Arbeitsrecht: Das sind die wichtigsten Änderungen für 2023

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, elektronische Krankmeldung und längere Verfallszeiten für Resturlaub – das sind nur drei der wichtigsten Änderungen, die das Arbeitsrecht für das kommende Jahr prägen.
Arbeitsrecht 2023

© Zerbor / Adobe Stock

Arbeitsrecht: Das sind die wichtigsten Änderungen für 2023

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, elektronische Krankmeldung und längere Verfallszeiten für Resturlaub – das sind nur drei der wichtigsten Änderungen, die das Arbeitsrecht für das kommende Jahr prägen.

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Das vergangene Jahr brachte einige interessante Änderungen im Arbeitsrecht mit sich, die sich auf das Jahr 2023 auswirken werden. Die Änderungen betreffen sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer. So haben sich zum Beispiel die Fristen für den Verfall von Resturlaub deutlich verlängert – zumindest dann, wenn der Arbeitgeber seiner Informationspflicht nicht nachkommt.

Sicherlich die größte Reichweite dürfte das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung haben. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind noch gar nicht absehbar.

Nachfolgend werden die wichtigsten Änderungen im Arbeitsrecht für 2023 beschrieben.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: eAU ab 2023 für Arbeitgeber Pflicht

Arbeitnehmer müssen ab dem 1. Januar keinen Gelben Schein mehr vorlegen, wenn sie krankgeschrieben sind. Zukünftig muss der Arbeitgeber die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) verpflichtend abrufen, wenn ein Mitarbeiter sich krankmeldet und sich vom Arzt krankschreiben lässt. Es besteht also weiterhin eine Meldepflicht des Arbeitnehmers, während die Vorlagepflicht entfällt. Das gilt zunächst für gesetzlich versicherte Mitarbeiter, die keinen Minijob im Privathaushalt ausüben.

Bis auf Weiteres erhalten Arbeitnehmer aber noch eine gedruckte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für ihre Unterlagen als Beweismittel. Das gilt so lange, bis es ein elektronisches Äquivalent dafür gibt.

Elektronische Betriebsprüfung

Alle vier Jahre führt die Rentenversicherung eine Betriebsprüfung der Arbeitgeber durch, um zu kontrollieren, dass die Sozialbeiträge korrekt abgeführt werden.

Mithilfe der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP), die ab diesem Jahr verpflichtend ist, soll dieser Vorgang vereinfacht werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit für Unternehmen, sich bis Ende des Jahres 2026 befreien zu lassen.

Um am euBP-Verfahren teilnehmen zu können, benötigt ein Unternehmen die passende Software mit einem euBP-Modul.

Bescheinigungen für die Arbeitsagentur: nur noch elektronisch

Für bestimmte Bescheinigungen, die der Agentur für Arbeit vorgelegt werden müssen, gilt ab 2023: Nur noch die digitale Form ist möglich. Das betrifft die folgenden Dokumente:

Dies gilt für alle Unternehmen unabhängig von deren Größe oder Branche. Ausnahmen bestehen für Arbeitsverhältnisse, die spätestens zum 31. Dezember 2022 enden, sowie für zu bescheinigende Nebeneinkommen aus dem Jahr 2022. Dies können noch in Papierform erbracht werden.

Unternehmen müssen ihre Mitarbeiter fortan nicht mehr über die elektronische Übermittlung der betreffenden Daten informieren.

Arbeitszeiterfassung ist jetzt Pflicht

Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits im Jahr 2019 entschieden hatte, dass Unternehmen in der EU die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen müssen, tat sich in Deutschland erst einmal wenig. Die Politik ließ sich mit der Umsetzung in nationales Recht viel Zeit.

Das Bundesarbeitsgericht sorgte mit seiner Entscheidung vom September 2022 für Tatsachen: Es bestätigte in seinem wegweisenden Urteil die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für deutsche Unternehmen. Doch trotz dieser Entscheidung herrscht noch Unklarheit in einigen Punkten – etwa zur Frage, ob die verpflichtende Arbeitszeiterfassung auch für Führungskräfte gilt.

Klar scheinen dagegen zwei Dinge zu sein: Die Pflicht der Arbeitszeiterfassung gilt ab sofort – es gibt also keine Übergangsfrist. Und: In welcher Form die Arbeitszeit erfasst wird, und ob zum Beispiel Stundenzettel oder digitale Werkzeuge zur Zeiterfassung genutzt werden, obliegt der Entscheidung der Unternehmen.

