Blind Signing: neuer Trend oder überbewertet?

Unter dem Begriff ‚Blind Signing‘ wird ein vorschnelles Eingehen eines Arbeitsverhältnisses beschrieben. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können betroffen sein.
Blind Signing

© Halfpoint / Adobe Stock

Blind Signing: neuer Trend oder überbewertet?

Unter dem Begriff ‚Blind Signing‘ wird ein vorschnelles Eingehen eines Arbeitsverhältnisses beschrieben. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können betroffen sein.

In der HR kommt es immer wieder zur Einführung neuer Begriffe. Oftmals handelt es sich um Modeworte, die bereits nach kurzer Zeit wieder vergessen sind. Einer dieser neuen Begriffe könnte ‚Blind Signing‘ sein. Damit wird ein Verhalten beschrieben, das zum vorschnellen Eingehen eines Arbeitsverhältnisses führt. Statt den Arbeitgeber bzw. den Arbeitnehmer ausgiebig zu prüfen und die richtigen Fragen zu stellen, wird der Arbeitsvertrag oftmals schon nach dem ersten Gespräch unterschrieben. In der Folge kann es zu enttäuschten Erwartungen auf beiden Seiten kommen.

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Wie kommt es zum Blind Signing?

Welche Ursachen das vorschnelle Unterschreiben eines Arbeitsvertrags hat, kann je nach Einzelfall unterschiedlich sein. Hier wären zunächst einmal die veränderten Recruitingprozesse zu nennen: War es früher noch üblich, dass von den Kandidaten auf die Stellenanzeige eines Unternehmens formelle Bewerbungsunterlagen eingereicht wurden, worauf mehrere Interviews folgten, in denen sich beide Seiten besser kennenlernen konnten, läuft der Prozess heute oftmals anders. Die Recruiter eines Unternehmens besuchen das LinkedIn-Profil potentieller Kandidaten für eine Stelle und laden diese zu einem Gespräch ein. Dazu genügt es oftmals schon, wenn oberflächliche Eigenschaften eines Kandidaten in das Stellenprofil passen. Nach einem ersten Gespräch kann es dann bereits zur Unterschrift im Arbeitsvertrag kommen – ohne dass sich beide Seiten wirklich kennengelernt haben.

Aus Sicht der Jobsuchenden und Bewerber kann eine zu schnelle Unterschrift zum Beispiel dann erfolgen, wenn das Jobangebot vermeintlich so reizvoll ist, dass man schnell die Gelegenheit ergreifen möchte, bevor ein anderer Kandidat zum Zuge kommt. Dabei werden Erwägungen und Gedankengänge oftmals verkürzt, es wird idealisiert, wobei nur die positiven Seiten des Jobs gesehen werden, nicht aber mögliche Nachteile in die Überlegungen einfließen.

Aus Sicht der Unternehmen spielt sicherlich die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle. Noch immer gibt es in vielen Branchen einen gravierenden Fachkräftemangel. So werden Bewerber aufgrund weniger und oberflächlicher Merkmale eingestellt. Eine genaue Prüfung oder die Suche nach alternativen Kandidaten unterbleiben, weil ohnehin kaum passende Bewerber zur Verfügung stehen – so wird zumindest vermutet.

Blind Signing vorbeugen

Um Enttäuschungen durch Blind Signing auf beiden Seiten zu vermeiden, ist ein möglichst tiefgreifendes Kennenlernen wichtig. Anstatt nur oberflächlich die einzelnen Stationen im Lebenslauf des Bewerbers abzufragen, sollten die Verantwortlichen im Recruiting abfragen, was dem Bewerber wirklich wichtig ist, wie er arbeiten möchte und wo die Stärken und Schwächen liegen. Auf der anderen Seite dürfen Unternehmen kein zu rosiges Bild vom Arbeitsalltag und von der zu besetzenden Stelle malen. Werden Aufgaben oder Vergünstigungen versprochen, die später ausbleiben, ist die Enttäuschung beim zukünftigen Mitarbeiter vorprogrammiert.

Bewerber auf der anderen Seite sollten vermeiden, mit Fähigkeiten und Qualifikationen aufzuwarten, denen sie später nicht entsprechen können. Gleichzeitig sollten sie ein genaues Bild davon haben, wie sie später arbeiten möchten und welche beruflichen Ziele sie verfolgen. Diese gilt es mit dem Angebot des potentiellen Arbeitgebers abzugleichen.

Insgesamt kommt es sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Bewerbern auf Ehrlichkeit und Transparenz im Bewerbungsprozess an. Fehlen diese, wird es später sehr wahrscheinlich zu Problemen in der Zusammenarbeit kommen.

Ist Blind Signing ein Trend?

Trotz der hohen Aufmerksamkeit, die das Thema Blind Signing genießt, zeichnet sich zumindest kein Trend ab, der sich auf die Fluktuation der Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland auswirken würde. So zeigt der von der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesene Fluktuationskoeffizient, der sich aus den Zugängen und den Abgängen von Unternehmen sowie aus dem Anfangs- und Endbestand der Mitarbeiter berechnet, zwischen 2017 und 2019 eine sehr stabile Entwicklung. Im Coronajahr 2020 lag der Wert dann etwas niedriger, erholte sich aber im Folgejahr wieder.

Gäbe es aber einen eindeutigen Trend zu mehr Fluktuation durch Blind Signing, müsste sich das in den Daten widerspiegeln.

Abschließende Empfehlungen

Die Entscheidung für einen Job oder für einen Mitarbeiter sollte nicht vorschnell getroffen werden. Trotz vermeintlich verlockender Arbeitsbedingungen oder eines guten Gehalts bzw. trotz der Sorge, eine bestehende Stelle möglicherweise nicht oder erst später besetzen zu können, sollten sich Arbeitgeber und Jobsuchende genügend Zeit dafür nehmen, einander kennenzulernen und ehrlich sein, was die Fähigkeiten und Möglichkeiten angeht. Nur auf diese Weise lässt sich eine gesunde Basis für eine längerfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit legen.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.