Inhalt
Gesetz zur Arbeitszeiterfassung: Anhörung am 9. Oktober zu Anträgen von CDU und Linken
Der ins Stocken geratene Gesetzgebungsprozess zur Arbeitszeiterfassung in Deutschland könnte wieder in Gang kommen. In einer Anhörung am Montag, den 9. Oktober, wird über Anträge der CDU und der Linken beraten. Beide Fraktionen kritisieren den aktuellen Gesetzentwurf der Bundesregierung, allerdings aus unterschiedlichen Gründen.
Lange ist es her, dass aus der Bundespolitik etwas zum Thema Arbeitszeiterfassung zu hören war. Dabei liegt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), in dem die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung festgestellt worden war, bereits vier Jahre zurück. Getan hat sich seither nur wenig. Zwar gab es im April dieses Jahres einen ersten Gesetzentwurf, doch in der Folge war von der amtierenden Bundesregierung nicht mehr viel zum diesem Thema zu hören. Zu unterschiedlich dürften die Ansichten innerhalb der Regierungskoalition sein.
Immerhin gibt es jetzt wieder eine Neuigkeit: Am Montag, den 9. Oktober wird eine Anhörung zum Thema Arbeitszeiterfassung und flexibles Arbeiten im Paul-Löbe-Haus in Berlin stattfinden. Beraten wird über zwei Anträge. Die Unionsfraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Arbeitszeiterfassung bürokratiearm ausgestalten – Mehr flexibles Arbeiten ermöglichen“ (PDF) eingereicht. Von der Fraktion „Die Linke“ kommt der Antrag mit dem Titel „Beschäftigungsrechte stärken – Arbeitszeit europarechtskonform dokumentieren“ (PDF).
Schluss mit Zettelchaos – Dienstplan, Urlaube & Zeiten an einem Ort!
Ein neuer Deal pro Woche.
Nicht verpassen!
Antrag der Union
Die Union beruft sich in ihrem Antrag darauf, dass der EuGH in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2019 den Mitgliedsstaaten der EU bei der Umsetzung der Arbeitszeiterfassung erhebliche Spielräume zugebilligt habe. Auch das Bundesarbeitsgericht gebe mit seinem Urteil vom September 2022 dem Gesetzgeber und den Arbeitgebern Spielräume. So gebe es zum Beispiel keine Vorgabe zur Methodik der Arbeitszeiterfassung sowie ob und in welcher Form eine Kontrollpflicht der Arbeitgeber gegeben sei. Auch zu möglichen Ausnahmen beim Personenkreis, für den die Arbeitszeit zu erfassen ist, bestünden keine Vorgaben, was auch für mögliche Konsequenzen aus einer Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung gelte.
Die Union kritisiert in ihrem Antrag, der aktuelle Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung sei unausgewogen und würde zusätzliche Bürokratie verursachen. Zudem würde er das Ende selbstbestimmter Vertrauensarbeitszeiten bedeuten. Die aus Sicht der Union nötigen Änderungen am Gesetzentwurf würden zu erheblicher Rechtsunsicherheit sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmer führen.
Im Antrag der Union wird gefordert, die Reform der Arbeitszeiterfassung mit einer Reform des Arbeitszeitrechts zu verbinden. Eine Abkehr vom starren Acht-Stunden-Tag sei notwendig, denn immer mehr Beschäftigte hätten das Bedürfnis, flexibel zu arbeiten.
Weitere Forderungen im Antrag der Union:
- Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeiterfassung, die nach den genannten Gerichtsentscheidungen bestehen, vollständig ausschöpfen
- Freiwillige Vertrauensarbeitszeit soll auch weiterhin ohne Pflicht zur Arbeitszeiterfassung möglich sein.
- Arbeitgeber sollen selbst entscheiden können, welches Zeiterfassungssystem sie nutzen.
- Keine taggenaue Erfassung der Arbeitszeiten
- Möglichkeit, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung an die Beschäftigten zu delegieren
- Vermeidung von mehr Bürokratie und zusätzlichen Kosten für die Arbeitgeber
- Ermöglichung flexibler und moderner Arbeitszeitmodelle, eine Abkehr von der täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten im Rahmen der EU-Arbeitszeitrichtlinie.
Antrag der Linken
Die Fraktion der Linken stellt in ihrem Antrag die gesundheitlichen Schutzansprüche der Arbeitnehmer in den Vordergrund. Auch die Linke kritisiert eine herrschende Rechtsunsicherheit, die dadurch entstehe, dass das Urteil des EuGH noch nicht in nationales Recht umgesetzt ist.
Das führe außerdem dazu, dass Arbeitnehmern die Durchsetzung ihrer vergütungsrechtlichen Ansprüche erschwert werde. Das Fehlen von Arbeitszeitaufzeichnungen erleichtere die Umgehung des gesetzlichen Mindestlohns und führe zu Millionen unbezahlten Überstunden.
Die Beschäftigten hätten ein Anrecht auf ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung, wie es der EuGH in seiner Entscheidung fordert.
Im Antrag der Linken wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Arbeitgeber zu rAufzeichnung des Beginns, des Endes und der Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie der gewährten Ruhepausen verpflichtet.
In ihrem Antrag weist die Linke darauf hin, dass das spanische Arbeitsrecht, das dem deutschen Arbeitszeitgesetz sehr ähnlich sei, lediglich die Dokumentation von Überstunden vorsah und daraufhin geändert worden sei. In Deutschland würden allerdings die einflussreichen Arbeitgeberverbände eine Umsetzung der EuGH-Entscheidung in nationales Recht verhindern.
Die seit Jahren hohen Zahlen unbezahlter Überstunden würden zeigen, dass es in Deutschland ein grundsätzliches Transparenzproblem bei Mehrarbeit und deren Entlohnung gebe.
Zudem sei eine lückenlose Dokumentation der Arbeitszeit notwendig, um faktenbasierte Debatten über Themen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Homeoffice oder kürzere Arbeitszeiten führen zu können.
Fazit
Die beiden Anträge der Oppositionsfraktionen von Union und Linken zeigen die unterschiedliche Wahrnehmung, welche die Arbeitszeiterfassung in den politischen Lagern erfährt. Das gilt nicht nur zwischen Regierung und Opposition, sondern auch innerhalb der Opposition und der Koalition.
So kann nur darüber spekuliert werden, wann eine Reform des Arbeitszeitgesetzes im Bundestag verabschiedet werden wird und welche Regelungen diese vorsehen wird. Bis dahin bleibt sowohl für Arbeitgeber als auch Beschäftigte eine große Rechtsunsicherheit.