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Dienstplan muss auch die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen
Der Arbeitgeber darf bei der Erstellung von Dienstplänen nicht nur seine eigenen Interessen berücksichtigen. Auch die Interessen der Arbeitnehmer müssen einbezogen werden. Das zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil.
Das Erstellen von Dienstplänen ist vom Weisungsrecht des Arbeitnehmers zwar gedeckt, doch dürfen dabei die Interessen der Arbeitnehmer nicht außer Acht gelassen werden. In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen (AZ 2 Sa 197/22) wurde im Sinne der klagenden Arbeitnehmerin entschieden.
- Dienstpläne erstellen
- Schichtmodelle abbilden
- Mitarbeiter in die Planung integrieren
- Dienstplan automatisch befüllen
Die Klägerin ist bei einem ambulanten Pflegedienst angestellt. Die Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Im Jahr 2021 teilte die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber mit, dass sie aufgrund einer Zahnoperation für einen bestimmten Zeitraum ausfallen werde. Daraufhin trug der Arbeitgeber für die Mitarbeiterin “wunschfrei” in den entsprechenden Dienstplan ein, und nicht “arbeitsunfähig”. In der Folge erhielt die Mitarbeiterin für die betreffenden Tage keine Entgeltfortzahlung.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht befanden im Sinne der Mitarbeiterin
Dagegen klagte die Mitarbeiterin und erhielt zunächst vor dem Arbeitsgericht Recht. Im darauf folgenden Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen wurde ebenfalls im Sinne der Klägerin entschieden. Der Arbeitgeber hat demnach seine Pflicht zur Ausübung des ihm nach § 106 Satz 1 Gewerbeordnung zustehenden Weisungsrechts bezüglich der konkreten Lage der Arbeitszeit nach billigem Ermessen verletzt. Der Klägerin sei dadurch ein Schaden entstanden, weil ihr die ihr zustehende Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entgangen sei.
Bei der Erstellung von Dienstplänen muss “billiges Ermessen” zur Anwendung kommen
Bei der wechselnden Erstellung von Dienstplänen übt der Arbeitgeber jeweils sein Ermessen hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit aus. Dabei sei jeweils für den konkreten Dienstplan festzustellen, ob die Voraussetzungen von §106 Satz 1 Gewerbeordnung eingehalten sind, und hier insbesondere, ob der Arbeitgeber billiges Ermessen gewahrt hat.
Die gerichtliche Billigkeitskontrolle soll für den Schutz der jeweils schwächeren Vertragspartei sorgen. Damit soll einem Missbrauch sogenannter privatautonomer Gestaltungsmacht begegnet werden. Dazu ist nach Worten des Gerichts eine “umfassende Analyse und Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände” notwendig.
Konkret bedeutet das, dass zum billigen Ermessen verschiedene Aspekte gehören, wie zum Beispiel:
- Die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien
- Beiderseitige Bedürfnisse
- Wirtschaftliche Interessen und Belastungen beider Seiten
- Soziale Gesichtspunkte wie Lebensverhältnisse, Familie, Kinder etc.
- Die Belange des Betriebs
Nach Auffassung des Gerichts hat das beklagte Unternehmen bei der Erstellung des Dienstplans für den betreffenden Zeitraum sein Ermessen nicht in billiger Weise ausgeübt. Weil die Mitarbeiterin nicht eingeplant bzw. als “wunschfrei” eingetragen wurde, habe eine Umgehung der Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes stattgefunden.
Fazit
Der Arbeitgeber darf beim Erstellen von Dienstplänen nicht nur seine eigenen Interessen berücksichtigen, sondern muss auch die Belange seiner Beschäftigten nach billigem Ermessen einbeziehen. Unterlässt er das, kann er sich vor Gericht angreifbar machen.