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Arbeitszeiterfassung für Lehrer: Bremen macht den Anfang
Bremen führt als erstes Bundesland die Arbeitszeiterfassung für Lehrer ein. Zunächst soll dies an ausgewählten Pilotschulen getestet werden. Obwohl auch Lehrkräfte einen Anspruch auf Arbeitszeiterfassung haben, hat bisher noch kein Bundesland ein entsprechendes System eingeführt. Dabei besteht nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019 und des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2022 die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für die meisten Beschäftigten, zu denen auch Lehrerinnen und Lehrer gehören.
- Arbeitszeiten erfassen
- Dokumentationspflicht einhalten
- Arbeitszeitkonten digital verwalten
- Zeiten auswerten und exportieren
Das Zögern der zuständigen Kultusministerien bei der Einführung der Arbeitszeiterfassung für Lehrer hat schon zu erheblichem Unmut geführt. So haben zum Beispiel in Baden-Württemberg zwei Lehrkräfte Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht.
Doch inzwischen scheint Bewegung in das Thema zu kommen: Das Land Bremen hat jetzt angekündigt, zukünftig die Arbeitszeiten von Lehrkräften erfassen zu wollen. Dazu sollen zunächst ausgewählte Pilotschulen an einem Projekt der Telekom Stiftung zur Arbeitszeiterfassung teilnehmen. Die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Sascha Aulepp, sagte dazu:
„Unsere Lehrerinnen und Lehrer leisten tolle Arbeit. Jeden Tag. Bei der Frage der Arbeitszeiterfassung gibt es Nachholbedarf, weil der Beruf der Lehrerin und des Lehrers längst nicht mehr dem tradierten Rollenverständnis entspricht. Für unsere multiprofessionellen Teams an Schule brauchen wir moderne Arbeitszeitmodelle, die gerecht und flexibel sind. Das ist fast eine kleine Revolution.“
Neue Arbeitszeitmodelle für Lehrer
Wie es in der entsprechenden Pressemitteilung des Bremer Senats heißt, begrüße man den Vorstoß, gemeinsam mit den Interessenvertretungen neue Arbeitszeitmodelle in Schulen zu entwickeln und einzuführen. Es bestehe Anpassungsbedarf aus unterschiedlichen Gründen. Neben der bereits erwähnten Rechtslage habe sich auch die Schule in den letzten Jahren sehr stark verändert und werde sich auch weiter verändern. Genannt werden Ganztagsbetreuung, Inklusion, multiprofessionelle Teams sowie Digitalisierung und KI.
Das aktuelle Deputationsmodell orientiere sich nur an der Zahl der erteilten Unterrichtsstunden und habe sich entgegen dem schulischen Alltag in den letzten 150 Jahren kaum verändert. Hier gebe es viel Potential für Innovationen.
Kein Alleingang Bremens geplant
Man wolle gemeinsam mit den Interessenvertretungen in einem partizipativen und transparenten Prozess eine Lösung erarbeiten. Dabei sei eine länderübergreifende Kommunikation für ein möglichst gemeinsames Vorgehen der Bundesländer wichtig. Bremen plant laut eigener Aussage keinen Sonderweg in dieser Sache.
Bis zum Sommer möchte die Bremer Senatorin für Kinder und Bildung mit den Interessenvertretungen einen Projektauftrag zur Arbeitszeiterfassung für Lehrer abstimmen. Start für das Projekt soll nach Möglichkeit das nächste Schuljahr sein.
Weiter heißt es in der Pressemitteilung, derzeit werde in der Kultusministerkonferenz noch kontrovers darüber diskutiert, inwieweit das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung auf Lehrkräfte anzuwenden sei.
Im vergangenen Jahr hatte Berlins Bildungssenatorin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Katharina Günther-Wünsch, von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gefordert, Lehrkräfte und Wissenschaftler von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auszunehmen. Heil hatte dies jedoch abgelehnt.
In Hessen hatten sich die Koalitionspartner Ende des vergangenen Jahres darauf verständigt, im Bundesland die Arbeitszeiterfassung einzuführen. Wie genau die entsprechenden Regelungen aussehen werden und wann die Arbeitszeiterfassung für Lehrer in Hessen tatsächlich kommen wird, ist allerdings noch völlig offen.
Neues Arbeitszeitgesetz lässt weiter auf sich warten
In den Kultusministerien verweist man auch auf die noch ausstehende Anpassung des Arbeitszeitgesetzes, in der die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung geregelt werden soll. Hier ist das Bundesarbeitsministerium in Zugzwang. Nachdem es im April 2023 einen ersten Gesetzentwurf gegeben hatte, ist es seither ruhig geblieben. Zuletzt hieß es, man prüfe aktuell, wie die elektronische Arbeitszeiterfassung auch für kleinere Betriebe eingeführt werden könne. Ergebnisse werden jedoch frühestens im zweiten Quartal dieses Jahres erwartet.