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Bundesarbeitsgericht: Kündigungsschutz für Schwangere beginnt 280 Tage vor der Entbindung
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil bestätigt, dass der Kündigungsschutz für Schwangere bereits 280 Tage vor der Entbindung beginnt. Damit hob das Gericht eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Baden-Württemberg auf.
Wann beginnt der Kündigungsschutz für Schwangere, bzw. ab wann ist mit Blick auf den Kündigungsschutz von einer Schwangerschaft auszugehen? Um diese Fragen ging es in einem Prozess vor dem Bundesarbeitsgericht. Geklagt hatte eine Frau, die im November 2020 während der Probezeit ihre Kündigung erhalten hatte. Die Frau klagte gegen die Kündigung mit der Begründung, sie sei zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger gewesen.
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Der beklagte Arbeitgeber führte an, eine Schwangerschaft habe zum Zeitpunkt der Kündigung nicht vorgelegen. Zudem habe die Klägerin den Arbeitgeber schon früher über eine mögliche Schwangerschaft benachrichtigen müssen. Die Mitteilung der Klägerin sei nicht mehr unverzüglich erfolgt.
Rückrechnungszeitraum für Schwangerschaft
Gemäß Mutterschutzgesetz darf Arbeitnehmerinnen während einer Schwangerschaft nicht gekündigt werden. Um feststellen zu können, ob eine Schwangerschaft zum Kündigungszeitpunkt vorliegt, wird eine zeitliche Rückrechnung vorgenommen, die am Tag der (voraussichtlichen) Entbindung beginnt. Laut ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts umfasst der Rückrechnungszeitraum 280 Tage.
266 statt 280 Tage Rückrechnungszeitraum?
Im Fall der genannten Klägerin hatten jedoch sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg einen anderen Zeitraum zur Anwendung gebracht, nämlich nur 266 Tage. Die vom Bundesarbeitsgericht angesetzten 280 Tage seien „mit typischen Schwangerschaftsverläufen nicht in Deckung zu bringen“. Nicht auf die „äußerste zeitliche Grenze für den Beginn einer Schwangerschaft“ sei abzustellen, sondern „nur auf die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer“.
Bundesarbeitsgericht beharrt auf längerem Rückrechnungszeitraum von 280 Tagen
Das Bundesarbeitsgericht widersprach in seinem Urteil (2 AZR 11/22) dieser Auffassung und hob die Entscheidung des baden-württembergischen Landesarbeitsgerichts auf. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts diene das Mutterschutzgesetz unter anderem dazu, dass schwangere Arbeitnehmerinnen nicht durch wirtschaftliche Existenzängste überlastet werden. Um das zu erreichen, eigne sich insbesondere eine verallgemeinernde Betrachtungsweise mit größtmöglichem Umfang des Kündigungsverbots. Nur so könne sichergestellt werden, dass alle schwangeren Arbeitnehmerinnen vom Kündigungsverbot profitieren.
Würde lediglich die statistisch durchschnittliche Dauer einer Schwangerschaft zur Anwendung gebracht, seien Arbeitnehmerinnen mit einer Empfängnis bzw. Konzeption zu einem vor dem 266. Tag liegenden Zeitpunkt nicht vom Kündigungsverbot geschützt. Das sei gesetzlich nicht gewollt.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.