Die zehn wichtigsten Irrtümer zur Arbeitszeit und zur Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung sind aktuell zwei häufig diskutierte Themen in der HR. Dabei herrschen häufig Missverständnisse und Fehlannahmen.
Irrtümer Arbeitszeit Arbeitszeiterfassung

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Die zehn wichtigsten Irrtümer zur Arbeitszeit und zur Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung sind aktuell zwei häufig diskutierte Themen in der HR. Dabei herrschen häufig Missverständnisse und Fehlannahmen. Die wichtigsten Irrtümer zur Arbeitszeit und zur Arbeitszeiterfassung zeigt dieser Beitrag.

In Punkto Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung gibt es gerade viel Bewegung. Hinsichtlich der Arbeitszeit ist zum Beispiel die Vier-Stunden-Woche ein heiß diskutiertes Thema. Generell geht es um die Frage, wie eine bessere Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf ermöglicht werden kann.

Über die Arbeitszeiterfassung wird insbesondere nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom September 2022 viel gesprochen. Das Gericht hatte die allgemeine Pflicht der Unternehmen zur Arbeitszeiterfassung festgestellt. Derzeit arbeitet die Bundesregierung an einer Reform des Arbeitszeitgesetzes, in dem die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung festgeschrieben werden soll.

Die vielfältigen Diskussionen zur Arbeitszeit und zur Arbeitszeiterfassung lassen aber auch erkennen, dass es viele Missverständnisse und Irrtümer zu diesen Themen gibt. Daher sollen die wichtigsten Irrtümer nachfolgend ausgeräumt werden.

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Irrtum 1: Arbeitszeiterfassung ist nur für Überstunden Pflicht

Das war bereits vor dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung falsch. Schon zuvor mussten die Arbeitszeiten neben Überstunden auch für Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie in bestimmten Branchen erfasst werden, welche häufiger von illegaler Beschäftigung betroffen sind.

Spätestens mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist aber klar, dass es eine allgemeine und umfassende Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gibt. Lediglich einzelne Ausnahmen sind vorgesehen wie zum Beispiel für leitende Angestellte.

Irrtum 2: Ich kann heute auf Pausen verzichten, um morgen früher Feierabend zu machen

Es ist laut Arbeitszeitgesetz nicht zulässig, ohne Pause zu arbeiten – auch dann nicht, wenn man dafür am selben oder am nächsten Tag früher Feierabend machen kann. Das Arbeitszeitgesetz sieht für eine Arbeitsdauer von mehr als sechs bis zu neun Stunden eine Mindestpausendauer von 30 Minuten vor. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden muss die Dauer der Pausen mindestens 45 Minuten betragen.

Irrtum 3: Mehr als 40 Stunden pro Woche muss in Deutschland nicht gearbeitet werden

Das ist nicht richtig. Laut Arbeitszeitgesetz beträgt die maximale Arbeitszeit pro Tag acht Stunden, wobei diese auf bis zu zehn Stunden erweitert werden kann. Dabei darf aber die durchschnittliche Arbeitszeit innerhalb von 24 Wochen oder sechs Monaten acht Stunden pro Tag nicht übersteigen.

Weil die Arbeitswoche laut Arbeitszeitgesetz sechs Werktage hat (der Samstag gilt als Werktag), kann die maximale Arbeitszeit pro Woche vorübergehend 60 Stunden betragen, nämlich sechs mal zehn Stunden.

Irrtum 4: Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitnehmer

Das ist nicht richtig. Zwar gilt das Arbeitszeitgesetz für die meisten Arbeitnehmer, aber eben nicht für alle. Die wichtigsten Ausnahmen sind:

Irrtum 5: Gang zur Toilette ist keine Arbeitszeit

Beim Gang zur Toilette handelt es sich um eine sogenannte Kurzpause. Solche Kurzpausen zählen als Arbeitszeit. Anders sieht es dagegen bei Kaffee- oder Raucherpausen aus. Diese gelten nicht als Arbeitszeit und müssen als Pausen kenntlich gemacht werden. Weitere Beispiele dafür, was zur Arbeitszeit zählt und was nicht, zeigt dieser Beitrag.

