Bundesregierung will Arbeitszeiterfassung zur Durchsetzung des gesetzlichen Mindestlohns nutzen

Obwohl die Arbeitszeit von Minijobbern sowie von Beschäftigten in bestimmten Branchen schon länger erfasst werden muss, kommt es immer wieder zu Verstößen gegen das Mindestlohngesetz. Im Zuge der Einführung einer allgemeinen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll sich das ändern.
Mindestlohn

© Stockfotos-MG / Adobe Stock

Bundesregierung will Arbeitszeiterfassung zur Durchsetzung des gesetzlichen Mindestlohns nutzen

Obwohl die Arbeitszeit von Minijobbern sowie von Beschäftigten in bestimmten Branchen schon länger erfasst werden muss, kommt es immer wieder zu Verstößen gegen das Mindestlohngesetz. Im Zuge der Einführung einer allgemeinen Pflicht zur Arbeitszeiterfassung soll sich das ändern.

Um die Einhaltung des Mindestlohns besser durchsetzen zu können, plant die Bundesregierung eine verlässlichere Dokumentation der Arbeitszeit. Valide Aufzeichnungen seien für wirksame Kontrollen von großer Bedeutung, schreibt das Bundesfinanzministerium laut einem Bericht des Handelsblatts in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken. Das Finanz- und das Arbeitsministerium seien mit der Prüfung beauftragt, wie durch elektronische und manipulationssichere Arbeitsaufzeichnungen die Durchsetzung des Mindestlohns verbessert werden könne. Dabei sollen kleine und mittelständische Unternehmen durch die Anschaffung von Zeiterfassungssystemen nicht übermäßig belastet werden.

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Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zur Wahrung des Mindestlohns gibt es schon länger

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Minijobber sowie in Branchen, die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannt werden, besteht bereits seit längerer Zeit. Zu den betroffenen Branchen zählen zum Beispiel die Gastronomie, das Baugewerbe und die Logistik. Allerdings ist die Form der Arbeitszeiterfassung nicht im Detail geregelt. So ist es zum Beispiel auch möglich, die Zeiten von Hand auf Papier zu notieren.

Mindestlohn wird noch immer häufig umgangen

Diese Regelungslücke eröffnet auch Spielräume für Missbrauch und für das Umgehen des Mindestlohns. So ergab ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Dezember 2020 herausgegebener Forschungsbericht zur Evaluation des Mindestlohns, dass die unkorrekte Ausführung der Arbeitszeiterfassung zu den gängigsten Umgehungspraktiken zählte.

Dass die gesetzliche Lohnuntergrenze auch weiterhin in vielen Fällen unterschritten wird, zeigt eine Antwort des Bundesfinanzministeriums: Demnach hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im Jahr 2022 fast 6.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz eingeleitet.

Die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl fordert, die Bundesregierung müsse die Verpflichtung zu einer tagesaktuellen und manipulationssicheren Arbeitszeiterfassung auf den Weg bringen. Dies erleichtere den Kontrolleuren die Arbeit und stelle sicher, dass Beschäftigte auch tatsächlich den Mindestlohn erhalten. Es könne nicht länger angehen, dass sich die Bundesregierung hinter Prüfaufträgen verstecke und damit Beschäftigte im Regen stehen sowie betrügerische Arbeitgeber gewähren lasse.

Umsetzung des „Stechuhr-Urteils“ soll Abhilfe schaffen

Abhilfe soll laut Aussagen aus dem Arbeits- und Finanzministerium in Form des geplanten Gesetzes geben, mit dem die Bundesregierung auf das sogenannte „Stechuhr-Urteil“ des Bundesarbeitsgerichts vom September 2022 reagieren will. Die Bundesrichter hatten in diesem wegweisenden Urteil die allgemeine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung in deutschen Unternehmen festgestellt. Dies galt bisher nur in bestimmten Fällen wie zum Beispiel für die Aufzeichnung von Überstunden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist für dieses Frühjahr geplant.

Zuvor hatte Bundesarbeitsminister Heil mit dem Gesetz zur Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro vergeblich versucht, eine elektronische Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeiten einzuführen, war damit aber am Widerstand der mitregierenden FDP gescheitert.

Arbeitsministerium prüft Möglichkeiten elektronischer Arbeitszeiterfassung

Derzeit ist das Arbeitsministerium nach eigener Aussage damit beschäftigt, die Machbarkeit einer elektronischen Arbeitszeiterfassung im Hinblick auf technische und datenschutzrechtliche Aspekte zu prüfen. Es müsse sichergestellt werden, dass eine entsprechende Lösung in die bestehende technische Infrastruktur der Kontrollbehörden und der Unternehmen passe.

Dies wird von der Linken-Abgeordneten Ferschl kritisiert. Ihrer Ansicht nach handelte es sich dabei nur um vorgeschobene Ausflüchte. Schließlich gebe es bereits eine Vielzahl von kommerziellen Angeboten zur Zeiterfassung. Dabei seien solche Systeme nach Anfrage bei verschiedenen Anbietern weder aufwändig noch teuer und ließen sich mit allen Formen von Arbeitszeitsystemen im Betrieb vereinbaren.

Einhaltung des Mindestlohns: Viele Planstellen der prüfenden Behörden sind unbesetzt

Weiter kritisiert Ferschl, dass viele Planstellen in den operativen Einheiten der Zollverwaltung nicht besetzt sind. Laut Auskunft des Finanzministeriums sind von den aktuell 10.223 Planstellen nur 8.240 Stellen besetzt. Die Lücke zwischen Plan- und Ist-Stand wachse laut Linken-Abgeordneter Ferschl seit Jahren.

Fazit

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung wird nur dann zu greifbaren Ergebnissen führen, wenn es klare Regeln gibt, wie die Arbeitszeiten aufgezeichnet und dokumentiert werden müssen. Zudem müssen ausreichend Kontrollen durchgeführt werden, um das Risiko des Erkennens von Verstößen zu erhöhen.

Dabei darf die Arbeitszeiterfassung nicht zu einer übermäßigen Belastung der Unternehmen führen – das gilt insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe. Es gibt jedoch inzwischen eine große Auswahl an digitalen Systemen zur Zeiterfassung, die sich einfach in die bestehende Unternehmensumwelt integrieren lassen und die nicht teuer sind.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.