Im kommenden Jahr will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, in dem die Arbeitszeiterfassung geregelt wird. Bleibt zu hoffen, dass damit auch alle noch offenen Fragen beantwortet werden.

Resturlaub verjährt nicht mehr automatisch

Eine weitere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mit weitreichenden Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezieht sich auf die Verjährungsfristen von Resturlaubszeit. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zur Inanspruchnahme ihres Urlaubs auffordern müssen. Andernfalls greift die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren nicht. Das hat zur Folge, dass sich Unternehmen sehr wahrscheinlich mit den Ansprüchen vieler Mitarbeiter auf verfallen geglaubte Urlaubstage auseinandersetzen müssen – selbst von Mitarbeitern, die das Unternehmen schon längst verlassen haben.

Inflationsausgleichsprämie: bis zu 3.000 Euro steuerfrei

Unternehmen können ihren Mitarbeitern im Zeitraum zwischen dem 26. Oktober 2022 und dem 31. Dezember 2024 steuerfrei eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie von maximal 3.000 Euro auszahlen. Damit sollen die gestiegenen Preise für Energie sowie für andere Produkte und Dienstleistungen zumindest gemildert werden.

Arbeitnehmer sind allerdings auf den guten Willen und die verfügbaren Möglichkeiten ihrer Arbeitgeber angewiesen, denn die Inflationsausgleichsprämie ist eine freiwillige Leistung der Unternehmen.

Bei der Art und Weise der Gewährung der Inflationsausgleichsprämie hat der Staat den Arbeitgebern weitgehend freie Hand gelassen. So kann der Betrag auf beliebig viele Teilbeträge gestückelt und sogar als Sachleistung erbracht werden. Voraussetzung ist lediglich, dass die Prämie zusammen mit Lohn oder Gehalt ausbezahlt wird und dass der Arbeitgeber bei der Auszahlung deutlich macht, dass sie im Zusammenhang mit der Inflation steht.

Unternehmen, die heute aus wirtschaftlichen Gründen noch keine Inflationsausgleichsprämie auszahlen möchten oder können, haben noch bis Ende 2024 Zeit, das nachzuholen.

Homeoffice-Pauschale erhöht sich im Jahr 2023

Arbeitnehmer, die im Homeoffice tätig sind, können im Jahr 2023 mehr Tage und dabei pro Tag einen höheren Wert ansetzen. Möglich ist ein maximaler Betrag von 1260 Euro für das Jahr. Das entspricht 210 Tagen zu jeweils sechs Euro.

Für 2020 bis 2022 können nur fünf Euro angesetzt werden und das auch nur für maximal 120 Tage, was 600 Euro entspricht.

Die Homeoffice-Pauschale kann jeder Arbeitnehmer geltend machen, der im Homeoffice tätig ist. Ein Arbeitszimmer muss dafür nicht vorhanden sein. Ebenfalls unproblematisch ist es, wenn dem Arbeitnehmer im Unternehmen ein Büro zur Verfügung steht, er aber dennoch von zu Hause aus arbeitet.

Auch für Arbeitnehmer, die mehreren Tätigkeiten nachgehen, liegt die Höchstgrenze für die Homeoffice-Pauschale bei 1260 Euro für das Jahr.

Hinweisgeberschutzgesetz tritt in Kraft

Sogenannte Whistleblower, also Mitarbeiter in Unternehmen, die Missstände melden, sollen durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz besser vor Repressalien geschützt werden. Das Gesetz wurde am 16. Dezember 2022 vom deutschen Bundestag beschlossen und wird vermutlich im April 2023 in Kraft treten.

Das Gesetz sieht beispielsweise vor, dass Unternehmen ab 50 Mitarbeitern ein internes Hinweisgebersystem installieren und betreiben müssen. Unternehmen zwischen 50 und 249 Mitarbeitern erhalten eine Übergangsfrist bis zum 17. Dezember 2023.

Das Bundesamt für Justiz errichtet zusätzlich eine externe Meldestelle, die Whistleblower wahlweise in Anspruch nehmen können.

Neu ist, dass auch anonymen Hinweisen nachgegangen werden muss. Whistleblower werden durch eine Beweislastumkehr besser vor Repressalien geschützt. Zu ihren Gunsten wird vermutet, dass es sich bei Benachteiligungen um Repressalien handelt. Daraus können sich Schadenersatzansprüche ergeben.



Verfasst von Christian Kunz

Christian verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Projektmanagement, Produktmanagement sowie agiler Projektentwicklung, die er in verschiedenen Unternehmen erworben hat.