Irrtum 6: Bis zur Verabschiedung des neuen Arbeitszeitgesetzes muss die Arbeitszeit noch nicht erfasst werden

Zwar sieht die derzeitige Version des deutschen Arbeitszeitgesetzes lediglich die zwingende Erfassung der Arbeitszeiten für Überstunden sowie an Sonn- und Feiertagen vor, doch hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom September 2022 festgestellt, dass bereits jetzt eine allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Dabei berief sich das Gericht auf das sogenannte Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019. Das Gericht hatte entschieden, dass ein nationales Arbeitsrecht in der EU, welches keine Verpflichtung der Arbeitgeber zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit der Mitarbeiter vorsieht, unvereinbar mit der EU-Charta sei.

Irrtum 7: Arbeitszeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit passen nicht zusammen

Das ist nicht richtig. Zwar sieht die Vertrauensarbeitszeit vor, dass Arbeitgeber die genauen Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter nicht kontrollieren, während die Arbeitszeiterfassung exakt dafür gedacht ist. Allerdings sind Vereinbarungen denkbar, in denen Arbeitgeber auch weiterhin auf die Kontrolle der Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter verzichten, jedoch automatisch benachrichtigt werden, wenn ein Mitarbeiter die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten oder seine Mindestpausenzeiten nicht einhält. Das wiederum setzt voraus, dass die Arbeitszeiten der Mitarbeiter sowie ihre Pausenzeiten erfasst werden.

Irrtum 8: Der Weg zur Arbeit zählt immer als Arbeitszeit

Normalerweise zählt der Weg zur Arbeit nicht als Arbeitszeit. Grundsätzlich ist nämlich der Weg zur Arbeit Privatsache des Arbeitnehmers. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit geschäftliche Aufgaben wie das Führen eines Telefonats oder das Beantworten von E-Mails vornimmt.

Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Bereitschaftsdienst: Wir ein Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst zum Arbeitsplatz beordert, so zählen sowohl Anfahrts- als auch Abfahrtszeit als Arbeitszeit.
  • Außendienst: Bei Mitarbeitern im Außendienst zählen sowohl die Fahrt zum Kunden als auch die Heimfahrt vom Kunden als Arbeitszeit. Das geht zurück auf ein Urteil des EuGH vom 10. September 2015 (Az. C-266/14 – PDF). Demnach ist die Fahrtzeit zwischen Wohnort und Kundenterminen als Arbeitszeit zu werten, weil diese Zeit dem Arbeitnehmer nicht zur freien Verfügung steht, sondern dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dies gilt für Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort.

Irrtum 9: Wie die Arbeitszeit erfasst wird, können die Unternehmen selbst entscheiden

Auch das ist nicht korrekt. Der EuGH hat in seinem Urteil von 2019 hat bestimmte Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung formuliert. Sie muss verlässlich, objektiv und korrekt sein:

  • Verlässlich: Die Arbeitszeiterfassung muss in zuverlässiger Weise so erfolgen, so dass Manipulationen ausgeschlossen sind.
  • Objektiv: Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, ihre geleisteten Arbeitszeiten objektiv nachzuverfolgen. Es darf also keinen Interpretationsspielraum geben.
  • Zugänglich: Mitarbeiter müssen jederzeit Zugriff auf ihre erfassten Arbeitszeiten haben. Sie müssen außerdem jederzeit die Möglichkeit erhalten, die erfassten Arbeitszeiten als Nachweis zu verwenden.

Der aktuelle Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitszeitgesetzes sieht außerdem eine elektronische Zeiterfassung vor. Dazu können zum Beispiel passende Zeiterfassungssysteme oder auch Excel-Sheets verwendet werden. Ausnahmen soll es für Kleinunternehmen bis zu zehn Mitarbeitern geben sowie dann, wenn sich die Tarifpartner auf eine andere Art der Zeiterfassung einigen.

Irrtum 10: Arbeitnehmer dürfen die Aufteilung ihrer Pausenzeiten frei bestimmen

Das ist ebenfalls nicht richtig. Das Arbeitszeitgesetz sieht nicht nur die Mindestdauer der Pausen je nach Länge der Arbeitszeit vor (mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden, mindestens 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden); vorgeschrieben ist laut Paragraph 4 des Arbeitszeitgesetzes auch die Mindestdauer der einzelnen Pausen. Diese beträgt 15 Minuten. Es ist also nach dem Arbeitsgesetz beispielsweise unzulässig, bei einer Arbeitszeit von sieben Stunden sechs Pausen zu jeweils fünf Minuten einzulegen, obwohl damit die Mindestpausendauer von 30 Minuten erreicht wäre.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.