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Habeck kritisiert zu viele Streiks für weniger Arbeitszeit
Nach Auffassung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird momentan angesichts vieler offener Stellen zu viel für weniger Arbeitszeit gestreikt.
Während Gewerkschaften früher vor allem für Lohnerhöhungen zu Streiks aufgerufen haben, gibt es bei vielen aktuellen Streiks eine andere Zielsetzung: weniger Arbeit bzw. eine Reduzierung der Arbeitszeit. So ist es zum Beispiel bei den wiederholten Streiks der Lokführergewerkschaft GDL, die eine Senkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter auf 35 Stunden pro Woche durchsetzen will – und das bei vollem Lohnausgleich. Ähnlich sieht es bei Forderungen der IG Metall aus, die für Mitarbeiter der Stahlindustrie eine Vier-Tage-Woche fordert – ebenfalls bei vollem Lohnausgleich.
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Doch während sich die Gewerkschaften für kürzere Arbeitszeiten einsetzen, gibt es in Deutschland immer mehr offene Stellen, für die keine passenden Mitarbeiter gefunden werden können. Das bringt die Unternehmen, die ohnehin mit der aktuellen Wirtschaftslage zu kämpfen haben, zusehends in Schwierigkeiten. Eine Verkürzung der Arbeitszeiten könnte
dazu führen, dass das Arbeitspensum in Deutschland weiter sinkt, sofern nicht gleichzeitig eine Steigerung der Produktivität stattfindet.
Habeck: Wirtschaftliche Stagnation, viele offene Stellen: Das passt nicht zu kürzeren Arbeitszeiten
Derartige Überlegungen dürften Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Aussage bewogen haben, es werde aktuell zu viel für weniger Arbeit gestreikt. Das erklärte Habeck im Rahmen des Zukunftstags des Mittelstands. Habeck sagte außerdem, dass Arbeit unabhängig von der Vergütung etwas sei, worauf man stolz sein kann. Deutschlands Wirtschaft habe bei gleichzeitiger Stagnation 700.000 offene Stellen zu vermelden. Möglicherweise seien es aber bis zu zwei Millionen. Verschärfen werde sich dieses Problem bei stärkerem Wirtschaftswachstum und zunehmender Alterung der Gesellschaft.
Weil das gesamte Arbeitsvolumen nicht ausreiche, forderte Habeck finanzielle Anreize für Ältere, länger zu arbeiten, sofern sie dies wollten.
Bewertung
Fehlende Fachkräfte und offene Stellen sind paradoxerweise das Argument von Gewerkschaften wie der GDL für kürzere Arbeitszeiten. Damit sollen die Arbeitsplätze attraktiver werden, so dass neue Mitarbeiter gewonnen werden können. Von Arbeitgeberseite heißt es dagegen, kürzere Arbeitszeiten würden den Fachkräftemangel verschärfen.
Klar ist: Das Bemühen um zusätzliche Arbeitskräfte ist derzeit ein Nullsummenspiel, denn der deutsche Arbeitsmarkt bietet derzeit nicht genügend Arbeitskräfte mit der benötigten Qualifikation, um alle offenen Stellen besetzen zu können. Wenn es einem Unternehmen oder einer Branche gelingt, zusätzliche Mitarbeiter zu gewinnen, fehlen diese in anderen Unternehmen und Branchen.
Auch das Argument, bei kürzeren Arbeitszeiten steige die Produktivität, weil die Mitarbeiter zum Beispiel seltener krank und zudem motivierter seien, greift allenfalls für bestimmte Jobs. Die Produktivität eines Lokführers lässt sich nicht einfach so steigern. Er kann schließlich nicht auf einmal mehr Fahrten in kürzerer Zeit durchführen oder einfach schneller fahren.
Und selbst wenn die Produktivität in manchen Jobs durch eine Verkürzung der Arbeitszeit ansteigen würde, so müsste diese Steigerung schon sehr deutlich ausfallen, um die geforderte Absenkung der Arbeitszeit auszugleichen. Beispiel: Ein Absenken von 38 auf 35 Stunden entspricht 8,5 Prozent weniger Arbeitszeit. Entsprechend deutlich müsste der Anstieg der Produktivität ausfallen.
Daher wird eine allgemeine Senkung der Arbeitszeit für alle Jobs kaum durchführbar sein. Es kann aber durchaus Branchen und Berufe geben, bei denen das sinnvoll und möglich ist. Doch auch hier wird darüber zu sprechen sein, ob dies bei vollem Lohnausgleich geschehen kann, oder ob nicht zumindest ein Teil der gekürzten Arbeitszeit durch einen Lohnverzicht zu kompensieren ist.
Auch wenn Streiks ein legitimes Mittel sind, mit denen Arbeitnehmer und Gewerkschaften ihre Interessen gegenüber den Arbeitgebern durchsetzen können, führte die Zunahme der Streiks in wichtigen Infrastrukturbereichen wie zum Beispiel bei der Bahn zuletzt zu verstärkten Diskussionen über mögliche Einschränkungen des Streikrechts.