Arbeitszeiterfassung: Mehr Freiheiten für Unternehmen mit Tarifvertrag?

Der aktuelle Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung sieht vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung individuelle Möglichkeiten zur Arbeitszeiterfassung beschließen können.
Arbeitszeiterfassung: Mitarbeiterin schaut auf Armbanduhr

© New Africa / Adobe Stock

Arbeitszeiterfassung: Mehr Freiheiten für Unternehmen mit Tarifvertrag?

Der aktuelle Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung sieht vor, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer per Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung individuelle Möglichkeiten zur Arbeitszeiterfassung beschließen können. Allerdings sinkt die Zahl der Unternehmen mit Tarifbindung kontinuierlich.

Bisher mussten Arbeitszeiten nur dann erfasst werden, wenn Überstunden angefallen sind oder wenn an Sonn- oder Feiertagen gearbeitet wurde. Nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2019 sowie des Bundesarbeitsgerichts im Jahr 2022 steht jedoch fest: Alle Arbeitszeiten müssen erfasst werden.

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Der aktuelle Gesetzentwurf zur Neuregelung zur Arbeitszeiterfassung sieht grundsätzlich die Pflicht zur elektronischen Erfassung der Arbeitszeiten an dem Tag vor, an welchem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Dabei sind Beginn, Ende und Dauer der Arbeit zu erfassen. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufzeichnung der Arbeitszeiten trägt der Arbeitgeber.

Gesetzentwurf zur Arbeitszeiterfassung sieht Ausnahmen vor

Ausnahmen sind vorgesehen. Sie gelten aber nur für Kleinstunternehmen mit maximal zehn Beschäftigten sowie dann, wenn die Tarifpartner abweichende Vereinbarungen getroffen haben. So ist es zum Beispiel möglich, die Arbeitszeiten weiterhin auf Papier zu erfassen oder sogar gänzlich auf Arbeitszeiterfassung zu verzichten.

Für Unternehmen ohne Tarifvertrag sind derzeit keine Ausnahmen vorgesehen

Unternehmen ohne Tarifvertrag können die Ausnahmeregelungen nach aktuellem Stand des Gesetzentwurfs nicht in Anspruch nehmen. Und der Anteil von Unternehmen mit Tarifbindung ist rückläufig: Für 43 Prozent der Arbeitnehmer (46 Prozent im Westen und 55 Prozent im Osten) gilt laut Zahlen des Bundesamtes für Statistik kein Tarifvertrag.

Die Bevorzugung tarifgebundener Unternehmen im Gesetzentwurf führt zu Kritik nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Teilen der Opposition im Bundestag. So wird beispielsweise die ohnehin schon hohe Belastung durch Transformationsprozesse in der Wirtschaft genannt. Es dürfe nicht zu weiteren Belastungen für die Unternehmen kommen. Gefordert wird außerdem, dass die Aufzeichnung der Arbeitszeiten nicht am Tag der Arbeitsleistung erfolgen muss, sondern innerhalb einer Frist von sieben Arbeitstagen stattfinden kann.

Vereinzelt werden auch die vermeintlich hohen Kosten für die Einführung von Zeiterfassungssystemen in den Unternehmen als Hürde genannt. Auch Probleme mit dem Datenschutz werden befürchtet.

Dabei gibt es einfache Lösungen, die sich mit wenig Aufwand implementieren und flexibel nutzen lassen. Insbesondere eine digitale Zeiterfassung per App bietet sich dazu an. Aus Gründen des Datenschutzes sind entsprechende Lösungen ohne Standorterfassung einfacher einzuführen als solche, die den Standort des Mitarbeiters erfassen.

Ein weiterer Vorteil digitaler Zeiterfassung: Die Daten liegen gleich elektronisch vor und müssen nicht zusätzlich übertragen werden.

Debatte um Vertrauensarbeitszeit

Die FDP lehnt den aktuellen Vorschlag des Gesetzentwurfs zur Neuregelung der Arbeitszeiterfassung ab, weil ihrer Ansicht nach die Vertrauensarbeitszeit zu sehr beschränkt wird. Diese Bedenken kommen auch aus Teilen der Wirtschaft. Eine Forderung lautet, Unternehmen ohne Tarifbindung tarifgebundenen Unternehmen hinsichtlich möglicher Ausnahmen gleichzustellen.

Gefordert wird auch eine Umstellung von Tages- auch Wochenhöchstarbeitszeiten. Das ist im aktuellen Gesetzentwurf nicht vorgesehen, auch wenn im Koalitionsvertrag dazu Experimentierräume vorgesehen sind. Ob dies im Rahmen dieses Gesetzes kommen wird, bleibt unklar.

Die Linke lehnt eine Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeiten ab. Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Es steht zu erwarten, dass es vor der Sommerpause keine Verabschiedung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung der Arbeitszeit im Kabinett geben wird.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.