Zusammenfassung
- Bremen könnte das erste Bundesland mit Arbeitszeiterfassung für Lehrer werden.
- Ein Pilotprojekt soll im Schuljahr 2026 / 2027 beginnen.
- Der Widerstand der Kultusminister dürfte damit schwinden.
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Inhalt
Arbeitszeiterfassung für Lehrer: Bremen will Pilotprojekt 2026 starten
Die Arbeitszeiterfassung für Lehrer rückt näher. Bremen will im kommenden Jahr ein Pilotprojekt durchführen, das den Einstieg in die Arbeitszeiterfassung für alle Lehrer bringen könnte. Das setzt die anderen Bundesländer unter Druck.
Eigentlich sollte ein Pilotprojekt zum Erproben der Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte in Bremen bereits in diesem Jahr beginnen. Die Bremer Bildungssenatorin, Sascha Karolin Aulepp (SPD), hat sich jedoch gegen eine “vorschnelle Entscheidung unter Zeitdruck” ausgesprochen. Sie halte die absehbaren Folgen für die Berufsausübung der Lehrkräfte für zu groß. Man werde sich dafür einsetzen, gemeinsam mit den anderen Bundesländern nach Lösungen zu suchen. Die Interessen der Schüler müssten ebenso beachtet werden wie die der Lehrer. Davon unabhängig werde aber bereits an einer Lösung für Bremen gearbeitet. Die Pilotphase könne zum Schuljahr 2026/2027 beginnen.
In der Bremer Bildungsbehörde erkennt man an, dass eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für alle Arbeitnehmer besteht – auch für Lehrkräfte. Grundlage sind die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 und des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2022.
Einen deutlich früheren Beginn des Pilotprojekts, nämlich bereits zum Sommer 2025, fordert der Personalrat der Schulen in Bremen. Dieser hatte Klage am Verwaltungsgericht eingereicht, weil die Bremer Bildungssenatorin eine Entscheidung der Vermittlungsstelle in Bremen, die vorsieht, mit der Arbeitszeiterfassung bereits in diesem Sommer zu beginnen, nicht akzeptierte.
Die meisten Bundesländer blockieren die Arbeitszeiterfassung für Lehrer
Aus den anderen Bundesländern ist zur Arbeitszeiterfassung von Lehrkräften wenig zu hören. Hier wird offenbar auf Zeit gespielt – und das trotz der eindeutigen Rechtslage. So hatte zum Beispiel die baden-württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) im vergangenen Jahr erklärt, eine zeitnahe Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrer sei nicht geplant. In Baden-Württemberg haben mehrere Lehrer auf Erfassung ihrer Arbeitszeiten geklagt.
In den Kultusministerien nutzt man die angekündigte, aber bisher noch nicht umgesetzte Anpassung des Arbeitszeitgesetzes als Vorschub, sich mit dem Thema Arbeitszeiterfassung vorerst befassen zu müssen. Dabei soll die gesetzliche Neuregelung nur die Details der Arbeitszeiterfassung regeln. So sieht der bisher vorliegende Referentenentwurf zum Beispiel für die meisten Unternehmen eine elektronische Arbeitszeiterfassung vor.
Aber auch ohne Gesetzesänderung ist die Arbeitszeiterfassung schon heute verpflichtend. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seinem Urteil auf das Arbeitsschutzgesetz als Grundlage bezogen.
Keine Arbeitszeiterfassung, nur weil der Umfang der Arbeitszeit im Voraus nicht feststeht?
Ein weiteres Argument, das von den Kultusministerien immer wieder gegen die Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte genannt wird: Nur die Zahl der Unterrichtsstunden pro Woche ist festgelegt, nicht aber die übrigen zu erbringenden Tätigkeiten wie zum Beispiel die Vorbereitung des Unterrichts, die Teilnahme an Konferenzen und Elternabenden oder die Begleitung von Klassenausflügen.
Die baden-württembergische Kultusministerin Schopper zieht für ihre ablehnende Haltung zur Arbeitszeiterfassung eine Aussage des Bundesverwaltungsgerichts heran. Dort heißt es, die Pflichtstundenregelung sei als konkret messbare Größe in die beamtenrechtliche Regelung der Arbeitszeit eingebettet. Die übrigen Tätigkeiten könnten dagegen nicht im Einzelnen gemessen oder überprüft, sondern nur pauschalierend geschätzt werden.
Dem hält die Staatssekretärin am Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Lilian Tschan, entgegen, der Umstand, dass der konkrete Umfang der Arbeitszeit nicht immer im Voraus feststehe, stehe einer nachträglichen Dokumentation der Arbeitszeit nicht entgegen. Auch das Bundesarbeitsministerium ist der Auffassung, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits heute für alle Lehrkräfte an den Schulen bestehe. Es sei Aufgabe der Kultusministerien, diese umzusetzen.
Bremen könnte den Stillstand beenden
Die Kultusminister halten an einem “abgestimmten Vorgehen” bei der Arbeitszeiterfassung fest. Das Resultat dessen war bisher Stillstand. Das könnte sich durch die Initiative in Bremen ändern. Wenn das erste Mitglied aus der Kette ausschert, könnten weitere folgen und einen Dominoeffekt auslösen.
Für die Lehrkräfte und die Schüler wäre das ein Gewinn, denn dann wäre offensichtlich und konkret nachweisbar, in welchen Bereichen es zu Überlastungen kommt und wo es an Personal fehlt.