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Bayerns Arbeitsministerin kritisiert fehlende Fortschritte beim Gesetz zur Arbeitszeiterfassung
Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf fordert, dass in der Neufassung des Arbeitszeitgesetzes auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ermöglicht wird. Sie kritisiert den momentanen Stillstand beim Thema Arbeitszeiterfassung.
Mittlerweile ist es mehr als acht Monate her, dass es Fortschritte in Sachen geplanter Gesetzesänderung für die Arbeitszeiterfassung in Deutschland gab. Im April 2023 hatte das Bundesarbeitsministerium einen Referentenentwurf vorgelegt, der seitdem in Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern feststeckt. Strittig sind zum Beispiel die vorgesehene Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung, die Anforderungen, die Arbeitszeiten am selben Tag zu erfassen sowie mögliche Ausnahmen. Derzeit sind diese für Kleinstunternehmen bis zu zehn Mitarbeitern sowie für tarifgebundene Unternehmen vorgesehen, die eigene Regelungen für die Arbeitszeiterfassung mit ihren Mitarbeitern aushandeln können. Seither ist es allerdings aus den Reihen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sehr ruhig geblieben um das Thema Arbeitszeiterfassung. Heil hatte im Oktober sogar erklärt, das Thema habe für ihn eine vergleichsweise geringe Priorität.
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf fordert Verbindung von Arbeitszeiterfassung und Arbeitszeitflexibilisierung
Anders sieht es offenbar Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf: Sie kritisierte den Stillstand beim Thema und fordert außerdem, bei der Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes zusätzlich auch mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten zu ermöglichen. Man könne sich in Zeiten wirtschaftlicher Schwäche und eines grassierenden Fachkräftemangels keine derartige Untätigkeit leisten. Es müsse jetzt gehandelt werden.
Scharf forderte flexible Arbeitszeitmodelle, so dass Mitarbeiter in Absprache mit ihrem Arbeitgeber nicht mehr, sondern flexibler entsprechend ihrer Lebensrealität arbeiten können. Es sei notwendig, die unflexible tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden aufzuheben und durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen. So könnten einzelne Arbeitstage mit mehr als zehn Stunden ermöglicht werden. Das könne in verschiedenen Berufen wir zum Beispiel in der Gastronomie, in der Industrie, bei Juristen sowie in der Informatik genutzt werden.
Gesundheitsschutz steht nicht zur Disposition
Scharf betont, dass der Gesundheitsschutz dabei für sie nicht zur Disposition stehe. Die Arbeitszeitkultur habe sich aber in den letzten Jahren in vielen Unternehmen stark gewandelt. Daher sei es nun an der Zeit, die gesetzlichen Bedingungen entsprechend anzupassen. Man benötige ein modernes, flexibles, unbürokratisches und flexibles Arbeitszeitgesetz.
Scharf fordert, im neuen Gesetz die Erfassung und die Flexibilisierung der Arbeitszeit ganzheitlich zu behandeln. Insellösungen würden keinen Fortschritt bringen. Die Dokumentierung der Arbeitszeit müsse möglichst viel Freiräume bieten und unbürokratisch erfolgen. Zusätzliche Bürokratie für die Wirtschaft müsse vermieden werden. Das gelte auch für zusätzliche Belastungen für die Betriebe und insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Nach Scharfs Ansicht sind die Erfassung der Arbeitszeit am selben Tag sowie die vom Bundesarbeitsminister vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Vertrauensarbeitszeit vollkommen aus der Zeit gefallen. Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung einen großen Spielraum bei der Neugestaltung der Arbeitszeiterfassung gegeben. Dieser müsse genutzt werden.
Bewertung
Die von Teilen der Wirtschaft sowie von der Union und auch von der FDP geforderte weitere Flexibilisierung sowie deren Verknüpfung mit einer Neuregelung zur Arbeitszeiterfassung gehören zu den wichtigsten Gründen für den stockenden Prozess beim Thema. Dabei spricht aus Sicht des Europarechts nichts gegen eine Festlegung einer maximalen Wochenarbeitszeit anstelle einer täglichen Obergrenze. In der EU-Arbeitszeitrichtlinie ist auch lediglich eine Wochenarbeitszeit vorgesehen.
Bei einer längeren Arbeitszeit pro Tag dürfen aber die Mindestpausen– und -ruhezeiten nicht vergessen werden. Bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden sind beispielsweise mindestens 45 Minuten Pause vorgesehen. Kann die tägliche Arbeitszeit zukünftig länger als zehn Stunden sein, muss der Gesetzgeber regeln, welche Mindestpausenzeiten dann gelten sollen.
Die Mindestruhezeit zwischen zwei Arbeitseinsätzen beträgt elf Stunden. Auch dies wird bei einer zusätzlichen Arbeitszeitflexibilisierung eine natürliche Begrenzung der täglichen Arbeitszeit darstellen.
Bleibt zu hoffen, dass es den Verantwortlichen zeitnah gelingen wird, sich zu einigen, um Planungssicherheit für die Unternehmen, aber auch für deren Beschäftige zu schaffen.