Jobportale: wie LinkedIn Verzerrungen in KI-Algorithmen reduzieren will
LinkedIn, Monster und weitere große Jobportale verwenden künstliche Intelligenz (KI), um Bewerber und rekrutierende Unternehmen zusammenzubringen. Doch die Ergebnisse der KI-Algorithmen enthielten bisher Verzerrungen. LinkedIn geht dagegen vor – und setzt dabei erneut auf KI.
Schon vor Jahren hatte LinkedIn erkannt, dass die dort verwendeten Algorithmen zum Abgleich von Bewerbern und Jobangeboten Verzerrungen enthielten. Ein Kriterium für die Rankings der Algorithmen war die Wahrscheinlichkeit, mit der sich ein Kandidat auf eine Position bewerben oder einem Recruiter antworten würde. Das führte zu einer Bevorzugung von Männern beim Matchen der Ergebnisse. Der Grund: Männer sind im Bewerbungsprozess oftmals angriffslustiger als Frauen, wenn es um das Entdecken neuer Möglichkeiten geht.
Inzwischen verwenden LinkedIn und auch andere Jobplattformen wie CareerBuilder oder Monster verschiedene Ansätze, um solche Verzerrungen zu vermeiden. LinkedIn setzt dabei erneut auf KI und versucht, mithilfe spezieller Algorithmen ausgeglichene Ergebnisse zu liefern. Das berichtet das MIT Technology Review.
Jobsuche und Bewerbersuche ohne KI kaum noch vorstellbar
KI spielt heute in der Jobsuche eine zentrale Rolle. Das gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen. Sucht ein Kandidat zum Beispiel auf einer Plattform wie LinkedIn nach Jobmöglichkeiten, entscheiden die Algorithmen, welche Vorschläge angezeigt werden. Gleichzeitig steuern die Algorithmen, welche Bewerbungen bei den Unternehmen landen.
Auch die Unternehmen selbst setzen immer mehr auf KI, wenn es um die Suche nach und die Auswahl von passenden Bewerbern geht. Dabei kann KI in fast jeder Phase des Bewerbermanagements eingesetzt werden, zum Beispiel zur initialen Vorauswahl passender Kandidaten oder bei der Vorbereitung und der Durchführung von Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächen.
Matching Engines bringen Bewerber und Unternehmen zusammen
Jobplattformen sind inzwischen zu einem bedeutenden Element des Recruitings und der Jobsuche geworden. Algorithmen sollen passende Bewerber und Jobprofile zusammenführen – in ähnlicher Weise, wie es beispielsweise auch auf Portalen zur Partnersuche stattfindet. Die dazu eingesetzten Algorithmen werden auch als Matching Engines bezeichnet. Dabei sind die meisten Matching Engines darauf ausgelegt, viele Bewerbungen zu erzeugen. Zu diesem Zweck kommen in der Regel drei Kategorien von Daten zum Einsatz:
- Informationen, welche die Nutzer selbst der Plattform zur Verfügung stellen
- Daten über die Nutzer, die auf anderen Profilen mit ähnlichen Qualifikationen, Erfahrungen und Interessen beruhen
- Verhaltensdaten: zum Beispiel, wie häufig ein Nutzer auf Nachrichten antwortet oder mit Jobangeboten interagiert.
- Dienstpläne erstellen
- Arbeitszeiten erfassen
- Urlaub planen
- Lohnabrechnungen erstellen
- Arbeitsdaten analysieren
Trotz Verzicht auf Name, Geschlecht oder Alter sind Verzerrungen möglich
Manche Plattformen wie zum Beispiel LinkedIn schließen den Namen, das Alter, das Geschlecht und die Ethnie aus der Berechnung aus, weil sie zu Verzerrungen bei der Berechnung der Ergebnisse führen können. Allerdings ist es trotzdem möglich, dass die Algorithmen Verhaltensmuster von Gruppen mit bestimmten Geschlechtsmerkmalen erkennen können. So ist zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit bei Männern größer, dass sie sich auf Jobs bewerben, die Erfahrungen jenseits ihrer Qualifikation voraussetzen. Frauen zeigen dagegen die Tendenz, sich auf Jobs zu bewerben, deren Anforderungen genau ihrer Qualifikation entsprechen. Männer wiederum statten ihre Lebensläufe mit mehr Qualifikationen auf einem niedrigeren Kompetenzniveau Frauen aus als Frauen und handeln angriffslustiger gegenüber Recruitern.
Das kann dazu führen, dass bestimmte Personengruppen Vorschläge für stärker herausfordernde Jobs auf Senior-Niveau erhalten als andere. Das bedeutet, dass verschiedene Gruppen unterschiedliche Möglichkeiten erhalten können.
Neue KI soll bei LinkedIn Verzerrungen vermeiden
Um derartige Probleme zu lösen, erstellte LinkedIn eine neue KI. Ihr Ziel besteht darin, repräsentativere Ergebnisse beim Matching von Bewerbungen und Jobangeboten zu erzeugen. Die KI wurde im Jahr 2018 in Betrieb genommen. Es handelt sich dabei um einen separaten Algorithmus, der verzerrten Vorschlägen entgegenwirken soll. Die neue AI stellt sicher, dass die Vorschläge der ursprünglichen Matching Engine zunächst um eine repräsentative Nutzerverteilung nach Geschlechtern erweitert wird.
Andere Job-Plattformen gehen einen anderen Weg. So bindet zum Beispiel Monster ebenfalls verhaltensorientierte Daten in die Empfehlungen ein, führt aber keine Korrektur der Verzerrungen wie LinkedIn durch. Anstelle dessen konzentriert sich das Marketing-Team von Monster darauf, Nutzer mit verschiedenen Hintergründen für den Service zu gewinnen. Außerdem setzt Monster darauf, dass die Unternehmen Feedback dazu geben, ob eine repräsentative Auswahl von Kandidaten weitergegeben wurde, oder nicht.
Algorithmen der Jobportale nicht transparent
Generell sind die Betreiber der Jobplattformen nachvollziehbarerweise eher zurückhaltend, wenn es darum geht, die Bewertungskriterien ihrer Algorithmen und Matching Engines zu nennen. So muss man den Systemen ein Stückweit vertrauen.
Unternehmen müssen sich auf die neue Situation einstellen. Im Wettstreit um die besten Bewerber kommt es auf durchdachte Strategien zum E-Recruiting an. So ist zum Beispiel der Zuschnitt der Stellen von Bedeutung. Die Möglichkeit für Remote Work kann beispielsweise den Kreis potentieller Bewerber deutlich erweitern.
Klar scheint zumindest eines zu sein: Wie sich Unternehmen und Bewerber präsentieren, wird sehr wahrscheinlich erst einmal der Prüfung von Algorithmen unterliegen, bevor Menschen in Berührung mit ihnen kommen.