpläne und Abwesenheitsmanagement miteinander zu kombinieren.